Begegnung in der Nacht Teil 1

1.7K 47 34
                                    

Angie lief spät abends in die Küche des Castillo Hauses. Sie konnte einfach nicht schlafen, ihre Gedanken überschlugen sich mal wieder! Es wurde alles immer komplizierter. Die blonde Frau wusste, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis die Wahrheit ans Licht kam...

Vielleicht würde ein dampfender Tee es schaffen, die junge Frau auf andere Gedanken zu bringen und sie zu beruhigen.

"Germán!" Angie stieß den Namen ihres Schwagers verwundert aus. Offenbar war sie nicht die einzige, die auf die Idee eines nächtlichen Ausflugs in die Küche gekommen war. "Angie." Germán schien nicht minder überrascht, die Hauslehrerin seiner Tochter hier vorzufinden. 

"Können Sie etwa auch nicht schlafen?", erkundigte sich Angie und trat näher auf Germán zu. Dieser stand vor dem offenen Kühlschrank und holte gerade eine Packung heraus. "Nein, ich wollte nur ein Glas Milch trinken.", klärte er auf und stellte die Milch neben das Glas auf die Kücheninsel. "Möchten Sie auch?", fragte Germán, während er sich einschenkte. "Nein, vielen Dank." Angie betrachtete ihren Schwager genauer. Er wirkte irgendwie... nachdenklich. "Ist irgendwas?"

Germán sah sie an. "Ich mache mir Sorgen. Ich mache mir wirklich große Sorgen, weil Violetta auf einmal ihre Großmutter und ihre Tante kennenlernen will. Das bedrückt mich.", erzählte der große Mann ganz offen. Angie musste aufpassen, nicht aufzulachen. Welch' Ironie! Sie war mit dem Ziel in die Küche gekommen, genau solche Gedanken hinter sich zu lassen. Es handelte sich anscheinend um das gleiche Thema, was sowohl ihrem Schwager als auch ihr den Schlaf raubte.

"Ja, aber irgendwann werden Sie mit ihr darüber sprechen müssen, oder?", erwiderte Angie und wartete gespannt auf seine Antwort. "Ja. Offensichtlich war es nicht die richtige Art, wie ich bisher damit umgegangen bin.", gestand Germán sich ein. Ihm fiel es sichtlich schwer dies zuzugeben und Angie wusste, wie lange er für diese Erkenntnis mit sich gerungen haben musste. "Aber Sie können doch diesen Fehler einfach wieder gut machen.", meinte Angie zuversichtlich. Sie selbst würde dann zwar auffliegen, aber es gebe endlich keine Geheimnisse mehr und die blonde Frau müsste sich nicht Tag für Tag hinter einer neuen Lüge verstecken. Auch wenn das bedeutete, dass Germán sie wahrscheinlich hassen würde...

"Mhm. Vielleicht kontaktiere ich ihre Großmutter und ihre Tante. Oder?" Der große Mann sah sie unsicher an. "Das wäre sicher das beste." Angie konnte erkennen, dass er eine Zustimmung ihrerseits wollte. Sie konnte sich vorstellen, wie viel Überwindung es ihn kosten würde, gesagtes auch zu tun. Andererseits kannte er die Tante seiner Tochter bereits. Er musste sie eigentlich gar nicht kontaktieren, sie stand in diesem Moment genau vor ihm!

Angie zog eine Grimasse. Wenn es nicht so frustrierend wäre, würde sie über diese Tatsache fast lachen. "Mhhh." Zu mehr Worten war die blonde Frau nicht in der Lage, jedoch wackelte sie stattdessen zustimmend mit dem Kopf... Sie selbst merkte, wie komisch das aussehen musste. Aber was sollte sie denn groß sagen? Angie wusste ebenfalls nicht, ob das alles so eine gute Idee war. Natürlich war es nur richtig, mit Großmutter und Tante Kontakt aufnehmen zu wollen. Es bedeutete allerdings auch, dass Germán Angie für ihre Lüge unter Umständen nie verzeihen und im schlimmsten Fall als Trotzreaktion mit Violetta wieder das Land verlassen würde.

"Ist irgendwas?" Germán war selbstverständlich aufgefallen, wie merkwürdig Angie sich auf die, eigentlich so einfach zu beantwortende, Frage hin verhielt. "Nein.", wehrte sie ab und zwang sich, endlich wieder normal zu schauen. "Warum gucken Sie dann so?" Na toll! Weil ich die Tante bin, die kontaktiert werden soll!?

"Nein, was heißt so?", fragte Angie ihrerseits, woraufhin Germán lächelte. "Eben so." "Nein." Sie hatte sein Interesse geweckt, keine Frage. "Sagen Sie mir doch, was Sie gedacht haben!" Angie überlegte fieberhaft, was sie sagen könnte. "Nein, nein, ich weiß nicht." Sehr intelligente Antwort, wirklich gut gemacht! "Sagen Sie's.", bat Germán, während Angie den Entschluss traf, einfach zu gehen. "Das sind Dinge, um die Sie sich keine Sorgen machen müssen, weil Sie sie ohnehin nicht lösen können." Wenn sie weglaufen würde, müsste sie Germán keine Erklärung liefern. Das konnte sie in letzter Zeit sowieso am besten. Vor allem und jedem davonlaufen. Wie vor ihren Gefühlen...

Germangie - OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt