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Als hätten wir beim eintreten vorhin, bereits nicht genug Aufmerksamkeit auf uns gezogen, brachte sein lautes, schallendes Gelächter die Leute auch noch dazu uns ihre komplette Aufmerksamkeit zu schenken.
Ich merkte wie mir die Schamröte ins Gesicht stieg (vor Wut, nicht vor Scham) und verschränkte genervt die Arme vor die Brust ehe ich mich in den Stuhl zurück sinken ließ.
Normalerweise war ich sehr schlagfertig und ließ mir nichts gefallen, aber dieser Junge!.. Gott, was ging mir durch den Kopf, als ich ihm heute Vormittag zum lernen zugesagt hatte? Richtig! Nichts! Rein.gar.nichts.
Während ich noch überlegte wie ich ihm diese Szene heimzahlen konnte, kriegte er sich wieder ein.
Immernoch grinsend wischte er sich eine Freudenträne aus dem Augenwinkel und beugte sich anschließend über den Tisch.
"Amira. Amira dyali*" absichtlich senkte er die Tonlage seiner Stimme und somit legten sich seine Worte wie ein Schleier um meine Sinne. Ein Schauer lief mir den Rücken entlang.
Es war unglaublich, welch einen Einfluss er auf mich ausübte.
Ich merkte wie die Schamröte mir erneut in die Wangen stieg (immer noch vor Wut. -Wirklich.) und somit tat ich alles andere als ihn anzusehen und begutachtete stattdessen den hochwertigen Kronleuchter der das prachtvolle Restaurant in einem hellen jedoch angenehmen und warmen gelb-Ton tauchte. Wie kann ein bloßer Student sich solch einen Luxus erlauben? 

Stichwort Dönerbude, nie hatten wir gemeinsam einen Döner gegessen.. Dazu muss ich leider zugeben, dass wir auch gar nicht so oft gemeinsam essen waren.

Ungeduldig tippte er mit seinem Fuß, auf dem massiv wirkenden Holzboden. Ich ließ meinen Blick zur Theke schweifen.
Was die hier wohl an Umsatz erzielten? Der Laden war so ziemlich gut besucht und nach deren Kleidung zu urteilen, tja wie soll ich sagen? Nicht arm dran?!

Kleider machen Leute.

Ich sollte wieder anfangen, den Fokus auf meine Kleidung zu setzen. Ich lief rum wie ein Straßenmensch, nur eben gepflegter und nicht allzu sehr nach Abfall riechend. Eigentlich überhaupt nicht nach Abfall riechend, dank der neuen Bodylotion nach Kokos.

Wieso drückte ich mein Selbstbewusstsein so runter? Es war total egal, welche Kleidung ich trug.. ich sah immer gut aus. Punkt.
"Für die Dame den CousCous-Salat mit gegrilltem Thunfisch" ich hatte den Kellner gar nicht wahrgenommen, was ich jedoch wahrnahm, dass ich ihn völlig entgeistert ansah. Ich blinzelte abermals und schaute auf den Teller den er vor mir auf den Tisch stellte "Für den Herren den Tomaten-Fenchel Salat mit Hähnchenbruststreifen" 

Anouas musste sich von seiner Position trennen, denn er nahm mit seiner Haltung den halben Tisch in Anspruch. Er lehnte sich also zurück und starrte mich mit seinen bernsteinfarbenen Augen durchdringend an.

Selbst als der Kellner sich vorbeugte um den Teller von Anouas abzustellen, ließ er seinen Blick nicht von mir los.. kann es sogar sein.. dass er nicht einmal blinzelte? Krank.
Ich biss auf meine Lippe und schaute von seinem Teller zu ihm hoch und wieder zurück.
"Ist das Hähnchen hier überhaupt Helal?"
Zur Antwort nahm er sich die Gabel in die Hand, stach gezielt in den Salat, dementsprechend steckte ein Streifen Hähnchen an der Gabel dass er sich anschließend genüsslich in den Mund schob. Er seufzte zufrieden.
"Möge Allah t. Dir vergeben" sagte ich doch er ignorierte meine Aussage und aß weiter.
"Entschuldige dich" sagte ich schließlich.

"For what?!"

"Das weißt du ganz genau"

"Klär mich doch auf, Amira"

"Es gibt nichts zu klären, es hat sich ausgeklärt"

"Na dann"

"Na dann was?"

"Nichts"

"Anouas"

"Ja meine liebste" in geheuchelter Unschuld Hob er seine brauen

"Entschuldige dich"

"Es tut mir furchtbar leid, Amira Dyali" ich musste von meinem Salat nicht aufblicken um zu wissen dass sich ein Grinsen auf seinem Gesicht gebildet hatte.
"So das ganze noch einmal ohne den schwachsinnigen Quatsch am Ende und ein bisschen mehr ernst" ich hob den Blick und zog absichtlich eine Augenbraue in die Höhe, in der Hoffnung ein wenig heftig zu wirken?
Heftig? Falscher Begriff.
Lächerlich. Bing- Bing- Bingo!
Oh Gott, Sofia! Innerlich lachte ich mich selbst für mein Verhalten aus.
Er presste seine Lippen aufeinander und schien einen Moment lang nachzudenken, dann beugte sich erneut noch mal vor und sprach leise "Ich bitte wirklich um Verzeihung meine liebste" er zwinkerte mir zu und widmete sich wieder seinem Salat. 
Ich stieß die Gesamte Luft aus die sich in meinen Lungen befand und sah mir dann meine Mahlzeit genauer an.
Bekanntlich hieß es, das Auge isst mit.
Meine Herren, bei dem Anblick aß mehr als nur meine Auge mit.
Ich nahm das Messer und die Gabel in die Hände und war dabei den Thunfisch anzuschneiden, als urplötzlich ein lauter Knall ertönte. Kurz darauf folgte ein weiterer.
Das Besteck verließ meine Hände und gingen reflexartig in die Höhe um mir meine Ohren zuzuhalten. Ich war in letzter Zeit ziemlich empfindlich gegen Lärm, somit verursachte der Knall stechende Kopfschmerzen.
Vor Schmerz und vor Schreck schloss ich die Augen.
Ein weiterer Knall ertönte, ein weiterer Stich durchfuhr meinen Kopf.
Es tat so sehr weh, dass ich den Tränen nahe stand.
Auch wenn ich versuchte den Lärm mit den Händen zu dämpfen, erreichte mich der Klang von glas das in tausend teilen zu zersplittern schien. 

Und auch das Geschrei von Menschen erreichte mich.

Ich nahm jedes Geräusch wahr. Stühle die umgeworfen wurden, das scharren der massiven Tischen auf dem ebenso massivem Holzboden. Das würde Schleifspuren hinterlassen.
Schade drum, wirklich. Denn der Boden war echt schön.
Ich wollte meine Augen nicht öffnen. Selbst als sich Arme um mich legten und versuchten hochzuzerren, öffnete ich meine Augen nicht.
Eine vertraute Stimme redete auf mich ein, ich nahm die Worte wahr doch verstehen tat ich keins.

Ich wurde mühevoll auf die Beine gezerrt, endlich öffnete ich meine Augen, doch was ich erblickte ließ mich wünschen meine Augen nie geöffnet zu haben.


Amira* = Prinzessin
Dyali= Meins/Meine

Ich liebte dich, ich habe dich wirklich geliebt..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt