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Die nächsten Tage reisten wir schweigend und nur mit kurzen Pausen. Wir mussten Königsmund so schnell wie möglich erreichen, da wir nicht riskieren konnten, dass diese Männer hinter uns herwaren und uns einholten, dann wäre nämlich alles umsonst gewesen, einfach alles. Doch mich störte es nicht wirklich, ich hatte den ganzen Tag über nur Augen für Jojen, der stets an meiner Seite mit seinem Pferd ritt. Wenn wir konnten und schätzten, dass wir unbeobachtet waren, hielten wir Händchen, ansonsten erzählten wir uns viel. Er erzählte mir alles, wie es war, in einem Schattenwolf zu leben und wie er alles empfunden hatte und wie glücklich er darüber war, jetzt wieder in seinem Körper sein zu dürfen. Mit dem Mädchen hatten wir noch nichts gesprochen, was sie gesagt hatte, klang zwar merkwürdig, doch ich hatte ein wenig bei den anderen gelauscht und da hörte ich eigentlich nur Positives. Somit musste ich mir schon mal weniger Sorgen machen. Wir trafen gerade in Königsmund ein, vor der Stadtmauer ein, die alles abgrenzte. Wir standen davor, da wir gebeten wurden, kurz zu warten, bis das Tor geöffnet wurde. Ich war schon ganz aufgeregt, ich wartete nämlich schon seit ich klein war darauf, eines Tages mal in Königsmund sein zu dürfen, heute war dieser Tag gekommen. Stannis Baratheon war auch noch nicht mit seiner Flotte da, was uns noch kurz Zeit verschaffte, um alles zu besprechen. „Du wirst aber nicht kämpfen, wenn Stannis eintrifft oder Jojen? Es kann sein, dass Tywin oder Joffrey dich dazu einteilen werden, doch du musst dich dagegen wehren, du musst sagen, dass es dir noch nicht gut geht, da du so lange bewusstlos warst. Sag bitte, dass du nicht kämpfen wirst!" Ich sah ihn flehentlich an, mein Blick war wohl wie ein Hundeblick, so wie man sich Winters Blick vorstellte, wenn sie ein Leckerli von mir wollte. „Ich weiß es nicht. Wenn der König es mir befiehlt, kann ich es doch gar nicht verhindern oder?", sagte er und sah mich an, ich konnte die Trauer in seinem Blick erkennen. „Ein Warg kann immer etwas tun, damit er nicht in die Schlacht ziehen muss", das war wieder das Mädchen mit den braunen Haaren. Sie hatte sich mit ihrem Pferd neben uns gesellt. „Wer bist du? Was ist ein Warg?", fragte ich sie. Ich stellte mich mit Absicht ahnungslos, da ich nicht verraten wollte, dass ich von Jojens Geheimnis wusste und sie so möglicherweise denken könnte, dass sie sich in uns getäuscht hatte. „Ich heiße Lea. Ihr braucht keine Angst vor mir zu haben, ich habe zwar Wissen, doch das würde ich niemals gegen euch einsetzen. Lealy, Jojen ist ein Warg und ich weiß, dass du das weißt. Wenn Stannis oder Joffrey den Befehl zur Schlacht geben, muss einfach Winter wieder für eine Weile wieder herhalten." Sie lächelte ihn und mich an. „Keine Sorge, niemand hat etwas von unserer Konversation mitbekommen. Ihr könnt bei Hilfe immer zu mir kommen. Wenn ihr mich mal nicht sehen solltet, vergesst niemals diese Worte: Valar Morghulis!" Wieder dieses Walla irgendwas! Das, was auch diese Männer gesagt hatten. Doch, was es auch bedeutete, ich musste es mir merken, um Kontakt zu Lea aufnehmen zu können. Sie hatte zwar anfangs etwas merkwürdig auf mich gewirkt, doch nun hatte sie eine vertrauenswürdige, sanfte Ausstrahlung. Es war immer gut, wenn man Verbündete hatte. „Siehst du, schon haben wir einen Weg gefunden, meine Prinzessin", lächelte er und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Ich wurde automatisch rot, als ich die sanfte Berührung registrierte. Eine Windböe wehte durch die Luft und ließ nun sogar noch mehr Haarsträhnen in mein Gesicht fallen, was mich zum Schmunzeln brachte. Jojen fasste wieder an meine Wange und schob sie mir, alle einzeln, aus dem Gesicht. Bei jeder Strähne ließ er sich viel Zeit, um seine weichen Finger sanft über meine Wange streichen zu lassen und kribbelnde Stellen auf meinem ganzen Gesicht zu hinterlassen. Ich hatte das Gefühl, dass ich nun sicherlich unendlich viele rote Flecken im Gesicht haben musste, da mich sowetwas einfach immer rot anlaufen ließ. Was wohl daran lag, dass er einfach perfekt war und ich in seiner Anwesenheit sowieso immer nervös war. Nun war er sogar noch wieder in Menschengestalt. „Ich liebe dich", wisperte Jojen und ich zuckte kurz zusammen. Mein Herz hatte für eine Millisekunde aufgehört, zu schlagen, so hatte es sich zumindest angefühlt. Dafür schlug es nun umso schneller, als wäre es ein Pferd, das gerade im Galopp vor irgendjemandem flüchtete, seine ganze Schnelligkeit zeigte, das machte mein Herz gerade. Ich hatte das Gefühl, dass es jede Sekunde zu explodieren drohte, die Umstände waren einfach so, dass ich total sentimental war. All die Angst, als Jojens Körper in Gefahr war, ich hatte solche panische Angst um ihn gehabt. Ohne ihn könnte ich nicht mehr leben, so viel stand klar, er war mein ganzer Lebensinhalt. Und das alles hatte ihn auch nicht verändert, er liebte mich noch immer, darüber hatte ich mir Sorgen gemacht, doch er hatte mich beruhigt. Zitternd griff ich mit meiner freien Hand nach seiner und verschränkte meine Finger mit seinen. Ich fing noch breiter an, zu grinsen, als er anfing, meine Hand zu drücken und mir einen so liebevollen Blick zuwarf, dass ich das Gefühl hatte, dahinzuschmelzen. Er war perfekt! „Treten Sie ein! Willkommen, wir sind Ihnen sehr dankbar, dass Sie den weiten Weg aus Rosengarten auf sich genommen haben, um uns gegen Stannis Baratheon zu unterstützen." Widerwillig löste ich meinen Blick von Jojen und richtete ihn auf die Stadtmauer, die nun geöffnet wurde. Wir konnten eintreten, wurde aber auch mal dringend Zeit. Als wir die Mauer passiert hatten, blieb mir vor Erstaunen der Mund offen stehen. Ich wollte schon immer hier her, hatte mir diese Stadt schon immer so perfekt ausgemalt, doch es war hier noch fabelhafter, als ich mir jemals hätte vorstellen können. Links neben mir ritt nun Margaery, die mich breit anlächelte. Sie fasste mich an der Hand, als Zeichen unserer Freundschaft, während wir im Sonnenschein durch die Straßen von Königsmund ritten, die Leute uns alle hoffnungsvoll beobachteten. Denn wir waren ihre Rettung.

Fremde Augen (Game of Thrones/ Jojen Reed)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt