Shadow

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Ich saß im Wagen und hörte den Erzählungen von Quirin, so hieß der alte Mann, zu. Wie sich herausstellte, war sein damaliger Kindheitsfreund ein Halbblut gewesen. Er hatte ihn oft besucht, auch wenn er die Drachen selten zu Gesicht bekommen hat. Damals war auch alles anders gewesen als heute. Früher kamen sich Drache und Mensch nur selten in die Quere, sie lebten friedlich miteinander. Auch die Halbblüter konnten in den Städten und Dörfern ein und aus gehen, als wäre es das normalste auf der Welt. Quirins Freund und er wurden aber in der Jugend getrennt, weil seine Eltern ihn wegschickten. Nur wenige Jahre danach brach dann der Krieg aus, weil irgendein Botschafter oder bekannter des Königs Anschuldigungen erhob und den damaligen König so manipuliert hat, dass er die völlige Ausrottung der Drachen und Halbblüter verlangte. Und so entstand auch die Gilde der Hunter. Sie zogen mit der Armee des Königs aus und erlegten einen Drachen nach den anderen. Auch die Halbblüter wurden soweit verdrängt und getötet, dass es bald keine Anzeichen mehr gab, dass sie überhaupt gelebt hatten. Quirin erzählte mir auch, dass Gesetzte erlassen wurden, die besagten, dass neugeborene Halbblüter sofort getötet werden mussten, genauso wie der Verdacht, dass jemand ein Halbblut ist oder verbarg, sofort gemeldet werden musste.
Der alte Händler machte eine lange Pause, als er in Erinnerungen schwelgte. Ich ließ ihm die Ruhe und bediente mich dabei noch einmal an dem geräucherten Fleisch.
"Und was ist deine Geschichte, mein Junge?" fragte er schließlich und ich blickte zu ihm auf. Ich schluckte den Bissen, den ich im Mund hatte hinunter.
"Meine Drachen und ich wurden von Huntern gefunden. Während sie sich dann auf die Suche nach einem Platz zum leben machten, blieb ich zurück. Dabei war ich zu unachtsam und die Hunter konnten mich einfangen." Ich merkte, wie der alte Mann aufmerksam zuhörte.
"Sie ließen mich seltsamerweise am Leben und brachten mich zu ihrem Hauptsitz. Dort wurde ich eingesperrt und später ausgepeitscht, weil ich drei Neulinge angegriffen hatte.
Einige Tage später haben sie mich mit in den Norden genommen, dort gelang mir dann die Flucht. Kurz danach fand ich meine Drachen. Tot." Ich machte eine Pause als ich qualvoll zurückdachte, wie sie dalagen. Am Boden gekettet, blutend.
"Danach wusste ich nicht mehr was ich gemacht hatte und bin nun hier." Ich ließ die Sache mit dem Mädchen und den beiden Huntern aus, die mich verfolgten. Dann dachte ich an dieses ETWAS, was sich in meinem inneren befand und überlegte, ob ich ihn danach fragen sollte. Schließlich riss ich mich zusammen und tat es einfach.
"Darf ich dich etwas fragen?" ich blickte Quirin an, der die ganze Zeit über geschwiegen hatte.
"Du hast grade etwas gefragt."
"Ich meinte was anderes"
"Dann frag."
"Da ist etwas... in mir. Es will oft hinaus und hat schon einmal meinen Körper übernommen. Ich kann es zwar verdrängen, aber ich habe das Gefühl, dass es mich irgendwann komplett beherrschen wird. Hast du eine Ahnung was das ist?"
Der Händler schwieg eine ganze weile. Ich wurde langsam ungeduldig und fragte mich, ob es die richtige Entscheidung war, es ihm zu erzählen. Dann sprach er endlich.
"ich weiß nicht was es ist. Aber ich kenne jemanden, der es dir bestimmt sagen kann." Der alte Mann strich sich über seinen Bart. Ich beugte mich zu ihm nach vorne und konnte sehen, dass er grinste.
"Und wo kann ich ihn finden?"
"Auf einer Insel im großen Ozean."
Ich glaub ich hör nicht richtig. Ich sollte also eine Insel suchen.
"Ich kann dich dahin bringen."
"Dann tu es." flehte ich schon fast.
"Nun.."
Bei diesem Wort kniff ich meine Augen zu schlitzen zusammen. Sofort wusste ich, dass er eine Gegenleistung dafür verlangte.
"Also gut. Was willst du haben?" gab ich schließlich nach, Mir gefiel zwar nicht, dass ich erneut einen Handel eingehen würde, aber ich wollte auch nicht, dass ES meinen Körper komplett übernahm.
"Das werde ich mir noch überlegen" sagte er nur. Misstrauisch zog ich mich zu den Körben zurück. Dieser Mann war mir nicht ganz geheuer, ich konnte nicht sehen, was er als nächstes tuen würde. Ich mochte nicht, dass ich ihn nicht durchschauen konnte. Aber ob ich wollte oder nicht, er war meine einzige Chance, diese Insel zu finden.

Am ende des Tages, kam ein Dorf in Sicht. Ich hatte eigentlich vor, den Wagen zu verlassen und im Wald zu verschwinden, bis wir wider aufbrechen würden, aber Quirin zeigte auf eine Decke, unter ich mich verstecken sollte. Widerwillig folgte ich seinen Anweisungen und legte die braune Decke über mich. Da ich nichts sehen konnte, versuchte ich zu hören, was jetzt passieren würde.
Der Wagen kam zum Stillstand, der Esel wieherte einige Male und ich merkte, dass der Händler vom Wagen stieg und sich entfernte.
Der wollte mich doch jetzt nicht etwa im Wagen zurücklassen und sich einen Gasthof suchen? Verärgert hatte ich grade beschlossen, doch einfach in den Wald zu gehen, als sich wieder Schritte näherten. Diesmal kletterte jemand ächzend in den Wagen. Ich hielt still und wartete ab. Ich wusste nicht, ob es nun Quirin oder jemand anderes wahr. Plötzlich wurde die Decke zurückgeschlagen und der alte Händler blickte auf mich hinab. Er hielt sich einen Finger vor den Mund, dass ich leise bleiben sollte.
"Ich warte, bis sich das treiben im Dorf gelegt hat, dann komme ich dich holen." flüsterte er und ließ die Decke wider auf mich fallen, bevor ich antworten konnte.

Mittlerweile war es Stockdunkel draußen, als Quirin erneut kam und mich hinaus winkte. Die Decke hatte ich weiterhin um mich geschlagen, um mich weitgehend zu verdecken, sollten immer noch Menschen durch die erdigen Straßen laufen.
Der alte Händler führte mich um einen heruntergekommen Gasthof herum, aus dem lautes Gebrüll und Lachen schallte. Hinter dem Gasthof roch es nach Fäkalien und Erbrochenem. Vergammelte Essensreste häuften sich an der Hauswand an kleine Ratten liefen quiekend darin herum.
"Ich kann dich nicht nur das Gasthaus führen, auch wenn mittlerweile alle besoffen sind und kaum noch etwas wahrnehmen können. Also kletter einfach hier hinauf und durch das Fenster." der alte Händler deutete auf ein einzelnes offenes Fenster. Die anderen waren teilweise zugenagelt. Ich nickte nur, geheuer war es mir nicht in einem Dorf zu übernachten. Aber sollte Quirin einfach verschwinden und mich zurücklassen, blieb mir nichts anderes übrig.
Quirin war mittlerweile schon wieder verschwunden, während ich immer noch unschlüssig hier stand und mich umblickte. Ich atmete einmal kräftig aus und flog hinauf. Am Fenster hielt ich mich dann fest um im Zimmer zu verschwinden. Grade Rechtzeitig, denn nachdem ich hinaus blickte, schien Licht auf den Hinterhof und der Schatten eines Mannes erstreckte sich über den Boden. Dann trat er hinaus und sah sich um, schüttete einen Topf aus, mit einer undefinierbaren Flüssigkeit und verschwand wieder.
Kurz darauf öffnete sich die Tür und Quirin kam herein. Das Zimmer war nicht beleuchtet, dennoch konnte ich die Umrisse eines Bettes erkennen. Im Raum selber stand noch eine kleiner Schrank, auf dem ein Eimer stand. Ich wollte nicht wissen wofür der Eimer genutzt wurde, stattdessen konzentrierte ich mich auf den Älteren, der sich mit einem gute Nacht ins Bett verzog. Nach kurzer Zeit konnte ich sein gleichmäßiges Atmen hören und wusste, dass er eingeschlafen ist.
Abschätzig betrachtete ich ihn, bevor ich mich an eine möglichst Fleckenfreie Wand lehnte.
Ich hatte nicht vor einzuschlafen, merkte aber schnell wie mir die Augen zufielen und ich in einen traumlosen Schlaf glitt.

THE HALFBLOOD-PausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt