Leyla saß mit hoch roten Augen auf der Couch und eine dünne Tränenbahn auf ihrer Wange fing an zu trocknen. Sie hatte geweint und das versetzte mir einen kleinen Stich ins Herz, da sie so einsam und traurig da saß und mich ansah. Ihre Nase war ebenfalls rot angelaufen und ihr Atem war stockend. Schnell ging ich zu ihr, setzte mich neben sie und zog sie in meine Arme. Sie fing sofort wieder an zu weinen. Ihre kurzen, dünne Arme legten sich um meinen Bauch und mein T-Shirt fing ihre heißen Tränen auf. »Wieso weinst du?«, durchbrach ich die Stille und sah zu ihr runter. »Weil du weggelaufen bist und dann war Papa traurig und ist dir hinterher gerannt. Dann habe ich geweint, weil ihr beiden weg wart.« Ihre helle, süße Stimme brach mehrmals ab und schniefte zwischendurch immer mal wieder. »Das tut mir leid, Leyla. Ich wollte dich nicht traurig machen.« Sie kuschelte sich mehr in mein Oberteil und schien langsam immer mehr von der Realität in ihre Traumwelt abzudriften, da sie nichts mehr sagte und ihre Atmung immer gleichmäßiger wurde.
Es vergingen zehn Minuten, Leyla war eingeschlafen in meinen Armen und ich sah gelangweilt durch die Luft. Was sagt Ardian jetzt eigentlich zu Rick, oder schlugen sie sich gerade alle Knochen kaputt? Ist er vielleicht zur Halle gefahren und kam erst weit nach Mitternacht wieder? Doch meine Fragen wurden beantwortet, als er reinkam und mich erblickte. Er hatte ein blaues Auge, das erkannte ich, und sein Blick war angespannt. Seine Körperhaltung war stolz, aber dennoch leicht verunsichert. Erst erwiderte er meinen Blick, bevor er zu seiner Tochter schaute und etwas lächelte. Er setzte sich neben mich, nahm mir Leyla ab und legte so die Arme um sie, dass sie unbesorgt weiter schlafen konnte.
»Ich glaube es ist ab sofort unvermeidlich, dass du mehr über mich wissen wirst. Rick hat schon recht. Eigentlich offenbare ich mich nicht so leicht. Brauche Jahre dafür, so wie bei ihm und den anderen Jungs. Doch bei dir.. Gott, ich weiß nicht, was mit mir los ist, doch es scheint, als würdest du mich wie eine einfache Zeitung lesen, obwohl ich doch eigentlich immer ein geschlossenes Buch war. Du weißt gar nicht wie schrecklich das für mich ist.« Traurig lächelte er mir zu, nachdem er das sagte. Ich schwieg, da ich nicht wusste, was ich sagen sollte. »Wieso ist du rausgerannt, Thaddeus?« Als er mich die fragte wurden meine Handflächen wieder schwitzig, mein Blick wurde unsicher, weshalb ich schnell wegsah. Er sollte es nicht erfahren, zu groß war die Angst ihn vielleicht zu verlieren in dieser Welt voll mit Intoleranz. »Muss wohl etwas sehr privates sein, wenn du es mir nicht sagen möchtest, aber eins sag' ich dir, Thaddeus.« Er machte eine kurze Redepause, bevor er meinem Ohr unheimlich nahe kam und flüsterte: »Ich bekomme alles raus.« Gänsehaut durchfuhr mich. Mein Herz pochte unnormal schnell und in meinem Bauch tanzten unglaublich viele Schmetterlinge.
Ardian schlief auf der Couch, seine Tochter in den Armen und ich wälzte mich im Bett rum. Einerseits, weil es unheimlich ungemütlich war und nicht ansatzweise so kuschelig wie mein Bett und zweitens, weil ich über mich nachdachte und die Person, die gegenüber von mir mit seinem Kind auf der Couch lag und seelenruhig schlief. Er war so wunderschön. Nicht weil er gnadenlos perfekt aussah, sondern weil er kleine Makel hatte, die ihn unheimlich schön machten. Er veränderte mich irgendwie. Sonst duschte ich jeden Tag, hatte perfekt gestylte Haare, trug täglich neue teure Klamotten und benahm mich so, wie die Menschen wollten, dass ich mich benahm. Ich war perfekt in den Augen anderer, doch immer mehr Menschen beschwerten sich über meine Makel, die zum Vorschein kamen. Ich tat Sachen, die ich mich damals nicht mal ansatzweise getraut hatte zu tun. Ich fühlte mich besser als vorher, lebendiger, menschlicher. Mein schiefes Kinn wurde Nebensache für die Menschen in meiner Umgebung, andere Sachen wurden bemängelt und es fühlte sich komischerweise toll an.
Und ich veränderte mich. Tag für Tag. Doch es war für mich selbst keine schlechte Veränderung, nein, es war eine gute. Denn nicht jede Veränderung muss schlecht sein.
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Anonymous | Tardy FF
FanfictionVer·ạ̈n·de·rung Substantiv [die] Veränderungen können innere und äußere Ursachen haben. Entsprechend der Rolle oder Erziehung. Bei vom Menschen beeinflussbaren Veränderungen besteht oft der Wunsch, sie auf ein Ziel hin auszurichten. Ve...