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"Ich wurde endlich entlassen" sagte Youssef.
"Wirklich vom Arzt die Freigabe erhalten oder bist du selber einfach Gegangen?" Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu.
"Ich wurde wirklich entlassen"
"Jetzt lass den armen jungen in Ruhe, er bekommt jetzt etwas vernünftiges zu essen" mischte sich meine Mutter ein.
"Mama du brauchst kein Essen machen, er muss etwas das Fasten üben. Wenn du ihn so bemutterst schafft er Ramadan nie"
"Üb du alleine, ich mache ihm jetzt was"
Youssef kicherte und ich schüttelte schnaubend den Kopf.
"Seit wann?" Fragte ich schließlich.
"Heute morgen" antwortete er knapp.
"Ehm, warst du überhaupt zu Hause?"
"Ja aber meine Mutter war nicht da, ist ja aber auch egal. Was machen wir heute?"
Er wurde soeben entlassen und wollte sofort etwas unternehmen?
"Bist du des Wahnsinns? Du musst dich ausruhen"
"Sofia mir fällt die Decke auf den kopf vor lauter ausruhen! Ich möchte mir jetzt die Beine etwas vertreten"
"Also gut, dann geh ich mich schnell fertig machen" sagte ich und lief ins Zimmer hoch.
Da es heute ein angenehmer Julitag war, wollte ich etwas lässiges und bequemes anziehen.
Ich entschied mich für eine hellblaue Highwaistjeans und dazu ein passendes kurzes weißes T-Shirt. Die Haare ließ ich offen. Ich schminkte mich etwas stärker nach und steckte mir Perlenohrringe an. Zufrieden ging ich runter und sah das Youssef bereits gegessen hatte. Der fühlte sich hier echt wie zu Hause. Ich schüttelte den Kopf und er hob unschuldig die Achseln.
"Komm wir fahren" forderte ich ihn zum gehen auf.
"Aber er hat doch kaum was gegessen" versuchte meine Mutter mich aufzuhalten.
"Ma! Hör auf ihn hier zu betätscheln. Das reicht jetzt" entgegnete ich genervt und lief in den Flur um mir meine Schuhe überzuziehen.
"Wenn deine Mutter mir was zu essen macht und sich um mich sorgt dann lass die doch!" Erklang Youssef hinter mir. Ich richtete mich auf und schaute genervt zu ihm hoch.
"Setz dich doch direkt auf ihren Schoß und lass dir die Flasche geben"
"Blabla, rede nicht. Wo ist überhaupt die Kette die ich dir geschenkt habe?" Reflexartig fasste ich mir an den Hals und merkte das ich sie nicht anhatte. Ein kurzer Schock, doch dann erinnerte ich mich wo ich sie hingelegt hatte.
"Im Badezimmer, wenn ich dusche lege ich die ab"
"Du weißt schon das es echtes Silber ist und die dann nicht rostet"
"Ja aber trotzdem habe ich Angst, das die irgendwie kaputt geht"
"Dann wird die eben repariert Sofia"
Ich stieß genervt die Luft aus und lief schnell hoch um sie zu holen. Als ich wieder an die Treppe angelangte hörte ich meine Mutter flüstern.
"Pass einfach auf sie auf ouldi und Vorallem pass auf dich selbst auf" waren die Worte meiner Mutter, ich hörte Youssef nicht antworten er musste wohl genickt haben. Ich lief runter und die beiden trennten sich rasch voneinander. Ich lief einfach die Tür hinaus zu meinem Auto.
"Ehe du was sagst Youssef, mit deinem kaputten Bein lass ich dich nicht fahren" warnte ich ihn als ich ins Auto stieg. Er ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und starrte genervt aus dem Fenster. Ich schloss meine Musik an und fuhr los.
"Kam noch irgendwas von Dilara?" Dilara ist die unsympathische Ex-Freundin die ihn im Krankenhaus besucht hatte.
"Ja"
"War sie noch mal bei dir??"
"Ja war sie"
"Und? Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen Youssef!!!"
"Sie schien anscheinend etwas Wind mitbekommen haben, wegen der ganzen Sache. Hat ihr besorgtes Gesicht aufgesetzt und mir angeboten sich etwas mehr um mich zu kümmern. Von wegen "Yes we can" und so eine scheiße.. Sie hat das so verpackt das ich die direkte Aussage kaum überhören konnte"
"Welche Aussage?"
"Wieder zusammen kommen"
Mein Herz zog sich zusammen.
"Und was hast du darauf geantwortet?" Ich musste mich sehr dazu zwingen, einigermaßen neutral zu klingen.
Er holte tief Luft bevor er weitersprach.
"Weißt du, wie sie da saß und mich ansah. Es kam mir fast vor wie damals, als sie wirklich noch naiv und unschuldig war. So rein. Ohne jeglichen Gedanken an Hinterhalt oder Neid.
Mehr Schein als sein. Es war nur dieser eine kleine Moment ehe ich sie rauswarf"
"Wie hat sie reagiert"
"Nicht gut, aber das spielt jetzt alles keine Rolle. Wieso fragst du?"
"Nur so.." Ich verstummte.
Ich wusste nicht wie es war in einer Beziehung zu sein, ich hatte keinen blassen Schimmer wie sich die Liebe zu einer anderen Person anfühlte. Ich hatte nie Gedanken an Beziehungen verschwendet. Während die ersten dabei waren sich Facebook-Accounts zu erstellen und mit Jungs in Kontakt zu treten, war ich dabei meine Barbies schweren Herzens wegzuschaffen. Ich hatte auch nie wirklich das Bedürfnis einen Jungen kennenzulernen.
"Stört dich das?" Riss mich Youssef aus meinen Gedanken.
"Mich stört was?"
"Mit Dilara das ganze"
"Stören nicht, ich verstehe nur nicht was sie von dir möchte bzw was das ganze soll.."
"Ich auch nicht"
"Hast du.. Hast du noch etwas Gefühle für sie?"
"Nein"
Ich nickte zur Antwort und konzentrierte mich wieder auf die Straße. Selbst wenn er Gefühle für sie hätte, dann wäre das halt so. Warum interessierte mich das so?
"Fahr direkt nach Venlo" sagte Youssef.
"Wenn du nicht viel laufen kannst dann sag bitte Bescheid. Wir haben überall die Möglichkeit uns hinzusetzen"
"Chill mal, das ist fast geheilt. Außerdem tut mir das bisschen laufen gut. Hast doch die Aussagen vom Arzt letztens gehört, du hübsche Begleitung" bei den letzten Worte hörte ich ihn grinsen.
"Einer von uns muss ja ein vernünftiges Äußeres haben und du hast es definitiv nicht" neckte ich ihn
"Egal brudi, dann ist das halt so. Ich gönns dir" lachte er.
Ich parkte und wir stiegen aus. Wir liefen durch die Stadt und unterhielten uns ein wenig. Wieder setzten wir uns auf unsere Stammbank.
Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen.
Plötzlich spürte ich etwas, an meinem Gesicht und ich riss die Augen erschrocken auf. Ich blickte auf den lachenden Youssef und dann auf die Rose die er in der Hand hielt.
"Woher hast du die? Ich habe mich erschrocken! Du idiot"
"Gekauft was denn sonst!?" Er hörte nicht auf zu lachen.
"Da will man etwas süß wirken und das klappt einfach bei einem Bauer wie dir nicht!" Fügte er hinzu.
"Ja klar klappt das nicht! Weil man damit nicht rechnet!"
"Du sollst ja damit auch nicht rechnen!"
"Ja aber ich dachte das wäre ein Insekt oder sowas" ich verschränkte beleidigt die Arme vor die Brust.
"Hör auf zu heulen man, denkst du ich würde dir das Insekt nicht aus dem Gesicht klatschen?"
Man Mund klappte nach unten.
"Das nächste mal nicht ins Krankenhaus sondern in die Anstalt mit dir!" Konterte ich.
Er kniff mich in die Wange und zog mich zu sich.
"In die Anstalt gehe ich nur wenn sich unsere Wege trennen sollten, dann wäre ich wirklich reif dafür" flüsterte er und legte dabei den Arm um mich. Ich schmiegte mich an ihn und entnahm ihm die Rose.
Es war wirklich süß. ER war süß..

Ich liebte dich, ich habe dich wirklich geliebt..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt