PoV Mia:
Er wollte nichts von mir. Es war einfach nur ein Ausrutscher. Ich habe ihn gezwungen Til etwas vorzuspielen und das hat er letztendlich auch getan mit dem Unterschied, dass er mir dabei auch etwas vorgespielt hatte. Es erschütterte mich, dass ich sogar mit dem Gedanken gespielt hatte mich von ihm entjungfern zu lassen. Ich war so naiv mir etwas darauf einzubilden und die Quittung bekam ich doppelt und dreifach zurück.
Ich warf Vincent noch einen bösen Blick hinterher, als er sich schon mal an die Arbeit machte. „Was läuft da zwischen euch?" Wenn ich das nur wüsste... Ich zuckte mit den Schultern und machte mich dann ebenfalls an die Arbeit.
Ich ließ mich im Aufenthaltsraum aufs Sofa plumpsen. Heute waren besonders viele Gäste da gewesen. Ich tupfte mir den Schweiß von der Stirn und begutachtete meine Flecken auf der Bluse. Die würde ich wohl nie wieder sauber bekommen. Stöhnend lehnte ich mich an die Rückenlehne. Ich schloss die Augen, jedoch nur für einen kurzen Moment. Ich hörte wie die Tür aufgerissen wurde und öffnete meine Augen blitzartig. Das erste was ich erblickte war Vincent. An sich wäre es kein Problem gewesen, wenn er sich nicht gerade die Knöpfe des Hemdes aufgerissen und dabei so unglaublich verführerisch ausgesehen hätte. „Stalkst du mich schon wieder?" fragte er mit einem verschmitztem Grinsen im Gesicht. Ich wusste, dass er es nicht ernst meinte. Trotzdem guckte ich verlegen weg. Ich konnte nichts für die Anziehungskraft, die von ihm ausging. Ist er nicht heiß? Flüsterten die Stimmen in meinem Kopf. Nein. Ich darf ihn nicht heiß finden! Kämpfte ich dagegen an. Er interessiert sich ja nicht mal richtig für mich.
Er zog sich nur seine Lederjacke über den nackten Oberkörper. Sein Hemd schmiss er einfach in den Müll. Es war wahrscheinlich genauso schmutzig wie meins. Er ging durch die Hintertür zum Parkplatz. Ich trottete ihm einfach, so müde und erschöpft wie ich war, nach.
Vincent saß lässig wie immer am Steuer und lenkte das Auto gekonnt durch die Straßen. Kleine Lichtpunkte von Laternen und beleuchtete Zimmer in Häusern zogen an mir vorbei. Ich knibbelte nervös an meinen Fingern rum. Wie ich das hasste! Aber ich konnte es einfach nicht abstellen. Am liebsten hätte ich ihn gefragt, warum er es bereute mit mir rumgemacht zu haben. Aber ich wollte nicht, dass er sich dann Gedanken darüber machte warum es mich so runterzog und erst recht nicht, dass er wusste was ich für ihn empfand. Es würde das ganze nur unnötig kompliziert machen. Schließlich wusste ich ja wie er zu mir stand.
PoV Vincent:
Sie redete nicht und sie knibbelte ständig an ihren Fingern herum. Die Erkenntnis ließ nicht lange auf sich warten. Irgendetwas war entweder mit mir oder mit diesem bescheuerten Ben. „Ist irgendetwas?" wortlos schüttelte sie den Kopf wobei ihre welligen Haare leicht wippten. „Ich geh noch zu Emely" verkündete sie als ich den Wagen auf den Parkplatz vor ihrer Wohnung lenkte. Sie suchte auf jeden Fall Abstand vor mir.
Ich betrat ihre Wohnung allein, bekam jedoch direkt einen halben Herzinfarkt als ich jemanden auf der Couch sitzen sah. „Wo ist Mia?" Er saß mit einem Glas Wasser seelenruhig da. Als würde er genauso hier wohnen wie ich es momentan tat. Seine Arme hatte er auf den Knien abgestützt. Er trainierte, das sah man ihm an. In mir keimte die Frage auf, woher Mia diese ganzen Kerle kannte. „Wer bist du?" Ich stand wie ein Vollidiot mitten im Raum und wusste partout nicht was ich mit mir anfangen sollte. „Die Frage müsste ich eher dir stellen. Ich bin Jakob. Kumpel von Mia." Die imaginäre Glühbirne über meinem Kopf fing nach einer Zeit endlich an zu leuchten. Das also war der schwule Jakob. Er sah nicht annähernd schwul aus. „Vincent. Nett dich kennen zu lernen. Hab schon von dir gehört." Sagte ich zögerlich. Ich war beruhigt, dass es kein Einbrecher war, der da auf der Couch saß. Ich öffnete die Balkontür. Was ich jetzt brauchte war eine Zigarette. Dieser Tag war einfach nur Scheiße. Erst diesen Mist heute Morgen mit Mia. Dann dieser Ben und überhaupt die vielen Gäste im Restaurant und jetzt das hier. „Und wo ist Mia jetzt?" fragte der Typ nochmal. Ich deutete auf den Boden um ihm zu signalisieren, dass sie in der Wohnung unter uns ist aber er schnallte natürlich nichts. „Bei Emely. Aber ich glaub die wollen allein sein. Was willst du überhaupt hier?" Ich stieß den Rauch in die Dunkelheit. „Ich wollte mit ihr reden, weil wir Freunde sind." Ich konnte mir ein sarkastisches Schnauben nicht verkneifen. Was ein Klischee: Wir trennen uns aber wir müssen unbedingt Freunde bleiben. „Sie hasst Raucher." Jakob fing an mich zu nerven. Es war mir egal ob sie Raucher hasst oder nicht. „Dafür hat sie mit dem Raucher aber ganz schon wild rumgeknutscht." Mir war auf einmal danach ihn zu provozieren. Ich lächelte triumphierend. Meine Worte erbrachten die gewollte Wirkung und er wurde wütend. „Pass auf was du sagst. Du denkst doch nicht, dass ich dir glaube oder?" Während unserer Streiterei hatten wir beide nicht gemerkt wie die Tür offen stand und Mia fassungslos zwischen uns beiden hin und her sah. „Sag mir, dass er dir nichts erzählt hat." Wütend blinzelte sie mich an. Jakob guckte schuldbewusst. „Also stimmt es." Erfasste er. „Ich wusste ja nicht, dass es ein Geheimnis ist." Ihr Blick sagte mir, dass ich etwas Falsches gesagt hatte. „Aber du hast ihm doch nicht erzählt, dass...?" fragte sie diesmal an Jakob gewandt. Ich verstand nichts mehr. Wovon redete sie? Jakob schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, dass ich es nie mit dir konnte. Dann hättest du diese Probleme jetzt nicht." Schlagartig wurde mir alles klar. „Du bist noch Jungfrau." Platze es aus mir heraus. Sie wurde so rot, wie ich sie noch nie gesehen habe. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Raus!" schrei sie mit erstickter Stimme.
Jakob warf ihr, während er ging, einen tut-mir-leid-Blick zu. Ich blieb wo ich war. Wo sollte ich denn auch hingehen? Ihr rollten ein paar Tränen die Wangen runter. Langsam ging ich auf sie zu und umarmte sie. Sie kämpfte gegen meine Umarmung an aber ich hielt sie fest und drückte sie, so sanft wie es in dem Moment ging, an mich. Irgendwann gab sie es auf und weinte sich an meiner immer noch nackten Brust aus. Im Stehen wiegte ich sie langsam hin und her bis sie sich wieder beruhigt hatte. „Du musst mich für total verklemmt halten." Schniefte sie. Es stimmte zwar, dass ich sie manchmal für verklemmt gehalten hatte aber so wie sie es ausdrückte habe ich es noch nie empfunden. Ich strich ihr sanft den Rücken runter. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie bei den ganzen Typen noch Jungfrau war. „Nein. Du bist nicht verklemmt." Auch wenn es nicht die ganz die Wahrheit war, sagte ich es. Ihre großen Augen musterten mein Gesicht. Ich spiegelte mich in ihrer Iris. Ihre kleinen Hände berührten meine Brust. Die Berührung machte mich fast verrückt. Ihr Mund war leicht geöffnet und ihr Blick war trotz der roten Augen so unglaublich heiß.
Zum ersten Mal in meinem Leben war ich mir unsicher. Ich wusste nicht, ob ich sie küssen sollte oder nicht. Ich entschied mich dagegen und hielt sie stattdessen einfach nur in meinen Armen. Irgendwann löste sie sich von mir und verschwand in ihrem Schlafzimmer. Ich nahm ihr das nicht übel. Ich wusste, dass sie jetzt ihre Ruhe brauchte. Und ich brauchte auch meine Ruhe. Es war sowieso schon spät, weshalb ich mich auf die Couch legte. Ich dachte noch einmal nach, erinnerte mich daran, wie ich sie geküsst hatte. Mir wurde bewusst, warum sie abgeblockt hatte. Diese Gedanken machten mich durcheinander. Sie machte mich durcheinander. Der Gedanke, ob ich sie küssen sollte oder nicht machte mich durcheinander. Und mit diesem Durcheinander in meinem Hirn schlief ich ein.
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It's you that I've been waiting to find
Teen Fiction"Ich bin schwul". Dadurch änderte sich alles in Mias Leben. Sie verliert ihren Freund und ihre Freundin ist auch keine besonders gute Hilfe, wenn es darum geht sie abzulenken. In einer dunklen Nacht trifft sie durch einen Zufall auf Vincent, der ih...