Wenige Minuten nach ihrem Telefonat klopfte es zweimal an der Zimmertür und Angie erhob sich langsam von ihrem Bett. Warum war sie auf einmal so schrecklich nervös? Warum musste ihr Herz bei dem Gedanken daran, ungestört Zeit mit Germán zu verbringen, jedes Mal so schnell schlagen?
Über sich selbst den Kopf schüttelnd öffnete Angie die schwere Holztür und blickte augenblicklich in ein Paar strahlender brauner Augen. Die blonde Frau ergriff ein unergründliches Glücksgefühl und unwillkürlich lächelte sie ihn glücklich an. "Hey." Ihr Schwager erwiderte das Lächeln sofort. "Hallo Angie." Sie trat zur Seite, damit Germán mit seinen großen Koffern den Raum betreten konnte und sich zunächst einmal umsehen.
Vor ihm an der Wand stand ein kleiner, runder Holztisch mit zwei Stühlen an jeder Seite und dahinter befand sich ein großes Fenster mit weißen und grauen vorhängen. Zu Germáns linker Seite befand sich das Doppelbett mit einem Nachttisch an jeder Seite und wenn er den Kopf noch weiter nach links wandte, erkannte er den großen Kleiderschrank, der links neben der Zimmertür stand. Auf der rechten Seite gab es noch einen kleinen Schreibtisch, auf welchem Angie bereits unzählige Unterlagen und Notizen bezüglich der großen Show liegen hatte, sowie eine Tür, die wohl ins Badezimmer führte.
"Sieht schön aus.", kommentierte der große Mann, "Auf jeden Fall geräumiger als die Abstellkammer." "Und du musst hier gar nicht gebückt gehen, um reinzukommen.", erinnerte sich Angie an seine Beschreibung. Germán lachte kurz auf: "Mein Rücken bedankt sich jetzt schon bei dir." Dann drehte er sich wieder gänzlich zu seiner Schwägerin um und sie musste erneut dagegen ankämpfen, nicht in seinen dunklen Augen zu versinken. "Es ist wirklich lieb von dir, dass ich hier bleiben darf. Ich gebe mir auch größte Mühe, ein guter Zimmergenosse zu sein."
"Keine Ursache, du kannst für dieses Missgeschick ja genauso wenig. Ich war vorhin einfach zu überfordert, um in Ruhe darüber nachzudenken. Wir werden das schon hinbekommen.", stimmte auch Angie für ein entspanntes Zusammenleben für die nächsten Tage. "Möchtest du eigentlich, dass ich den Manager nach einem Klappbett frage?", erkundigte sich Germán dann, "Wenn du nicht willst, dass wir in einem Bett schlafen, kann ich das natürlich verstehen." Auf die Wangen der blonden Frau schlich sich natürlich sogleich eine leichte Röte. Einen Teufel würde sie tun, diese Gelegenheit nicht auszunutzen! Wenn sie ihn schon zu sich holte, dann komplett mit allem drum und dran. Sie würde zusammen mit Germán in einem Bett schlafen!
"Nein, musst du nicht. Wenn wir schon im gleichen Zimmer leben, werden wir es auch schaffen, uns ein Bett zu teilen." Angie versuchte sich ihre Aufregung nicht anmerken zu lassen. Wie oft hatte sie sich schon ausgemalt, mit Germán zusammen in einem Bett zu liegen! In keinem ihrer erdachten Szenarien passierte es allerdings aufgrund eines Hotelfehlers.
Die nächsten Minuten verbrachte Germán nun erstmal damit, seine Kleidungsstücke aus den Koffern in den Schrank zu räumen. Angie lag währenddessen auf dem Bett und gab vor, an ihrem Handy herumzuspielen und irgendwelche Nachrichten zu lesen.
In Wirklichkeit aber heftete sich ihr Blick beinahe ausschließlich auf ihren Schwager. Sie konnte gar nicht anders, als ihn zu beobachten. Und immer wieder stellte sie sich die gleiche Frage: Warum hatte er sie daheim in Argentinien nicht einfach geküsst? Er hatte sich von Priscilla getrennt und wusste, dass Angie etwas für ihn empfand. Was hinderte ihn also noch? So feige konnte ein Mensch doch gar nicht sein! Germán könnte ein für alle mal glücklich sein... Sie beide könnten das, miteinander.
"Ähm, Angie?" Germáns tiefe Stimme riss die junge Frau aus ihren Gedanken. Hoffentlich hatte sie ihn nicht allzu auffällig angestarrt! "Ja?" "Ich bin fertig mit Einräumen. Ich würde schnell duschen gehen, wenn du gerade nicht ins Badezimmer musst." Er lächelte sie beinahe schüchtern an, woraufhin Angies Herz einen großen Satz machte. Ihr Schwager bemühte sich sichtlich, ihr nicht zur Last zu fallen und verhielt sich wirklich zuvorkommend. Dies trug allerdings nicht gerade wenig dazu bei, ihn nur noch anziehender zu finden. "Geh ruhig, ich war schon." Germán griff daraufhin nach Handtuch und Shampoo und zwinkerte fröhlich in ihre Richtung: "Dann bis gleich."