Kapitel 1- Der Tag der Gerechtigkeit

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Ein Teufelskreis.

Jeder Mensch steckt in diesem. Vielleicht unscheinbar, dennoch existiert dieser immer wiederkehrende Teufelskreis. Viele scheinen es nicht zu bemerken, doch wenn einem die Zeit schneller als gewollt davonläuft, dann macht man sich den ein oder anderen Gedanken um das eigene Leben. Man denkt über die Dinge nach, die sonst immer Unsichtbar erschienen. Über die kleinen Dinge im Leben, die einen trotz der Winzigkeit erfreuen können. Aus diesen Gedanken entsteht auch das Verständnis für den Lebenskreis der Menschen. Wiederkehrend und ermüdend. Doch was bedeutete nun der Teufelskreis des Lebens?
Man nehme einen normalen Menschen mit durchschnittlichem Unterhalt. Anhand dieses Beispieles, kann man sich bereits denken was dieser Mensch tagtäglich in seiner Routine tut. Er steht nach seiner Ruhe auf, pupt Energie und Arbeitet bis zur Erschöpfung. Geringe Freizeit bleibt diesem Menschen, doch was sollte er in dieser Freizeit tun?
Feiern gehen?
Ausgeschlossen, wenn man nüchtern am nächsten Morgen wieder zur Arbeit gehen musste.
Sich mit Freunden treffen?
Wenn ihm diese Zeit noch bliebe, so wäre es nicht völlig ausgeschlossen. Jedoch würde die Routine des jeweils anderen alles noch einmal aus dem Gleichgewicht bringen. Die Zeit könnte der Mensch auch mit seiner Familie verbringen - vorausgesetzt er besitzt jene.
Die Möglichkeiten auf neues und auf das entkommen des Teufelskreises ist so gering, dass viele Menschen darunter leiden und im Fall der Fälle Krankheiten zum Opfer werden. Dennoch sollten sich diese Menschen freuen, dass sie ein Leben besitzen und dieses in vollen Zügen genießen sollten. Dabei war es völlig egal ob dieser Mensch nun an dem Down- Syndrom erkrankt war oder einer schweren Skoliose unterlag. Alles war gleich, solange dieser Mensch sein eigenes Glück in die Hand nahm und Optimistisch dachte. Nie war alles verloren und die Hoffnung sollte man auch nicht aufgeben. Ich wusste, dass der älteste Baum immer noch Blüten tragen kann. Genauso wie der Kränkste Mensch immer noch Glücklich sein kann. Von dieser Meinung war ich bis zu dem Tag überzeugt, an dem ich einer wirklich bedauernden Dummheit nachgegangen war. Eine Dummheit, die ich meinem schlimmsten Feind nicht wünsche.

Mein Name ist Marie Johnseen und das ist meine Geschichte. Eine Geschichte, die in ein Buch gehört - vielleicht sogar ein Märchenbuch.
Sollte ich mit >>Es war einmal<< beginnen?
Nein, wir fangen einmal von dem Augenblick an, an dem ich meinen achtzehnten Geburtstag gefeiert hatte. Ein Alter, auf das ich in meiner Misslichen Lage hätte Stolz sein sollen. Doch wenn man es mal ehrlich betrachtete, so hatte man wohl kaum die Lust gehabt seinen stolzen Geburtstag im Krankenhaus zu verbringen. Genau das war bei mir an diesem Tag der Fall gewesen. Ich lebte in einem kleinen Kaff in der Nähe von Hannover. Ein Kaff, in dem man im meisten Falle nur Kühe und Schweine traf. Herumlaufende Hühner waren hier auch nichts neues gewesen. Also wie man es so wollte, war dies hier ein Bauernsdorf, in dem das Krankenhaus gerade mal doppelt so groß war wie das Haus, in dem ich lebte. Das schlimmste war, dass ich hier ein Stammkunde gewesen war und die Medizin scheinbar genaustens an mich angepasst worden war. Die einzigen Menschen, die hier lagen, waren im meisten Falle ältere Leute gewesen. Ich war in dem Fall die einzige, junge Dame gewesen.

>>Alles gute zum Geburtstag, Ms. Johnseen<<, ertönte die liebliche Stimme der Krankenschwester, die gerade still und leise durch die Tür herein kam. Mit einem mitfühlenden lächeln blickte sie in mein Antlitz und versuchte sich nicht ansehen zu lassen, dass ich ihr leid tat.
Mitgefühl.
Das war in allem was ich jemals erlebt hatte das schlimmste aller Gefühle, die andere zu mir haben konnten. Ich hasste es und das wussten die Ärzte hier genau. Dennoch schienen sie darauf eher wenig acht zu nehmen.
>>Wie geht es ihnen?<<
>>Gut. Wie sieht es mit meiner Entlassung aus?<<
Ein seufzen. Ebenso nichts neues von der blondhaarigen, viel zu hochnäsigen Krankenschwester.
>>Wir sollten warten, was der Oberarzt sagt, aber so wie es aussieht, können sie heute nach Hause.<<
Ich war erleichtert das zu hören, auch wenn ich mir sicher war, dass ich nach gut zwei Wochen wieder hier drin liegen würde. Als Krebskrankes, armes Mädchen von der Nachbarschaft. Ich konnte nur schweigend seufzen, als ich daran dachte. Allerdings war ich keine Person, die sich mit so etwas nicht anfreunden konnte. Schon seit über fünf Jahren hatte ich mich mit dem Gedanken angefreundet nach erfolgloser Therapie irgendwann in später Zukunft mein Leben zu verlieren. Irgendwann verlor immerhin jeder Mensch sein leben. Der ein oder andere früher. Sanft strich ich mir durch mein blauschwarzes Haar und versuchte an mein Zuhause zu denken - oder eher mein Bett.
Schlafen war das Einzige, was ich nach den erschöpfenden Tagen im Krankenhaus wollte. Weit war mein Haus von hier sowieso nicht gewesen.
>>Und wann kommt der Oberarzt?<<, fragte ich entschlossen und musterte mit den eisigen, blauen Iriden meinerseits die weiße Decke über mir. Die Krankenschwester holte Luft und schien nachdenklich zu sein.
>>In drei Stunden müsste er ankommen. Seine Schicht fängt dann an.<<
Um genau Vierzehn Uhr also.
Ich lehnte mich in mein weißes Kissen zurück und versuchte mir die Enttäuschung nicht ansehen zu lassen. Jetzt würde sowieso eine Blutabnahme folgen und die nächsten drei Stunden würde ich in aller Einsamkeit vor dem Fernseher verbringen. Es war ein Wunder gewesen, dass mein Rücken dieser unangenehmen Haltung standhalten konnte. Die Schwester tat ihre Arbeit wie jeden Morgen und Abend. Am Morgen war eine unangenehme Blutabnahme auf dem Plan. Am Abend folgte die noch unangenehmere Thrombose Spritze. Soweit ich das verstanden hatte, war diese dafür da, dass ich kein Wasser in die Beine bekam. Irgendwie war das eine ziemlich grausige Vorstellung, die mir die Nackenhaare aufrichtete.
>>Krankenhäuser machen krank<<, murmelte ich unverständlich vor mich hin und ließ den rechten Arm schlapp liegen. Die Schwester bat mich ruhig zu bleiben, so wie jeden Tag. Ich fragte mich, wann sie endlich checken würde das mich dieses elende rumfuchteln mit den Spritzen in keinster Weise interessierte. Eine Blutabnahme dauerte für gewöhnlich nicht länger als zwei Minuten, wenn man nicht allzu viele Kapseln vollmachen musste. Bei mir waren das drei gewesen, doch genauer hinsehen und prüfen wollte ich in diesem Augenblick nicht. Ich ließ es über mich ergehen und schloss monoton meine blauen Augen.

Bald kommst du hier raus.
Happy Birthday, Marie.

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Das war das Erste Kapitel! Ich hoffe, es war einigermaßen gut geschrieben :D Kommentare sind immer willkommen!


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