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"Jemanden an diesen Ort zu führen, das ist hier Privatgrundstück"
"Bitte was?" Nahm er mich jetzt auf den Arm?
"Ja, das Grundstück gehört einer älteren Dame die nicht weit von hier wohnt. Sie kennt meinen Vater schon sehr lange und bat ihn mich zu fragen ob ich hier nicht aufräumen könnte.. Wie sagt man das auf gut deutsch?
Ich entwickelte einen grünen Daumen" er zog seinen Daumen in die Luft und wackelte damit lachend vor meiner Nase herum.
Ich schlug sanft seine Hand weg.
"Erzähl keinen Müll!" Sagte ich geschockt.
"Doch ich schwöre!" Er hob unschuldig seine Hände nach oben.
"Unglaublich, hast du echt toll gemacht. Wer hat die Beschaffung für das ganze Zeug bezahlt?"
"Die Dame natürlich" entgegnete er.
Wir unterhielten uns eine weile. Mal kuschelte ich mich an ihn und mal legte er seinen Kopf auf meinen Schoß. Er mochte das wenn ich seinen Kopf kraulte. Irgendwann blickte ich runter zu ihm und sah das er eingenickt war.
Ich betrachtete ihn und fuhr mit dem Finger seinen Gesichtszug nach, die Nase entlang, zeichnete seine Augenbrauen nach, fuhr hoch zur Schläfe bis zum Kinn runter und war mit meinem Finger nun an seinem Mund angelangt. Er hatte füllige und wohlgeformte Lippen. Auch diese Umrisse zeichnete ich nach bis er blitzartig seinen Mund öffnete und leicht in meinen Finger biss. Ich erschrak und brachte einen kleinen Schrei hervor.
"Don't touch my lips Girl" sagte er lachend. Ich rieb mir am Finger und schaute ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
"Du Idiot! Ich habe mich total erschrocken, er setzte sich auf und drehte sich zu mir.
Ich schaute ihn immernoch böse an und er nahm mich lachend in den Arm.
"Nö, du brauchst mich nicht zu umarmen" er drückte mich noch fester an sich.
"Ich will aber, was soll diese Farbe da an deinen Augen eigentlich?" Er blickte mich von oben herab an, ließ mich jedoch nicht los.
"Lidschatten Youssef, sieht das scheiße aus?"
"Nein, deine Augen sehen noch größer aus und deine Wimpern, sind das diese geklebten"
Ich schnalzte gespielt Arrogant mit der Zunge
"No bitch, they're real" er lachte und drückte mich wieder an sich. Ich legte meine Arme ebenfalls um ihn und wir verharrten für eine weile so.
Ich zog seinen Geruch in mich hinein und genoss diesen Moment. Er löste sich irgendwann und schaute mich an. Ich erwiderte seinen Blick.
"Was ist?" Fragte ich
"Nichts, du siehst echt gut aus. Wieso gehst du nicht immer so raus?"
"Soll das jetzt heißen das ich sonst rumlaufe wie Standardware?" Ich zog die Augenbraue in die Höhe und stemmte die Hände in die Hüften. Er strich mir mit seiner Hand über die Wange.
"Du bist nicht Standard. Du bist Sofia, dich gibt es nicht noch einmal"
Und ich denke, das es diese Worte und dieser Moment waren, die das leichte kribbeln im Bauch zum ersten Mal in mir ausgelöst hatten.
Ich lächelte und kuschelte mich wohlwollend in seine Arme.

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Ich hasste es zu warten, doch noch mehr hasste ich es an der Kasse zu stehen und zu warten. Mussten die jetzt alle einkaufen? In 10 Minuten sollte meine Schicht beginnen und dann verschwendete so etwas banales meine Zeit. Wieso ging das nicht zügiger?
Eine ältere Dame vor mir bemerkte meine Ungeduld und ließ mich vor. Ich bedankte mich, zahlte und rann zum Laden. Ich lief nach hinten verstaute meinen Kram in den Spind, biss hastig in mein Brötchen und lief kauend auf die Fläche. Gerade als ich runtergeschluckt hatte kam Amina auf mich zu und wies mich in die jeweilige Abteilung. Wir arbeiteten heute zusammen an der Kasse. Ich muss sagen, ich war zügig an der Kasse. Ungelogen kein Kunde stand länger als zwei Minuten.
Irgendwann würde es ruhiger und Wir beide widmeten uns der Ware.
Wir unterhielten uns sehr intensiv. Sie erzählte mir grob privates aus ihrem Leben und ich ebenfalls.
"Mit wem bist du so befreundet?" Fragte sie.
"Um ehrlich zu sein, bin ich nicht so der Typ der viele Freunde hat. Hab nur einen Freund. Mit Mädchen versteh ich mich üblicherweise nicht so"
"Nur dein Freund?"
"Nur einen Freund" entgegnete ich lächelnd.
"Achso ich verstehe. Ja, du sparst dir auch eine Menge Zickenkriege, was sagen deine Eltern dazu? Ist das für die in Ordnung?"
"Unsere Familien kennen sich ziemlich gut, und wir sind schon 7.. Bald sogar 8 Jahre befreundet. Sind stehts in die selbe klasse gegangen und haben viel Zeit miteinander verbracht"
"Ach ist er auch Marokkaner?" Fragte sie erstaunt
"Joa, ist er. Ich weiß das ist nicht üblich das Familien so extrem locker sind, aber ich glaube unsere Eltern sind nur so locker weil sie wissen um wen es sich handelt also die wissen wer wir sind, die kennen uns und Vorallem vertrauen Sie uns. Ich denke nicht das sie bei jedem so lässig wären."
"Das finde ich gut, aber du sagtest ihr pflegt schon 8 Jahre eure Freundschaft.. Ist da nie mehr gewesen?"
"Nein eigentlich nicht, er hatte auch zwischen durch Kontakt zu Mädchen und hatte auch die ein oder andere Freundin aber nie war es besonders ernst"
"Hmm, hielten die Beziehungen lange?"
"Nicht wirklich, außerdem waren es immer deutsche Mädels Amina.." Ich verollte die Augen.
"Heißt ja nichts, kenne genug Marokkaner die sogar mit "deutschen" verheiratet sind. Bis jetzt haben diese den Bund der Ehe auch nicht abgelegt"
"Keine Ahnung, wie ist es eigentlich bei dir? Freunde? Freundinnen? Freund?" Bei dem letzten Wort konnte ich mir das Grinsen einfach nicht verkneifen.
Ich Hob den Kopf und sah das sie leicht rot angelaufen war.
"Hab ich was falsches gesagt?" ich versuchte so unwissend wie möglich diese Frage auszusprechen.
Sie fing sich wieder
"Quatsch nein alles gut, hatte nur ein kleines Kopfkino.." Sie widmete sich hastig den Pullis zu.
Ich tat es ihr gleich.
Irgendwann hatte ich Feierabend. Ich packte meine Sachen aus dem Spind und lief raus. Unerwartet stand Youssef vor dem Laden und grinste mich breit an. Ich ging auf ihn zu und umarmte ihn zur Begrüßung.
Wir liefen zu seinem Auto, stiegen ein und fuhren zu einem Türkischen Restaurant.
Wir setzten uns rein und bestellten auch direkt das Essen. Wir unterhielten uns über den Verlauf des heutigen Tages, bekamen unser Essen serviert, aßen, zahlten und gingen wieder. Doch wir liefen nicht zum Auto, wir liefen einfach dran vorbei.
Ich schaute Youssef fragend an doch der ignorierte meinen Blick und lief weiter. Ich tat es ihm gleich und hackte mich dann irgendwann auch bei ihm ein.

Ich liebte dich, ich habe dich wirklich geliebt..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt