V I E R

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VIER:

Eine Träne verließ meine Augenwinkel, doch ich wischte sie sofort wieder weg. Genauso verfuhr ich auch mit den unzähligen anderen Tränen, die meine Wangen herunter fließen wollten. Mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen ging ich schnell in die Küche, holte mir ein Glas Orangensaft und legte mich dann auf mein Bett. Mein Blick war starr nach oben gerichtet. Immer noch die Todesnachricht meines Bruders verarbeitend rief ich Denise, seine Ehefrau, an.
„Denise Horan?", meldete sich die freundliche Frauenstimme.
„Hallo Denise, ich bin's Niall", seufzte ich laut, auch wenn mein Handy die Lautstärke sowieso regeln würde, sodass in diesem Falle Denise sie als angenehm empfindet.
„Hi Niall. Hast du schon was von Greg gehört?", lächelte die nahezu immer fröhliche Frau.
„Du scheinbar nicht", murmelte ich überlegend, wie ich ihr die Todesnachricht überbringen sollte.
„Nein, wies0? Was ist denn los Niall?", fragte sie sofort besorgt, woraufhin mir ein seufzen entwisch.
„Denise, es tut mir leid, aber als ich eben die Namen der gefallenen Kriegsopfer durchgegangen bin stand Greg auch dabei. Ich habe es nicht geglaubt und musste mir das Video ansehen. Aber es stimmt. Er wurde von einem Elektropfeil ins Bein getroffen. Greg hat lange gekämpft. Er versuchte trotz der Schmerzen und der Schocks immer wieder aufzustehen. Doch es war unmöglich. Denise, er sagte, dass er dich liebt und dass du auf Theo aufpassen sollst", beendete ich meine Erzählung.
„Niall stimmt das?", fragt Denise ungläubig, wobei ich bemerkte, dass ihre Stimme mit jeder Silbe brüchiger wurde.
„Ja. Leider", antwortete ich mit immer noch fester Stimme.
„Ich kann dir nicht glauben. Du lägest heulend in der Ecke, wenn dein Bruder sterben würde. Er ist doch das einzige was dir bleibt, seit eure Eltern nicht mehr leben", argumentierte Denise.
„Ich würde dir das Video senden, damit du mir glaubst, aber das darf ich nicht. Und nein Denise. Ich würde nicht heulend in einer Ecke liegen. Weißt du, als unsere Eltern starben war es ein Schock. Ich dachte die Welt würde zu Ende sein. Ich dachte, ich wäre zu nichts mehr fähig. Fast sofort wurde ich zum König ernannt, weil Greg wie du weißt ja nicht wollte. Es war viel. Viel zu viel am Anfang. Du kannst dir nicht vorstellen, wie stressig diese Zeit für mich war. All das hat mich abgehärtet Denise. Ich habe gelernt mit dem Tod umzugehen. Weißt du wie viele meiner guten Bekannten täglich sterben. Es ist schlimm, aber ich habe keine andere Wahl, als dies zu akzeptieren und damit zu Leben. Außerdem habe ich schon das zweite Glas puren Orangensaft hinter mir", murmelte ich am Ende. Ich war nicht stolz darauf, da es hieß, dass Leute die puren Orangensaft tranken schwach waren. Dies lag daran, dass Orangensaft die negativen Gefühle aus uns herausfilterte. Es war praktisch wie eine Droge, dennoch konnte man davon nicht abhängig werden. Die Frage, warum man keinen puren Orangensaft trinken durfte, stellte sich mir immer noch täglich.
Nachdem ich Denise mehr oder weniger gut getröstet hatte, legte ich endlich wieder auf und überlegte, was ich jetzt noch zu tun hatte. Jede Menge Papierkram fiel mir ein, weshalb ich mich nur leicht genervt an meinen Schreibtisch setzte. Mehrere Stunden arbeitete ich daran alle möglichen Papiere zu unterschreiben, zu lesen und Briefe zu schreiben. Digital natürlich. Irgendwann öffnete ich eine Internetseite, in der alle Irischen Bürger Wünsche, oder Beschwerden äußern konnten, die sie an die Regierung hatte. Einerseits wollte ich so gut wie möglich auf mein Volk eingehen, andererseits brauchte ich sowieso Gesprächsthemen für die alltägliche Sitzung mit den anderen Menschen, welche mir bei der Regierung halfen. Seufzend las ich mir die Beschwerden und wünsche durch. Die meisten waren unsinnige Wünsche, wie:
„Ich wünsche mir mehr Luxus", ich und zuvor mein Vater hatten dafür gesorgt, dass in ganz Irland jeder Mensch ein Zuhause, sowie genug zu essen hatte. Dennoch waren uns nur die wenigsten Bürger dankbar.
„Ich finde wir sollten die Dosis der Kriegsglobuli erhöhen, damit nicht so viele unserer Kämpfer fallen", schrieb ein anderer, was wieder keinen Sinn machte. Würde ich die Dosis an Kriegsglobuli erhöhen würde ein Bürgerkrieg entstehen, außer ich würde meine Soldaten auf England losgehen lassen, was ich definitiv nicht machen würde. Außerdem würden dadurch nur noch mehr Menschen ihr Leben lassen müssen.
Eine Nachricht zeigte mir allerdings zeigte mir, dass ich einen großen Fehler begangen hatte.
„Warum ist die Dosis der Homoglobuli eigentlich gestiegen, seit der kleine Horan im Dienst ist", schon immer wurde ich der kleine Horan genannt, da ich abgesehen von Theo der Jüngste in meiner Familie war. Ich hatte als ich an die Macht gekommen war die Dosis der Homoglobuli ein wenig erhöht. Damit nahm ich in Kauf, dass mein Volk ein wenig Homophober wurde, konnte aber besser den Eindruck erwirken Heterosexuell zu sein, was ich sicherlich nicht war. Während ich meinen Kopf auf meiner Handfläche abstütze, klickte ich auf diese Nachricht, um die Diskussion zu verfolgen.
„Ist doch richtig. Homosexuelle Menschen sind ekelhaft", schrieb einer und erlangte mit dieser Nachricht immer mehr Zustimmung. Kommentare wie diese wurde immer mehr:
„Es ist eine Schande, dass wir so viele Homosexuelle Menschen in Irland haben"
„Ihr habt Recht. Warum gibt es auf Homosexualität eigentlich nicht die Todesstrafe? Das wäre nur sinnvoll"
„Stimmt. Schwule und Lesben gehören nicht in unser Land. Wir wollen frei von Sünde sein"
Geschockt las ich die Nachrichten, beobachtete wie meine Timeline von Homophoben Nachrichten überflutet wurde. Immer mehr Menschen nahmen an der Diskussion teil, bis irgendwann alle für die Todesstrafe auf die Homosexualität plädierten. Verzweifelt raufte ich meine Haare. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich würde dieses Thema morgen in unserer Sitzung unter keinen Umständen auslassen können.

- 934 Wörter

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Wie gefällt euch die Geschichte bisher? Ich bin ein wenig unsicher, weil ich noch keine Rückmeldungen habe.. sagt mir ruhig bescheid, wenn ich irgendetwas verbessern soll.

Ach und im nächsten Kapitel kommt Liam endlich richtig richtig vor und nicht nur so als Randperson😍

Kiss me like you make war [Niam FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt