Lumi

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So schön wie die Lichtung auch war konnte ich leider nicht länger bleiben. Mein Vorrat an Lebensmitteln ging langsam zu neige und ich hatte mich wohl verschätzt.
Missmutig betrachtete ich die letzten Stücke Brot und die halbe Mandarine. Seufzend band ich mir den Beutel um, zog den Mantel und zog weiter. Ich fand eine Straße und folgte dieser einer weile bis ich in der Ferne zwei Menschen sah. Ich hatte sie zwar schon von weitem riechen können aber, dass sie schon so nah waren hätte ich jetzt nicht gedacht.
Ich kontrollierte ob meine Fühler in meinem Haar versteckt waren und mein Drachenschwanz unter dem Umhang nicht gesehen werden kann. Dann lief ich weiter und versuchte einen Abstand einzuhalten, der mich von ihnen weit genug fernhalten würde.
Fehlanzeige. Sie machten eine Pause und ließen sich an den Rand des Weges nieder. Ich konnte jetzt auch schlecht stehen bleiben. Das wäre zu auffällig. Also ging ich weiter in der Hoffnung sie würden mich nicht aufhalten oder mich als ein Halbblut erkennen.
Ich versuchte so ruhig wie möglich zu bleiben , dennoch klopfte mein Herz so laut, dass sie es bestimmt hören würden. Ich bin normalerweise selbstbewusst und es interessiert mich eigentlich auch nicht, wenn ich erkannt werde. Aber dieses mal hatte ich irgendwie Angst. Eine mir unbekannte "Welt" zu entdecken und dann die Erfahrungen mit den Huntern.
Ich kam den beiden Menschen immer näher und näher. Als ich dann an ihnen vorbeiging hielt ich den Atem an. Ich spürte ihre neugierigen, interessierten Blicke in meinem Rücken. Ich hatte sie nicht angesehen und bin einfach schnurstracks weitergegangen und war froh, dass sie mich nicht angesprochen hatten und es auch jetzt noch nicht tuen würden. Ich atmete wieder aus.
"Hey! Du da!" Mist. Anscheinend werde ich wohl doch nicht einfach so davonkommen. Ich blieb stehen und drehte mich langsam um.
Ein Junge und ein Mädchen, anscheinend Zwillinge, denn beide sahen sich ziemlich ähnlich wenn man von den langen Haaren des Mädchens absieht. Sie waren jünger als ich. Vermutlich sechszehn. Sie hatten rote Haare, waren leicht gebräunt und ihre Augen waren blau. Beide trugen eine schwarze kurze Hose und ein weißes ärmelloses Hemd. Der Junge hatte mich gerufen.
"Bist wohl aufm selben Weg wie wir, hmm?" Das Mädchen sah ziemlich genervt aus. Sie musterte mich einmal abschätzend und grinste dann gehässig. Ich beschloss, dass ich sie nicht mögen werde.
"Kann schon sein." Gab ich kühl zurück und versuchte gar nicht erst nett zu sein.
"Warum rei-" setzte der Junge an aber ich unterbrach ihn.
"Ich reise alleine" Damit ließ ich ihn stehen, drehte mich um und ging weiter. Ich war nicht an gemeinsame Reisen mit Menschen interessiert. Auch wenn es nützlich währe, da sie sich mit Sicherheit hier besser auskennen. Aber die Gefahr war mir doch zu groß.
Die Beiden Zwillinge folgten mir nicht und schienen auch das Interesse verloren zu haben, denn sie liefen ziemlich weit hinter mir. Aber irgendwas sagte mir, dass ich sie nicht  zum letzten mal gesehen habe. Und ich sollte recht behalten.

Im nächsten Dorf hatte ich am späten Abend ein verlassenes Haus gefunden. Ok, es war nicht wirklich ein richtiges Haus. Es war eher eine Bruchbude mit kaputten Fenstern, einigen kleineren Löchern in den Wänden und einem einsturzgefährdeten Obergeschoss.
Es gab keine Möbel, die wurden alle entfernt. Nur ein paar Ratten wühlten in den miefenden Müllresten und quieken hin und wieder. Ich hatte beschlossen im Obergeschoss zu bleiben. Auch wenn es einstürzen könnte, so war es sicherer um nicht gleich entdeckt zu werden.
Ich hatte es mir grade in einem der zwei immer gemütlich gemacht und einen Teil der wenigen Reste meines Vorrats gegessen, als ich Stimmen flüstern hörte und unten die Dielen knarzten.
"Ich denke hier können wir fürs erste übernachten. Und morgen früh geht's weiter."
Es waren definitiv die Zwillinge, denn das Mädchen wirkte solche umstände nicht gewohnt.
"Iiiiee! Hier sind aber Ratten und es stinkt! Können wir uns nicht einfach ein Zimmer im Gasthaus suchen?" quengelte sie. Ich musste mich zusammenreißen nicht zu lachen. Menschen waren eben ziemlich wählerische Wesen.
"Nein können wir nicht. Wir müssen unser Geld sparen. Wir brauchen es für Essen."
"Das bisschen Geld für ein Zimmer werden wir ja wohl ausgeben können" maulte sie "Du stopfst die eh immer zu viel rein."
"Ich hab auch nicht vor zu einem mageren Püppchen zu werden wie du"
"Mageres Püppchen!" schrie sie fast und ich konnte nicht anders als zu lachen. Ein Fehler. Denn es wurde sofort still. Ich packte schnell meine Sachen und stand auf. Entweder ich flüchte durch das Fenster. Es war eh ein Kinderspiel aus dieser Höhe aus einem Haus zu springen. Oder ich stelle mich ihnen, mache ihnen Angst, verprügele sie ein wenig , bis sie das Bewusstsein verlieren und gehe dann. Aber das würde zu viel Aufmerksamkeit im Dorf erregen und das wollte ich nicht.
Also das Fenster. Ich ging zum anderen Ende des Raumes und war schon halb aus dem Fenster geklettert.
"Aha. Du hast also vor, aus dieser Höhe aus dem Fenster zu springen?" Ich erschrak als ich die Stimme des Jungen hörte, beruhigte mich aber schnell wieder und drehte mich vorsichtig um.
"Ein Problem damit? Ist ja meine Sache ob ich springe oder nicht."
"Du könntest dabei drauf gehen" gab er zurück und wirkte sichtlich erstaunt, dass ich springen würde.
"Hab ich schon öfter gemacht."
"Aus dem Fenster springen oder Draufgehen?" Haha. Wie witzig. Ein richtiger Witzbold.
"Aus dem Fenster springen." gab ich trotzdem zurück als seine Schwester auftauchte.
"Sie schon wieder?" fiepst sie " Jone. Lass sie einfach und komm."
"Jona. Sie ist wenigstens nicht so zimperlich und lässt sich von alles und jeden einschüchtern" gab er genervt wieder. Ich bin ja auch ein Halbblut und wurde von Drachen aufgezogen, wollte ich ihnen grade entgegen werfen, besann mich aber eines besseren.
"Ihr könnt ja weiter eure Freundlichkeiten austauschen, aber ich muss jetzt leider gehen."
"Warte!" mittlerweile gereizt warf ich diesem Jone einen ungeduldigen Blick zu.
"Was?"
"Warum bleibst du nicht einfach. Schließlich brauchst du einen Unterschlupf"
"Und den soll ich mit zwei fremden Streithähnen teilen bei denen ich mir sicher bin, dass ich denen nicht vertrauen will? Nein Danke."
"Warum nicht? Wir sind genau wie du auf der Reise. Wir können uns gegenseitig helfen." Er versuchte mich zum bleiben zu zwingen und seine Schwester sah aus, als würde sie mir jeden Moment die Augen auskratzen wollen.
"Warum sollte ich zwei Grünschnäbeln wie euch helfen wollen?"
"Weil es einfacher ist. gemeinsam zu reisen und auch sicherer." Das war für mich zwar kein richtiger Grund aber ich hatte vor darüber nachzudenken. Vielleicht könnten sie mir wirklich von Nutzen sein.
"Also gut. Ich bleibe die Nacht über und überlege es mir." Jone war sichtlich erleichtert "Aber nur unter der Bedingung, dass ich hier oben bleibe und ihr unten. Und wenn einer von euch beiden mir zu nahe kommt, kann sich auf etwas gefasst machen."

THE HALFBLOOD-PausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt