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Heute war der große Tag des Auftrittes gekommen, der Tag, an dem die Hochzeit von Tommen Baratheon und Margaery Tyrell stattfinden sollte. Alle waren in heller Aufregung, natürlich waren manche Leute auch äußerst angespannt, da sie an das dachten, was auf der letzten Hochzeit passiert war, doch heute würde das nicht passierten. Der Mörder von Joffrey wurde zwar immer noch nicht geschnappt, doch ich wusste, dass ich von Wachen bewacht wurde und Jojen immer an meiner Seite war, also musste ich mir keine Sorgen darüber machen, dass mir etwas geschehen würde. Einige Leute hier warfen mir dennoch sehr eigenartige Blicke zu, mit denen sie wohl so viel ausdrücken wollten, dass ich die Mörderin wäre und sie es nicht glauben könnten, dass sie mich auf freiem Fuß, geschweige denn hier vor vielen Leute auftreten ließen. Ich war ja so gefährlich, ich hatte ja schon Angst vor mir selbst. Als ich Lea letztens die ersten Schritte des langsamen Walzers gezeigt hatte, hatte sie sich dazu entschieden, sich einen Tanzpartner zu suchen und bei dem heutigen Auftritt auch zu uns zu stoßen. Das freute mich sehr, denn sie war, meiner Meinung nach, eine sehr gute Tänzerin und hatte es verdient, bei einer so wichtigen Sache auftreten zu dürfen. Wir alle standen nun einige Meter abseits der Bühne auf den Treppenstufen und warteten darauf, dass der König seine Rede beenden würde und wir dazu aufgerufen würden, mit unserem Auftritt zu beginnen. Ich war schon total aufgeregt, so etwas geschah einem schließlich nicht jeden Tag, ich hatte sogar noch das Glück, dass Jojen diesen Moment mit mir teilte. Er würde einfach unvergesslich werden, für mich und für alle anderen würde er ein Teil des heutigen Tages sein, der in die Geschichte eingehen würde. Tommen war sicherlich der jüngste König seit einer sehr langen Zeit, wenn nicht überhaupt der jüngste seit es Könige gab. Und dann noch eine Tyrell als Königin, eigentlich würde ich mich ja für Margaery freuen, doch seit dem, was sie bei meinem Gerichtsprozess getan hatte, hatte ich ein sehr schlechtes, angespanntes Verhältnis zu ihr. Ich vertraute ihr gar nicht mehr, denn sie hatte mein Leben so gut wie in der Hand gehabt und hatte es nicht gerettet. Das war keine Freundschaft. „Hey, Lealy, gleich geht es los! Verwirf alle Gedanken und konzentriere dich!" Lea rüttelte mich an den Schulter und wedelte lächelnd mit ihrer Hand vor meinen Augen. Sie hatte recht, ich konnte es nun nicht mehr ändern, Margaery war für mich passé und ich musste mich auf den Walzer vorbereiten. „Du wirst es perfekt hinkriegen, das weiß ich", sagte Jojen und lächelte mich voller Liebe an. Ich wurde ganz rot, wegen meiner Liebe. „Ich habe auch den besten Tanzpartner der Welt", gab ich zurück. „Übertreib nicht", gab er zurück, doch ich sah genau, wie sich wieder diese perfekten, süßen Grübchen um seine Mundwinkel bildeten, die ich so sehr liebte. Schon war es so weit, wir wurden aufgerufen. „Viel Glück!" Lea lächelte mich an und ich gab es zurück: „Dir auch viel Glück!" Ich griff nach Jojens Hand und wollte mit ihm loslaufen, als er mich auf einmal anhielt, mich am Handgelenk zurückzog und mich intensiv küsste. Wir hätten eigentlich gar keine Zeit für diesen Kuss, doch vielleicht war ds genau das, was ihn so wertvoll machte. Wir nahmen uns die Zeit, vor so einer wichtigen Sache noch einmal für uns dazusein und uns zu zeigen, dass wir uns liebten. Seine Lippen schmeckten nach dem Schokoladenkuchen, den wir vorhin verspeist hatten, süß und herrlich. Ich versank in meiner eigenen Welt, all die Aufregung war verflogen, während er mich hielt und küsste. Über nichts machte ich mir Sorgen, einzig und allein seine Lippen zählten. „Nun, los! Wir schaffen das!" Jojen und ich folgten den anderen breit grinsend und stellten uns in Position, als die Musik angefangen wurde, zu spielen. Ich bewegte meinen Schritt links nach hinten und reihte die anderen Schritte hintendran. Wir hatten in der letzten Zeit sogar noch ein paar Figuren gelernt, die Jojen nun auch tanzte und es klappte alles so gut, wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich vertanzte mich nicht und konnte die vielen Leute um uns herum völlig ausblenden, vor allem Margaery, was mir sonst sehr schwer fiel. Ich sah stattdessen in diese haselnussbraunen Augen, die mir beim Tanz halfen. Es war, als würde Jojen mir mit seinem Blick die nächsten Schritte zeigen, wohl lag das daran, dass wir uns einfach so perfekt verstanden. Als das Lied zu Ende war, wurde von allen Seiten applaudiert, alle waren total beeindruckt von unserem Können und forderten eine Zugabe, die wir, sehr zu meinem Bedauern, nicht geben konnten, da es einen sehr strikten Zeitplan gab, was den heutigen Tag betraf. Doch es würde doch auch sicherlich nichts schaden, wenn ich mich setzen, ausruhen und einfach nur mit Jojen in meiner Welt sein durfte. Als der Applaus verstummte, hallte auf einmal Margaerys Ruf durch die Menge. „Seht nur, dort, zu Lealy Schnees Füßen! Das ist ein kleines Fläschchen. Es sieht genau so aus wie die Flasche für das Mittel, das Joffrey verabreicht wurde." Eine Schockstarre überkam mich, während ich meinen Blick gen Boden richtete, da lag tatsächlich eine Flasche, allerdings hatte ich nicht die gerinste Ahnung, was für eine. Doch, wenn es wirklich die genannte sein würde, hätte ich ein Problem, ein sehr großes sogar. Niemand würde mir abkaufen, dass ich weder eine Ahnung habe, was das war, noch, wo es herkam. Sie würden es als Beweis sehen, dass ich Joffreys Mörderin war und die gleiche Tat nun auch mit Tommen vorhatte. Doch das stimmte nicht, ich tat keiner Fliege etwas zu Leide. Die blanke Panik überkam mich und bevor ich darauf wartete, wie die anderen reagierten, schloss ich die Augen und konzentrierte mich auf Winter, ihre Pfoten und ihr Fell. Es wurde um mich herum alles dunkel und alles verschwamm, während ich in Jojens Armen zusammenklappte und alles schwarz wurde.

Als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich cremefarbene Pfoten vor mir. Es hatte funktioniert, vorerst. Doch ich, Lealy Schnee, war dem Tode geweiht.

Fremde Augen (Game of Thrones/ Jojen Reed)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt