Kapitel 14 - Blutige Vorstellung

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Mirandea.

Der letzte Wolfsstamm der Nightmare Wölfe. Wölfe, die nur in der Nacht auf Jagd gingen und am Tage im meisten Fall wie Natur untergebene Wanderer lebten. Fast Dreißig Wölfe aufgeteilt auf siebzehn Zelte lebten hier unter dem Schutz ihrer zwei Starken Meister. Eine dieser Meister war eine wunderschöne, jung aussehende Frau mit dem Namen Meridian. Ihr Mann trug den Namen Jeamo. Gemeinsam hatten sie zwei Söhne und eine Tochter. Die Tochter hatte ich bereits kennengelernt. Ihr Name war Milie. Ein Name, der nicht leicht zu merken war, weshalb ich mir eine Eselsbrücke mit 'Lilie' gebildet hatte. Die beiden Söhne hatte ich noch nicht kennengelernt, doch auf dem Weg zum Zelt ihrer Eltern, hatte mir die Wölfin einiges über die beiden erzählt. Sie sagte beide wären etwas ganz Besonderes. Nicht so, wie normale Menschen. Sie seien zwar alle ziemlich Alt, doch immer noch so wie kleine Kinder. Sie hatte mir über den Stamm erzählt, dass meist Wölfe kommen und gehen. Es war nicht mehr die alte Tradition gewesen, dass man bei einem Rudel blieb. Nur die, die wirklich eine Tradition wollten, blieben auch bei den anderes. Ebenso sagte Milie, dass viele der Werwölfe sich mit Menschen zusammengetan hatten. Früher war dies verboten, doch heute war es eigentlich schon egal gewesen, solange man ewiges Schweigen Versprechen konnte. Falls dies nicht der Fall gewesen war, griff der Stamm der Sonnenwölfe ein. Milie erzählte von dem ältesten Stamm der gesamten Geschichte. Dieser Stamm sollte schon seit dem Erschaffen der Werwölfe existieren. Sie mussten wirklich unglaublich Alt sein. Angeblich waren alle Stämme in einer Unterordnung eingeteilt worden. Sie Sonnenwölfe waren die Stärksten und Mächtigsten von allen. Dennoch sollte man mit ihnen weder Freundschaften Aufbauen, noch ihnen vertrauen. 
Sie waren strikt und hochnäsig.
Die hellhaarige Dame sagte, dass die Wölfe immer wussten, wo ihre Untertanen waren. Sie fühlten sie einfach und demnach war immer klar, wann ein Regelverstoß an die Decke gehangen wurde. 
Die wichtigste aller Regeln war es, sich nie auf einen Vampir einzulassen. Vampire waren eigentlich die größten Feinde der Wölfe gewesen, doch da ich auch Menschliches Blut in mir trug, war es bei mir schwer gewesen herauszufinden, wer ich wirklich war. 
Die Meisterin sollte entscheiden, so sagte es die junge Dame. 
Ich war nervös was das anging. 
Milie schenkte mir ein gestelztes lächeln, ehe sie das Thema im gehen wechselte. 
>>Was war eigentlich deine richtige Augenfarbe?<<
Ich hielt im Laufen inne und runzelte verwirrt die Stirn.
>>Wie meinst du das? Blau natürlich.<<
Sie kicherte und nickte, ehe sie direkt vor mich trat und mir tief in die Augen blickte.
>>Schau mir in die Augen und versuch dein Spiegelbild zu erblicken. Siehst du das leuchten deiner Augen? Sie sind rot.<<
Ich Atmete tief ein un stockte, sodass ich husten musste. Tatsächlich fiel das rote glühen sofort in mein Blickfeld. Ich legte eine Hand auf meine Stirn und grinste schief.
>>Gibt es noch etwas wovon ich wissen sollte?<<
>>Ja. Wenn du Hunger hast, werden deine Reißzähne größer. Junge Vampire reden dann etwas eigenartiger. Das wirst du dann erfahren.<<
Ich schluckte schwer und nickte, ehe wir weiter voran liefen und bald schon ein etwas größeres Zelt erreicht hatten. In diesem Zelt sah es kaum anders aus als in dem, in dem ich zuvor gewesen war. Es war nur etwas geräumiger und die Decken waren mit wunderschönen, exotischen Mustern besehen. Auch selbst hergestellte, Kunstvolle Töpfe mit dampfenden Brühen sah ich. Es roch, trotz des ekelerregenden Aussehens einfach Fabelhaft. Mir wurde allerdings klar, dass ich wahrscheinlich nie davon kosten würde. Zum Überleben brauchte meine Wenigkeit nur noch Blut. 
Die Meisterin, so wie sie hier genannt wurde, saß auf einem Altmodischen Stuhl, bedeckt mit weißem Fell. Dieser diente wahrscheinlich als Thron. Zwei kleine Mädchen mit schwarzen Rasta Locken brachten Kräutertee in kleinen Steinbechern und legten diese auf eine Hölzernes Tischen. Vor dem Thron war ein breiter, schwarzer Wollteppich ausgelegt. Die Frau bat uns, uns hinzusetzen. Wir setzten uns im Schneidersitz vor sie und ich nickte ihr Respekt zollend zu. Meridian erhob sich aus ihrem Stuhl und sah zu uns herab.
>>Marie. Ich habe dich her gebeten, um nach deinen Vorfällen in den letzten Tagen zu fragen Du sagtest, du würdest dich nicht Erinnern. Ich bin gespannt.<<
Um uns alle gleichzustellen, hatte sich die Majestätische Dame nun doch dazu bewegt sich mit uns auf den Teppich zu setzen. Ihre Tochter weitete erstaunt die Augen. Ein Zeichen dafür, dass das Oberhaupt wohl heute etwas anders reagierte als sonst. Ich holte Luft, um zu sprechen. 

Ich erzählte ihr meine gesamte Geschichte von dem Tag an, an dem ich aus dem Krankenhaus kam, bis zum heutigen Tag. Von der Entführung und der wahrscheinlichen Sorge meiner Mutter. Von meiner Krankheit und von Dave. Auch Trevor, welcher mich als Ehefrau ansah, fiel hierbei ins Wort. Meridian horchte stumm meinen Worten und nickte immer wieder, um damit zu zeigen, dass sie mich verstand. 

>>So leid es mir auch tut, liebes....Ich muss dir sagen, dass deine Mutter dich vielleicht sogar vergessen hat. Vampire haben meist die Fähigkeit Menschen von sich vergessen zu lassen. Deswegen wissen Menschen auch nicht, dass es sie wirklich gibt. Es sind nur Geschichten, die sie kennen.<<

Ich war Fassungslos.
Ganz plötzlich gab so vieles einen klaren Sinn. Die Menschen kannten Geschichten, doch sie wussten nie, ob etwas an diesen Geschichten dran war. Trevor und Dave hatten mich in eine Art Bann gezogen. Eine Verführung, die mich dazu gebracht hatte ihnen zu Unterliegen. Sie hatten es ausgenutzt und mich benutzt. Trevor wusste, dass ich es durch seinen Biss nicht mehr vergessen würde. Ich stockte und biss die Zähne zusammen.
Ich wollte sie umbringen. 

>>Meine...Mutter...Sie kann mich nicht vergessen haben! Ich habe mit ihr zusammen gelebt!<<

Mitgefühl.
Da war es wieder.
Meine Mutter konnte mich niemals vergessen haben. Ich war mehr als überzeugt davon, dass sie mich vermisste und bereits die Polizei eingeschaltet hatte, um nach mir zu suchen. Meine Mutter war zwar nicht die Hellste, doch sie liebte mich als ihr Kind über alles. Ich brachte es nicht übers Herz meine Mutter verloren zu haben. Die Frau, die als Einzige mein Leben lang bei mir war. Ich fühlte mich so, als wäre ich Undankbar gewesen, Undankbar für all das, was sie mir getan hatte.
Nein.
Ich wollte nicht wieder weinen und allen zeigen, was für eine Heulsuse ich doch war. 
Doch seien wir mal ganz ehrlich.

Wäre das nicht für jeden Menschen zu viel?


Es würde jedem wehtun und jeden würde es innerlich zerfressen. Ich wollte ein letztes Mal meine Mutter sehen und ich WÜRDE sie auch sehen. Einen Menschen wie sie würde ich niemals im Leben aufgeben.

>>Liebes. Vielleicht lebt sie auch nicht mehr. Vampire rächen sich gerne. Aber gehen wir bitte nicht davon aus. Das wichtigere ist, was sie von dir wollen. Ich habe mit meinem Sohn geredet. Jack scheint einiges darüber zu wissen, süße.<<

Wie ein Stich ins Herz. 
Ich stellte mir vor, wie die beiden Vampire Spaß mit meiner Mutter hatten uns sie schmerzerfüllt bis zum letzten Lebenstropfen aussaugten. Ich stand auf. 

>>Ich muss...meine Mutter....<<

Ich zitterte am gesamten Leibe. Ich sah, wie die Zähne des Biestes den Hals meiner Mutter durchbohrten. Wie ihre Haut immer gebrechlicher wurde und wie ihre Augen jede Hoffnung verloren. Ich drehte mich um, hörte meine Namen rufen, doch ich konnte nicht. Nein. Ich konnte sie nicht einfach so im Stich lassen. Was müsste ich für eine Tochter sein, wenn ich meine Mutter in MEINE Sache einmischen würde? Was wäre ich für ein Kind, wenn ich sie darunter leiden lasse? Sie hat viel für mich getan. Ich würde sie nicht im Stich lassen. 
Ich schob die Leder Bedeckung zur Seite und trat hinaus, als Jack sich mir in den Weg stellte. Und das nicht nur sanft. Er erkannte mein vorhaben sofort und griff nach meinem Handgelenk. 
Ich fauchte und das keineswegs normal. Es war das hasserfüllte fauchen eines wütenden Vampirs. 

>>Beruhige dich.<<

>>Lass mich in Ruhe!<<

Ich zerrte und spürte, dass ich stärker war als zuvor. Meine Augen glühten rot und meine Reißzähne wuchsen. Mein Mund füllte sich und das fauchen wurde Stärker. 
Mitgefühl.
Wieder sah ich es in den Augen meines Gegenübers. 
Um uns herum bildete sich ein Kreis von Wölfen, die uns voller Neugierde beobachteten. Ich hörte ihre spöttischen Worte und ihren Hass. 
Ein Vampir.
Sie machten sich über mich lustig und flüsterten. 
>>Was macht ein Vampir hier?<<
>>Soll ich einen Holzpfahl holen?<<
>>Verbrennt sie<<

Hass.
Hass war überall.
Ich hatte in meinem Leben nie wirkliche Liebe erfahren oder Freundschaft. Jetzt erfuhr ich Hass und dieser breitete sich wie ein Virus auch in meinem Körper aus. Meine Mordlust stieg. Ich hatte das Verlangen jeden von ihnen bis zum aller letzten Tropfen auszusaugen und damit ihre Vorurteile endgültig auseinander zu reißen. 

>>Jack hat sie geschnappt! Sicher wollte sie unsere Meisterin töten!<<

Nun wurden sie lauter und fingen sogar an mich auszulachen. Sie redeten von meinen dreckigen Klamotten, von meinen blutigen Füßen und dem zerzausten Haar. In ihren Augen stank ich und war etwas minderwertiges. Etwas, was nicht auf diese Welt gehörte. 
Die Einzigen die Freundlich zu mir waren, halfen mir nicht. Milie kam mit ihrer Mutter aus dem Zelt, doch diese hielt die jüngere Dame ab, mir zu helfen. Das Einzige, was ich vor mir sah, waren Jacks Augen. Flehende Augen, die mich baten, mich zu beruhigen. Ich schluckte die Trauer hinunter, doch der Hass wurde nach jedem Wort größer und größer. 
Ich konnte nicht mehr.
Ich schrie mir den Leib aus der Seele.

Eine Druckwelle entstand. 



Guilty - Two SidesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt