Dein und mein Herz

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"Angie, was ist los, was ist? Spionierst du mir jetzt nach?" Angie hätte sich selbst ohrfeigen können. Was musste sie auch stehen bleiben und ihren Traummann dabei anstarren, wie er seinen perfekt sitzenden Anzug für seine Hochzeit mit einer anderen Frau anprobiert? Sie hätte schnellstmöglich das Haus verlassen können und doch hatte sie es nicht getan. Germán sah in diesem Anzug aber auch verboten gut aus!

Nur schwer löste sich Angie von seinem Anblick. "Ja, aber ich wollte gerade gehen." Das sollte sie wirklich dringend. Der Anzug war der perfekte Beweis dafür, dass Germán niemals ihr gehören würde. Er würde Priscilla heiraten. Und das schon morgen. "Hey, bist du traurig?", erklang allerdings Germáns dunkle Stimme, bevor die blonde Frau sich abwenden konnte. Na super! Schlimm genug, dass sie sich wieder einmal furchtbar fühlte, aber jetzt hatte ihr Schwager es ihr auch noch angesehen. "Angie, was ist los? Ich muss es wissen."

Warum interessierte ihn das? Angie sah ihn einen Moment verbittert an. Wenn er sich wirklich um sie kümmerte, warum konnte er dann nicht sehen, dass er der Grund für ihren verletzten Blick war?

"Ernsthaft? Du willst die Wahrheit wissen?", meldete sich Angie daher prompt zu Wort. Sollte er doch wissen, was sie schon seit Tagen so traurig machte. Sollte er doch wissen, dass sie es wegen ihm war! "Ich denke bloß daran, dass ich gerne diejenige wäre, die dich begleitet, wenn du diesen Anzug trägst." Angie sah ihm fest in die braunen Augen. Sie hatte ihn mit ihren ehrlichen Worten überrascht, das war unverkennbar. Aber es tat gut, einmal offen ihre Gefühle ausgesprochen zu haben.

Germán seinerseits war völlig überfordert. "Ehh, Angie, ich weiß nicht, was..." "Nein, nicht nötig, dass du was sagst.", unterbrach Angie ihn sogleich. Es war wirklich nicht nötig. Sie wollte es ihm lediglich gesagt gehabt haben, bevor es zu spät war und sie es nicht mehr konnte. "Morgen feierst du deinen Liebesbund mit Priscilla, das sagt schon alles. Ich hoffe, dass ihr mehr als glücklich werdet." Es war die Wahrheit. Natürlich träumte sie davon, mit Germán zusammen zu sein, doch sie liebte ihn zu sehr, als dass sie ihm sein Glück nicht gönnen würde. "Und... und sei unbesorgt. Ich werde nie wieder so mit dir reden. Nie mehr." Stattdessen würde Angie weiterhin, wann immer sie allein war, weinen und über ihre hoffnungslose Liebe trauern, aber das musste ihr Schwager nun wirklich nicht erfahren.

"Äh, ich... ich versteh nicht. Wieso sagst du das jetzt?" Die blonde Frau hielt es nicht aus, in seine dunklen Augen zu sehen, während er ihre Gefühle für ihn nicht hören wollte und doch konnte Angie den Blick nicht lösen. "Warum ich dir das jetzt sage? Du wolltest doch, dass ich dir die Wahrheit sage, oder etwa nicht!? Wenn es was gibt, was ich gelernt habe, dann nicht zu verschweigen, was ich fühle. Ich muss immerzu daran denken, wie es hätte sein können, wenn ich dir früh genug die Wahrheit gesagt hätte." Angie bereute es. Tag für Tag und Nacht für Nacht. Natürlich hatte sie keine Gewissheit, aber sie stellte sich immer wieder vor, wie es hätte anders ausgehen können. Sie hätte dazu einzig und allein ehrlich sein müssen.

Diesen Fehler würde die blonde Frau nicht noch einmal begehen. Wobei ihr Schwager aktuell nicht unbedingt den Anschein machte, als würde er mit ihrer Aufrichtigkeit so wirklich klarkommen. "Ich kann es einfach nicht glauben. Ich kann nicht glauben, wie du dich getäuscht hast, mit Jade und mit Esmeralda."

"Bitte, Angie." Jetzt wurde es Germán Zuviel. Er wollte es nicht hören. Er wollte nicht hören, dass seine Schwägerin ihn trotz all seiner Fehler und Lügen noch immer liebte und er nichtsdestotrotz eine andere Frau heiratete. "Sprich nicht weiter." Angie seufzte frustriert auf. Er wäre mit seiner Tochter fast aus dem Land geflohen, weil sie ihn angelogen hatte, aber die Wahrheit wollte er genauso wenig hören! Konnte sich dieser Mann auch mal entscheiden?

"Ich spreche doch gar nicht.", rechtfertigte sich Angie und war erstaunt, wie einfach ihr es fiel, so ehrlich mit ihrem Schwager zu sprechen. "Was hier spricht, ist mein Herz und weißt du, was das Problem ist? Dass dein Herz meinem zuhört."

Germangie - OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt