Heute ist Mittwoch.

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,,Sorry, sorry, sorry. Ich bin zu spät, ich weiß, aber bevor du etwas sagst: Eine Oma ist auf einer Banane ausgerutscht. Daraufhin hat ein Kind sie überfahren und ich weiß nicht wie das passieren konnte, aber direkt als ich ihr helfen wollte, schießt ein Auto an uns vorbei. Ich wäre fast mit in den Tod gerissen worden. Kannst du dir das vorstellen? Gut, dass ich die Oma doch noch gerettet habe. Du verstehst es doch, oder?" Rick sieht mich mit seinem schiefen Lächeln an. Das macht er immer, wenn er mir eigentlich sagen möchte, dass ich mir keine Mühe machen soll. Er glaubt mir sowieso nicht.

,,Jess Kleines, deine Ausreden werden immer schlimmer. Das ist dir hoffentlich klar", enttarnt er mich. Ich hänge meine Tasche an den freien Stuhl gegenüber Rick und setze mich. Gespielt verletzt sehe ich ihn an.

,,Willst du nicht einmal wissen wie es der alten Dame geht? Du bist ein Unmensch, Rick", werfe ich ihm vor. Er lacht in sich hinein und auch ich kann mir kein Lächeln verkneifen.

,,Na erzähl, wieso musstest du so lange arbeiten?", fragt er mich nun und kommt vom Thema weg. Ich verdrehe meine Augen und lasse mich nach hinten fallen.

,,Der alte Stark kommt morgen wieder. Seine Geschäftsreise scheint nun ein Ende genommen zu haben. Jetzt muss alles bis aufs kleinste Detail perfekt sein. Ich glaube ja nicht, dass er durch jedes Zimmer geht und mit dem Finger in jede Ecke fasst, nur um ein Staubkörnchen zu erwischen. Wenn ich mich irre, hat er definitiv zu viel Freizeit. Mich wundert es allerdings, dass er noch immer reist. Wird er nicht langsam zu alt dafür?" Rick zuckt mit seinen Schultern, wobei die Frage eher an die Allgemeinheit gestellt wurde, als explizit ihm.

,,Ich weiß es nicht. Was ich über ihn gehört habe ist nicht gerade viel. Er macht keine Interviews und verrät auch niemandem sein Alter. Wie kann man nur so verschlossen Leben?"

,,Außerdem würde ich doch als sein Betthäschen alles ausplaudern wollen, wenn ich dafür ne Stange Geld bekommen würde", füge ich selbstverständlich hinzu. Es stimmt allerdings, dass man ihn nur selten zu Gesicht bekommt. Auch ich hab ihn nur ein Mal gehört, als er sich lautstark über das Personal beschwert hat und als er mal für eine Sekunde mit dem Rücken zu mir stand, konnte ich ihn auch nur wenig erkennen. Wieso macht er so ein Geheimnis draus?

,,Vielleicht mag er den ganzen Rummel nicht?", erwidert Rick als wenn er meine Gedanken lesen könnte. Ich schaue in seine braunen Augen. Rick ist ein klassischer Frauenhengst. Gut gebaut, trainiert, groß und hat einen verdammt heißen Blick, wenn er versucht Frauen aufzureißen. So haben wir uns kennengelernt. Wir waren in einer Bar, hier in der Nähe. Inzwischen gibt es die nicht mehr, da sie sich gegenüber anderen Clubs nicht mehr behaupten konnte. Bei mir hat der Blick allerdings nicht gezogen. Ich musste Lachen. Er hat nicht locker gelassen. Im Laufe des Abends sind wir bei ihm gelandet. Nicht weil wir übereinander hergefallen sind, nein. Er wollte mir seine Wiskeysammlung zeigen. Das war wahrscheinlich nur ein Vorwand, damit ich mit zu ihm komme. Letztendlich sind wir in seinem Bett eingeschlafen. Am Morgen war er außer sich, weil er noch nie neben einer Frau aufgewacht war, ohne sie nackt gesehen zu haben. Seit diesem Tag an waren wir unzertrennlich. Eine kuriose Geschichte, aber sie hat mir einen besten Freund verschafft. ,,Das kann sein. Trotzdem entgeht der ihm nicht. Die Journalisten tummeln sich scharenweise um ihn, wenn er gesehen wird", gebe ich zu bedenken.

,,Ja wenn er gesehen wird. Die meisten Dinge erledigen seine Handlanger, Jess. Ich weiß gar nicht, wann man ihn das letzte Mal außerhalb seiner Komfortzone gesichtet hat."

,,Das ist wahr. Aber vielleicht sehe ich ihn ja noch bevor er sich vollständig von der Welt verabschiedet", träume ich weiter. Das könnte schwer werden und doch hoffe ich, den Mann zu sehen, für den ich arbeite. Nur ein Mal. Das habe ich wohl verdient.

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