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Ich lag die ganze Zeit einfach nur neben Jojen und wartete auf gar nichts. Ich lag einfach nur da und genoss jede Sekunde, jede Minute, die mir mit ihm zusammen geschenkt wurde, denn sie war ein Geschenk des Himmels. Ich wusste, in der Sekunde, in der sie mich hier sehen würden, mit Jojen an meiner Seite, würden sie eins und eins zusammenzählen und somit wissen, was los war. Königsmund hatte die klügsten Köpfe, Personen, die sich als Spione ausgaben und beinahe jeden Fall lösten und sie würden es auf jeden Fall verstehen, was hier passierte. Ich war also nicht sicher in diesem Körper, wirklich gar nicht sicher, doch Jojen erzählte ich nichts davon, denn er sollte glauben, dass ich in Sicherheit war. Ich würde ihn nicht in Gefahr bringen, mit seinen Missionen, mit denen er dachte, mir das Leben retten zu können. Es war mir alles viel zu riskant und ich wusste, dass er das alles für mich tun würde und mich liebte. Ich konnte einfach nicht riskieren, dass der Liebe meines Lebens etwas passieren würde, wenn ich schon sterben musste, dann wenigstens in dem Gedanken, dass Jojen in keinerlei Gefahr schwebte und ich mir über nichts bei ihm Sorgen machen musste. Ich hatte solche Angst zu sterben, ich hörte schon überall Fußschritte, von Personen, die gar nicht da waren oder Stimmen schlichen sich ebenfalls oft in meinem Kopf und erzählten irgendetwas davon, dass ich gleich geholt werden würde und alles nun zu spät wäre, dass ich eine Mörderin sei, die nur den Tod verdiene und der auch noch zu nett für mich wäre, dass ich gefoltert gehören würde, bis ich um meinem Tod flehen würde. Ich wiegte mich dann panisch hin und her und kuschelte mich an Jojen. Ich sagte mir, dass alles wieder gut werden würde, obwol ich wusste, dass das nicht stimmte. Doch auf einmal ließ mich ein enormer Krach hochschrecken, den ich auf keinen Fall halluzinierte, ich wusste, dass es echt war, dass sie nun kamen, um mich zu holen. Die Stunde der Abrechnung war gekommen. In der Dunkelheit konnte ich nur die Umrisse der Personen erkennen, die im Türrahmen standen, es waren zwei Männer, doch an ihrer Stimme erkannte ich einen von ihnen. Es war der Mann, der mich auf meiner letzten Versammlung, an der ich angeklagt wurde, des Mordes an Joffrey bezichtigt hatte. Er war nun hier, erfreute ihn das etwa, dass er die letzten Momente meines Lebens bei mir sein konnte? Bereicherte diese Erlebnis etwa sein Leben? Man könnte es schon glauben, sonst würde er es sicherlich nich tun. „Lealy Schnee, stellen Sie sich, sie werden hiermit festgenommen. Jeder Fluchtversuch ist unmöglich und wird Ihnen nur unnötige Schmerzen bereiten, also lassen Sie sich von mir abführen!" Jojen neben mir war mittlerweile auch aufgewacht und saß voller Angstschweiß kerzengerade in seinem Bett und hatte nach meiner Hand gegriffen. „Lauf, Lealy, ich passe auf und halte sie auf. Klettere durch das Fenster, dort befindet sich eine Mauer, auf der du ein Stück laufen kannst und die dich bis mitten in die Stadt führt. Von dort renne bis zur Mauer und versuche, irgendwie aus der Stadt zu kommen. Du schaffst das, ich liebe", flüsterte Jojen mir hektisch zu, als ich aufsprang, um zur Flucht aufzubrechen. Es brach mir fast das Herz, als ich zum Fenster stürmte und auf die Mauer nach draußen flüchtete. „Verflixter Mistköter!", hörte ich die Männer fluchen, sie hatten wohl mit allem gerechnet, nur nicht, dass ich auf die Mauer fliehen würde. Ich hatte solche Schmerzen in meinem Herzen, als ich auf der Mauer lief, weiter und immer weiter und mich somit von meinem so sicher geglaubten Leben entfernte und der Liebe meines Lebens. Wenn ich es schaffen sollte, die Stadtmauer zu passieren, müsste ich so lange und schnell und weit rennen, wie ich konnte und ab sofort ein Leben in vollkommener Wildnis leben, ohne eine Person an meiner Seite. Ich müsste mich alleine durch das Leben schlagen und darauf hoffen, dass ich überleben würde. Der Gedanke an ein solches Leben verursachte mir eine solche Trauer, dass ich fast zu einem Trauerkloß zusammensackte und es somit kaum schaffte, weiterzulaufen. Los, Lealy, du schaffst das! Meine Tatzen kratzten über den Boden, als ich über den Boden bis zur Mauer rannte, in den Schatten der Häuser, so leise wie möglich und darauf bedacht, dass niemand auf mich aufmerksam wurde, denn sonst wäre es zu Ende. Ich schaffte es tatsächlich, bis zur Mauer zu kommen, doch von dort aus wusste ich nicht, was ich machen sollte. Ich sah nirgendwo ein Schlupfloch, durch das ich entkommen könnte und lief nun völlig verzweifelt an der Mauer entlang und scharrte an allen erdenklichen Stellen, in der Hoffnung, doch noch irgendwo ein Schlupfloch zu finden. Doch ich blieb erfolglos, was mir eine Heidenangst bescherte. Nach einer gefühlten Stunde fand ich Loch im Boden, das zwar ziemlich klein war, als hätte jemand versucht, hier zu entkommen und hätte es nicht geschafft, doch für was war ich denn ein Wolf, wenn ich nicht meine Fähigkeit des Buddelns dazu nützen könnte, um von hier zu entkommen.Ich tauchte meine Schnauze so gut es ging in das Loch und grub, was das Zeug hielt. Nach ein paar Minuten hatte ich das Loch so weit erweitert, dass ich ohne große Probleme durch es hindurchklettern konnte und nun auf der anderen Seite, außerhalb Königmond, in der klaren Nacht, die nur vom Mond erhellt wurde, aufwachte. Eine Sekunde erlaubte ich mir, so etwas wie ein kleines Glücksgefühl fühlen zu dürfen, doch wirklich nur eine Sekunde, denn schon spürte ich eine Schlinge, die sich um meinen Hals zog und ich wurde schmerzhaft nach hinten gerissen. Panisch kratzten meine Tatzen über den Boden, doch ich fand keinen Halt. Was war das nur? Wer tat mir das denn an? Es konnte doch niemand erahnen, dass ich als Schattenwolf genau hier ein Loch graben würde und dann durch es aus der Stadt verschwinden würde. Doch all die Gedanken brachten nichts: Ich war verloren. Als mein Kopf brutal zur Seite gerissen wurde, blickte ich in das Gesicht von einer der mir bisher vetrautesten Personen: Margaery Tyrell.

Fremde Augen (Game of Thrones/ Jojen Reed)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt