Duett

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Es sind einige Tage vergangen, in denen ich viel über meine neue Lebensweise gelernt habe. Joe und Kevin besuchen mich so häufig wie möglich und halten mir witzigerweise vor, was es bei ihnen zu Essen gab, was ich nicht mehr darf. Zumindest meistens nicht. Oder nur in kleinen Mengen.

Liv habe ich nur zweimal gesehen. Das Buch habe ich ihr nicht wieder gegeben, daher habe ich ein schlechtes Gewissen. Es ist nicht meins, rede ich mir ein. Es ist falsch, es zu behalten.

Nach dem Mittagessen, das für mich ziemlich mickrig ausgefallen ist, beschließe ich Liv einen Besuch abzustatten. Als ich Nicole- nicht Kidman, auf dem langen Flur treffe, erzähle ich ihr, ich möchte zu Liv. Doch leider habe ich ziemlich Pech, denn mittwochs ist sie immer bei ihren Pflegeeltern.
„Lebt sie gar nicht bei ihren leiblichen?", frage ich neugierig. Mitleidig schüttelt sie den Kopf. „Sie sind mit ihr nicht klargekommen. Nur hin und wieder besuchen sie die arme Liv!". Sie packt sich an die Brust, dort wo das Herz ist und schauspielert, als würde es ihr das Herz zerreißen. Bevor ich meinen Weg zurück, enttäuscht antrete, legt sie mir ihre Hand auf die Schulter:" Wir haben übrigens auch eine Gitarre hier". Ich weiß, schließlich habe ich auf ihr schon gespielt. Ziemlich verstimmt das alte Ding.

„Du könntest den Kindern noch einmal eine Freude bereiten!". Sie lächelt mich verlegen an. Auch sie besitzt den 1A Hundeblick. Also willige ich ein.

Im Raum sitzen einige Kinder schon in Reihe und Glied und starren mich erwartungsvoll an. Wenn das mal nicht eine geplante Aktion ist. Ich schnappe mir die Gitarre und stimme sie. Ein Mädchen namens Lynn setzt sich zu mir. Sie scheint ein wenig jünger als ich aber starrt neugierig und keineswegs scheu zu mir auf. „Kannst du when you look me in the eyes singen?".
Ihre braunen Augen glänzen. Und da ist wieder der Hundeblick. Warum beherrschen alle Menschen ihn, bis auf Baxxter und mir? Ich nicke stumm. „Für wen hast du ihn geschrieben?", fragt sie weiter und rückt noch ein wenig näher. Unsicher kratze ich mir am Kopf. „Einem Mädchen aus meinem Deutschkurs", sage ich verlegen. Das ist nicht gelogen, vor einem gutem Jahr habe ich mich in Findra, das Mädchen das aus Dänemark her gezogen ist verliebt. Zumindest dachte ich es. Abgesehen davon, dass sie mich immer ignorierte, habe ich einige Wochen nach dem Erscheinungstermin des Liedes erfahren, dass sie auf Frauen steht. Ich habe mich nicht getraut ihr das Lied persönlich vorzusingen. Ich habe mich immer in ihre Augen versinken lassen. Sie sind blau wie der Himmel und immer wenn ich sie angeschaut habe, wurde mein Körper ganz schwach.

Leider hat sie meine Liebe nicht erwidert. Auch wenn ich ihr sie nie gestanden habe.

Trotzdem hat sie sich nie damit zurückgenommen, mir zu sagen, wie schrecklich ich mit Locken aussehe. Kurz darauf habe ich mir sie abschneiden lassen, zum Besorgnis meiner Mutter. Sie war glaub ich der einzige Fan meiner braunen hartnäckigen Locken.

Aber auch die Kurzhaarfrisur hat sie nicht imponiert. Einzig unser Karriere hat es gut getan. Ich war mit der Frisur auf jedem Jugendmagazin. Und wir haben viele neue Fototermin gemacht, weil jede Zeitschrift und auch jeder Teenager das aktuellste Foto der Brüder aus Wyckoff haben wollte.

Nach etwa 2 Monaten heimlichen Beobachtens, habe ich meine Liebe an ein Mädchen aus der Oberstufe verloren. Findra und meine ehemalige Nebenbuhlerin Franziska sind seither ein glückliches Pärchen. Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden und muss schmerzlich zugeben, dass sie ziemlich gut zusammen passen.

Ich fange an die ersten Melodien zu spielen, als hinter mir einer mit einstimmt. Ein Mädchen in einem grünen schlabbrigen Pullover und treuen grünen Augen singt gedankenverloren mit. Es ist Liv. Sie starrt an die Decke und beachtet mich nicht. Nur meinen Tönen scheint sie zu folgen.

Als ich erstarre und aufhöre zuspielen, erschreckt sie sich und schaut mit großen Augen ertappt.

„Du singst schön", rutscht es aus mir heraus. Ich kratze mir nicht an der Schläfe, also merke ich, ich meine es ernst. Sie dreht sich um und möchte gehen, aber ich springe schnell auf und gehe ihr entgegen. „Wirklich Liv. Bitte sing mit mir". Ich fasse ihr an die Hand und vergesse, dass sie förmlich allergisch darauf reagiert. Aber zu meiner Überraschung zieht sie ihren dünnen Arm nicht von mir weg, sondern schaut mir tief in die Augen. Ich habe das Gefühl, als schaut sie mich zum ersten Mal direkt in die Augen. Die wunderschönen grünen Augen durchdringen, wie Schwingungen meinen Körper und setzen ein Gefühl in Fahrt, das ich nicht beschreiben kann.

Sie senkt wieder ihren Kopf und langsam löse ich meine Hand von ihrem Arm. Ich lasse sie den Raum verlassen und bleibe zurück. Lynn berührt vorsichtig meinen Rücken:"Ich würde mit dir singen". Ich blicke eine Weile auf die Stelle, an der bis gerade Liv gestanden hat.

Sie wird nicht wiederkommen.

Nachdem ich einige Lieder mit Lynn zusammen gesungen habe, behaupte ich, ich wäre müde und bräuchte etwas Ruhe. Da jeder dieser Kinder krank ist und dieses Gefühl wahrscheinlich kennt, widerspricht niemand. Bevor ich auf mein Zimmer gehe und mir billige Fernsehsendungen reinziehe, beschließe ich vorher auf die Toilette zu gehen.

Fast mechanisch gehe ich dabei zu der ersten Tür und öffne sie, als würde dort wieder Liv sitzen.

Ich denke an ihr Notizbuch und fühle es in meiner Jackentasche. Ich muss es ihr dringend zurückgeben. Wäre ich sie, würde ich ziemlich sauer werden, wenn jemand meine Sachen liest.

Langsam trotte ich in den Keller zum Gemeinschaftsraum, der letzte Ort, an den ich das stille Mädchen vermute. Und tatsächlich, Liv sitzt am Schreibtischstuhl. Wie an dem Tag, als sie ihr Buch vergessen hat und ich beschlossen habe, es an mich zu nehmen.

„Hallo Nicholas", flüstert sie leise ohne sich umzudrehen. „Hi", entfährt es mich und ich bleibe stehen. „Du hast mein Buch", sagt sie emotionslos.„Ich... also ich wollte es dir wieder geben.. wirklich!". Ich merke wie ich ins stocken gerate und zu schwitzen beginne. Es war eine doofe Idee es mitzunehmen. Es ist nicht meins. Besonders hätte ich nicht drin lesen dürfen. Enttäuscht von mir selbst fasse ich mir in den Nacken. Aber noch immer stehe ich wie angewurzelt dort. „Du bist kein Karaoke Sänger". Ich nicke, obwohl ich weiß, dass sie es nicht sieht. „Du hast das Lied geschrieben", redet sie weiter, ohne eine Antwort zu erwarten. Wieder nicke ich stumm.

Sie dreht sich um. „Ich nehme das Angebot an". Ihre Mundwinkel ziehen sich langsam nach oben. Es scheint, als würde sie sich ganz darauf konzentrieren, so als würde ihr das Lächeln schwer fallen.

„Welches Angebot?", frage ich perplex. „Mit dem Singen", antwortet sie beinahe enttäuscht.

Diesmal grinse ich. Ich hoffe es sieht nicht all zu dämlich aus. „Du lächelst, also stimmst du noch zu?".

Wieder nicke ich. Es breitet sich eine seltsame Wärme aus. Sie steht auf, nimmt mir das blaue Notizbuch aus der Seitentasche und steckt es ein. Einen Moment stehen wir still voreinander.

Dann schaut sie auf ihre Hand, die sich langsam zu meiner bewegt. Als sie vorsichtig und behutsam meine berührt, zuckt sie kurz zusammen, bevor sie fest zugreift und mich stolz mit ihr zieht. „Aber nicht hier", flüstert sie.

Be different (Nick JONAS) *beendet* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt