10

842 51 4
                                    

„Bereit?" Ich schnappte mir das Schwert, das sich kalt in meine Handfläche schmiegte und nickte mutig. Jojen, Sam, wie der Mann, der mich zugetextet hatte und ich standen in unserem kleinen Zelt und waren bereit, alles mögliche zu tun, Sams Bruder und Jojens Körper zu retten. Dass es beinahe Selbstmord war und total gefährlich, wussten wir, doch was hatten wir denn nur für eine Wahl? Wir würde alle als Geiseln hier gefangen genommen werden und den Rest unseres Lebens hier für sie schuften müssen. Dazu wären Sams Bruder und Jojens Körper auch tot und Jojen wäre für immer in meinem Schattenwolf gefangen. Unser Plan war zwar noch nicht der Beste, aber dennoch war ich dafür, dass wir kaum Zeit hatten, ziemlich stolz auf unseren Plan. Ich würde als Erstes probieren, Jojen zu befreien und dabei so gut es ging mit dem Schwert kämpfen. Natürlich würde ich nicht wirklich weit kommen, an dieser Stelle kam Jojen ins Spiel, er würde sich bei dem Wächter im Arm verbeißen und nicht mehr loslassen. Das war die Zeit für Sam, zu reagieren, er hatte nicht viel Zeit. Wir mussten den Überraschungseffekt für uns nutzen. Wenn dann die anderen Wachen kommen würden, konnten wir nur hoffen, dass unsere Ritter reagierten und uns helfen würden. Mit ganz viel Glück und einigen Opfern könnten wir es schaffen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, so etwas Riskantes hatte ich noch nie in meinem Leben unternommen. „Kommt, lasst uns gehen!" Sam trat aus dem Zelt, somit hatte ich ein paar Sekunden, um meine ungeteilte Aufmerksamkeit Jojen zu widmen. Ich kniete mich vor ihn hin und legte meine Hand auf seinen Kopf, um ihn zu streicheln. „Wir werden deinen Körper retten, hörst du, das verspreche ich dir. Jojen, ich liebe dich, okay. Nichts und niemand kann mich dazu bringen, dich nicht mehr zu lieben!" Jojen kam mir näher, er schmiegte sich mit seinem cremefarbenen Fell ganz eng an mich, er kuschelte seinen Kopf an meinen Hals und schmiss mich mit seinem robusten Körperbau fast um. Mit einem klopfendem Herzen legte ich meine Hand um seinen Bauch, um ihn zu kraulen. Okay, das würde ich vermissen, ihm einfach immer und überall so nahe sein zu können, da niemand bei einem Schattenwolf dachte, dass er mein Freund war. „Kommst du jetzt endlich? Es wird bald hell!" Sam streckte seinen Kopf ins Zelt und ich folgte ihm stöhnend auf dem Zelt. Nun wurde es ernst! Meine Hand schloss sich um den Griff des Schwertes und ich hielt es fest. Es war momentan mein einziger Schutz. Ängstlich schritt ich auf den Scheiterhaufen zu, auf dem die Geiseln angebunden waren. Bei meinem Anblick, rissen sie die Augen weit auf, voller Panik. Doch als ich näher kam, beruhigten sie sich wieder, wohl erkannten die mittlerweile, dass ich keine Bedrohung war. Die Wache hatte hatte sich vor Sams Bruder an den Baumstamm gelehnt und war auch nur halb anwesend, sein rechtes Auge war geschlossen und sein linkes blickte unkontrolliert in der Gegend herum. Leise tapste ich auf Jojens Körper zu. Mein Herz hämmerte so schnell, dass ich Angst hätte, dass man es hören könnte. Ich liebte Jojen einfach so sehr, dass ich momentan einfach total angespannt war. Als ich die ersten Schritte über den Scheiterhaufen auf ihn zulief, überkam mich eine Gänsehaut voller Angst, denn die kleinen Äste knackten unter meinen Füßen. Schnell kämpfte ich mich vorwärts, damit es nicht so lange knackte. Mein Schwert in Angriffsbereitschaft fing ich an, Jojens Seil zu durchtrennen. Ganz langsam und vorsichtig, um ihn nicht zu verletzen und effiktiv zu arbeiten. Das braune Seil wurde dünner, immer dünner. Schnell musste ich Jojens Arm um meinen Hals legen, damir er nicht auf den Boden plumpste, wenn das Seil vollkommen durchgeschnitten war. In dieser Sekunde, in der ich ihn berührte, durchzuckte es mich wie bei einem Stromstoß. Er war es wirklich unglaublich, dass er wirklich wieder hier war. Ich hatte damit gerechnet, dass ich ihn Monate, vielleicht sogar Jahre nicht mehr sehen würde, nie wieder in seinen schokoladenbraunen Augen blicken könnte. Ihn jetzt hier halten zu können, glich beinahe einem Wunder, es war kaum zu glauben. Er war tatsächlich hier, es war einfach wunderbar. Ich liebte ihn einfach, das war nicht abzustreiten. Falls wir es tatsächlich schaffen würden, ihn von hier loszubekommen, könnte Jojen wieder in seinen wahren Körper zurückkehren und ich musste nicht mehr seine Zunge auf meiner Wange spüren und mich nicht mehr mit Jaulen und Knurren als einziges Kommunikationsmittel zufrieden geben. Ich könnte ihn wieder in meine Arme schließen, seinen Duft einatmen und meine Lippen auf seine legen, endlich wieder diese Schmetterlinge spüren. Mittlerweile hatte ich ihn vollkommen vom Baumstamm entfernt, sein ganzes Gewicht lag nun auf mir, was mich fast zu Grunde streckte, denn er war echt sehr schwer. Torkelnd machte ich ein paar Schritte rückwärts, doch ich dummes Mädchen hatte natürlich nicht damit gerechnet, dass die Äste unter mir nun laut knacken würden. „Guten Tag, Mylady, dachten Sie etwa, dass ich nicht bemerke, dass Sie eine Geisel losschneiden? Ich schätze, Sie sind lebensmüde, denn Sie werden nun auch verbrannt werden. Gut gemacht!" Der Wächter packte mich im Würgegriff, sodass ich keine Luft mehr bekam. Die Luft wich mir aus den Lungen und ich strampelte kraftlos, ohne die Chance, mich auch nur retten zu können. Ich bekomme keine Luft mehr! „Jojen! ... Fass!", japste ich, während ich versuchte, meinen Fuß in die Weichteile des Mannes zu treffen, um mich zu befreien. Doch er war zu stark, sein Würgegriff wurde immer stärker, bis ich beinahe das Bewusstsein verlor. Ich sah schwarze Flecken vor meinen Augen und bekam Panik, dass ich das Bewusstsein verlor. Auf einmal löste sich der Druck um meinen Hals, seine Hand klappte nach unten, was ich sofort ausnutzte, um mich auf den Boden fallen zu lassen. Japsend sah ich Jojen, der sich im Handgelenk des Mannes verbissen hatte und nicht mehr losließ. Blut lief aus der Wunde um Jojens Maul, der Mann konnte nichts unternehmen, da er ihn so fest im Griff hatte. Es sah so aus, als könnte Jojen ihn wirklich besiegen, doch bevor ich mir da ganz sicher war, holte der Mann aus und trat Jojen in den Magen, der sich jaulend und winselnd auf dem Boden krümmte. „Nein!", schrie ich aus Leibeskräften, doch der Mann trat wider meines Erwarten nicht weiter auf ihn ein. Er tat etwas viel Schlimmeres. Er schnappte sich Jojens Körper und hielt ihm lächelnd, mit gebleckten Zähnen, mit dem Arm, aus dem noch das Blut tropfte, eine rostige Klinge an den Hals.

Fremde Augen (Game of Thrones/ Jojen Reed)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt