Kapitel 25 - Das Leiden

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3 Tage waren vergangen, nachdem mein Gesicht zu verunstaltet wurde. Ich sah aus wie Gollum und ehrlich gesagt fühlte ich mich diesem ziemlich ähnlich. Ein Wrack würde es eher treffen. 

Ich trug nur noch eine weiße Maske mit schwarzen Streifen. Sie erinnerte mich an eine Maske, die man auf einem festlichen Ball trug. Allerdings verbarg diese nun mein außergewöhnlich hässliches Gesicht. Ein weiteres Problem stellte das Laufen dar. Ich lief kaum noch, wurde eher in einem Holzstuhl mit vier Rädern von einer der Lumpendamen geschoben. Mein Körper fühlte sich schwach und gebrechlich an, ich konnte sogar kaum noch alleine zum Stuhlgang gehen. Auch hier musste mir unangenehmer Weise eine der Damen Hilfe leisten. Ich fühlte mich, als wäre der Krebs in seiner Endphase eingetreten und ich wäre ihm zum Opfer gefallen. Also war mein schlimmster Albtraum doch noch eingetroffen. Das, was ich eigentlich hätte vermeiden wollen...obwohl?
Ich hatte mich die Jahre über darauf vorbereitet und jetzt war ich hier...genau so, wie mich die Natur gewollt hatte. Dennoch beschwerte ich mich.

Vor allem nachdem ich ihn getroffen hatte...

Durch die dunkle Kapuze konnte keiner meine wenigen Haare erblicken. Ich hoffte nur, das ich bald wieder normal aussehen würde und ich einfach wieder ich selbst sein konnte. Denn das hierw ar ich definitiv nicht. Die Nächte über hatte ich kaum bis gar nicht geschlafen. Das Leiden war einfach zu groß geworden. Meine Mutter war nach den Informationen, die ich bekommen hatte, verstorben und mehrmals bat ich darum, ihr Grab zu erfahren. Das Problem war hierbei, das keiner mehr wusste was mit ihrer Leiche geschehen ist. Jack wollte mir nichts verraten. Er war ziemlich still geworden nach unserer Besprechung im Zimmer. Vielleicht war ich ihm ja auch unattraktiv geworden.

Ja, das hätte es sein müssen.
Er war unglaublich abweisend, auch wenn er diese Hoffnungs gebenden Worte von sich gegeben hatte. Ich fühlte mich alleine dadurch immer schlechter und schlechter. 
Aber...ich wollte nicht Aufgeben. 
Ich wollte nicht aufgeben nach allem, was passiert ist. Ich wollte ein normales Leben führen ohne irgendwelche Krankheiten,ohne Schmerzen..ohne Verlust. 

Meine Mutter...wie sehr ich sie um Verzeihung bitten wollte...ich wollte nicht, das sie mit dem letzten Blick auf ein Monster starb. Eines, das all dies ausgelöst hatte und sie am Ende in den Tod geworfen hatte. Aber ich wusste, das sie mich immer beschützen wollte. Dennoch...dennoch wusste ich, das sie nun mit dem Gedanken gestorben war, versagt zu haben. In allen Dingen ihres Lebens. In mir, meinem Vater, einfach allem. Ihr Teufelskreis hatte nun ein Ende genommen. Ein verzweifelndes Ende in einem verzweifelnden Leben. Ein Leben, das ich eigentlich nie wollte und dennoch lebte. Nun stand ich hier und kämpfte mit mir selbst. Ich wollte Leben, aber gleichzeig wollte ich kein Leiden und keine schmerzen mehr sehen. Letzten Endes entdeckte ich für mich selbst, das ich nur noch für eines lebte. Für den Mann, der damals im Wald stand...für den Mann, der mir damals in der Hütte geholfen hat. Für den Mann, der mich ermutigte, den ich verletzt hatte...der beinahe für mich gestorben war. 

Jack. 

Ja, ich erwischte mich selbst dabei, das ich immer an ihn dachte und immer wenn ich meine Müden Augen schloss auch nur sein Antlitz vor mir erkannte. Ich wusste, das sie Sehnsucht nach ihm groß war. Das Verlangen, das er mir sagte ich sei rotz meines jetzigen Aussehens immer noch attraktiv und er würde mich mögen. Nein..ich wollte etwas völlig anderes hören. Ich wollte die drei Worte hören, die mir mein Herz wieder ins Licht legen könnten. 

>>Ich werde bald abreisen<<, erklang die Stimme des Mannes, nach dem ich mich so sehnte. 

Wenn es stimmte was Trevor sagte, so hatte ich bereits ein Kind. Ein Kind mit Trevor und nicht mit Jack. Das konnte jedoch nicht sein, und wenn schon dann war es ein anderes Leben gewesen. Hier war ich definitiv noch Jungfrau gewesen, das war mir klar.  Ich wusste allerdings das Jack nun vor hatte ohne mich aufzubrechen und mein Kind zu finden. Die Frage war aber wie Trevor dieser Gedanke passen würde. Mein nächstes Problem war natürlich dieser Vampir, der nun bei mir bleiben würde solange Jack weg war. 

Jack.

Wieso wollte ich nicht das er ging und mich rettete? Hatte ich Angst um ihn?
>>Pass auf dich auf<<, murmelte ich durch die Maske, während Jack nur ein kaltes Grinsen von sich gab und dann wieder seine Wege ging. Ich hingegen wurde durch das Lager weiter geschoben und spielte mit dem Gedanken, was wohl wäre wenn ich wieder ich selbst wäre. 
Wäre er dann anders zu mir?
Ich brauchte definitiv Trevors Blut und das würde ich auch bald bekommen, natürlich nur wenn dieser bald hier sein würde. Ich fragte mich allerdings wieso er mir helfen wollte. Wieso er die Hexe davon abbringen wollte meinen Körper zu übernehmen. Ich hatte immer gedacht das genau er derjenige war, der dieses Ziel verfolgte. Das Ziel, seine Frau wieder zum Leben zu erwecken. Vielleicht war es auch nur eine Falle gewesen, doch die Schamanin hatte mich mehrmals darauf hingewiesen, das ich diesen Weg nun gehen wollte. Egal ob ich es wollte oder nicht, denn mit seinem Blut würde man meine Lebenszeit deutlich vergrößern. Ich würde also nicht so einfach sterben wie nach dem Krebs, den ich gehabt hatte. Ja, ich würde Leben...noch. 

Jack brach am Abend auf, ohne sich richtig von mir zu verabschieden. Die Worte, die wir am Nachmittag getauscht hatten, waren die letzten gewesen die er mir gab. Die letzten, die er mir nun für wahrscheinlich mehrere Monate geben würde. Ich sehnte mich nach ihm und mir war nach weinen gewesen, als man mir sagte das er wirklich gegangen war. Nur kurze Zeit später war Trevor ohne seine nervige Begleitung am Lager angekommen. Viele der Wölfe hatten mir bereits gesagt, das er unglaublich nach widerwärtigem Vampir stank. Mein Problem war jedoch, das ich es anders empfand. 

>>Na sieh mal einer an. Dein Lausköder hat sich also vom Acker gemacht?<<

Ich schenkte ihm einen wütenden Blick, als er mit jenen Worten in das Zelt hinein kam und sich in eine etwas gebeute Position legte. Kurz verzog sich sein Gesicht, als er das meine erblickte. Ich hätte die Augen verdrehen können, schließlich war es nichts neues gewesen, das man solch eine Reaktion zeigte wenn man mich sah. 
>>Da hat dich jemand aber ziemlich verstellt. Braucht das Fledermäuschen jetzt etwas Blut?<<
Er grinste und kam mir näher, wobei ich etwas zur Seite rückte und genauso meinen Blick abwandte. Ich konnte ihn immer noch nicht leiden und hielt es wenig für Willkommen sein Blut zu mir zu nehmen, auch wenn es nötig gewesen war. Trevor schien kein Interesse daran zu haben mir beim beleidigt sein zuzusehen. So hob er einen kleinen Dolch aus seinem schwarzen Mantel hervor und stach damit über sein Handgelenk. Nur Sekunden später kullerten bereits Tropfen roten, beinahe schwarzen Blutes hervor. Er grinste etwas und packte mit der anderen Hand meine Wange, um mich direkt zu mir zu ziehen un die Maske gänzlich von meinem Gesicht zu packen. Bevor ich richtig reagieren konnte, spürte ich schon die brühende Hitze in meinem Mund, der ich verlangend nachging. Ich bemerkte wie mein Körper ganz von selbst reagierte und hitzig nach seiner Hand griff, um an dieser zu saugen. Als wäre ich von Drogen erfasst worden schluckte ich die süße, angenehme Flüssigkeit in meinen Körper und wunderte mich das es so ein unfassbarer Geschmack war. 
Ich hasste ihn...doch dieser Geschmack...dieses Verlangen. 
Gott, ich wollte ihn..
Sein Grinsen bemerkte ich nicht, ebenso wenig bemerkte ich, wie meine Gestalt sich wieder meiner damaligen anpasste und ich somit beinahe gänzlich entblößt vor ihm saß. Er nutzte diese Gelegenheit und setzte sich näher an das Bett. Auf diesem, drückte er mich beinahe unbewusst zurück und ließ mich weiter trinken. Die wärme strömte bereits aus meinen Mundwinkeln und ließ meinen gesamten Körper erzittern. 

Mir wurde warm und dann wieder kalt. 

Als er mir näher kam, löste ich den Biss und keuchte auf. Sein Muskulöser Körper kam dem meinen Näher und drückte ihn in das Stroh unter mir. Ohne es zu bemerken, legten sich meine schmalen Arme um seinen Hals und drückten in an mich heran. Verlangend strich mein Mund über den Hals, der sich mir bot. Er ließ dies zu und drückte sich von selbst aus gegen mich. 
Wieso tat ich das? Wieso? Wieso wollte ich es so sehr?
Es war unglaublich..
Noch nie hatte ich bei dem trinken des Blutes eines anderen so viel Verlangen gespürt. Nicht nach seinem Körper...eher nach dem Blut, das er in sich trug. Bis auf den letzten Tropfen wollte ich alles in mir aufnehmen und die Heilung somit gänzlich an mich reißen. 
Ich schnurrte. 
Wieso schnurrte ich?
Und das auch noch gegen diesen pulsierenden Hals?
Der Hals, der sich mir so unglaublich gerne anbot und mir die schönste Sicht gab, die ich nur wollte. Meine großen Fangzähne konnten nicht mehr..sie bewegten sich von selbst in seinen warmen Hals hinein, während meine Fingernägel von seinem Nacken zum Rücken strichen und sich in diesen bohrten. Nun erklang von ihm ein keuchen. 
Ich begann zu schwitzen und mein Herz zu schlagen wie ein Atomkern. Ich wollte mich nicht einmal lösen, ich mochte es. Ich liebte diese umgarnende Nähe eines Lebenden Wesens, welches mir als Nahrungsquelle dienen konnte. Ich verlor mich in diesem Verlangen...das war ich nicht. 
Das war ich nicht.
Das konnte ich nicht sein. 
Nein.

Das war ich nicht. 

Ich liebte Jack.
Nicht Trevor! 


Guilty - Two SidesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt