Unexpected plot twist (Mauz/BoyxBoy)

Quattuor

An der Bushaltestelle stehen schon zig Schüler und warten auf ihren Bus. Ich zücke wieder mein Handy und lasse das selbe Lied laufen wie heute Morgen. Mein Bus kommt für gewöhnlich erst in ein paar Minuten. Obwohl mein Bruder schon 18 ist und sein eigenes Auto hat, will er mich nie mit nach Hause nehmen. Er meint, dass er auch die ganze Zeit mit dem Bus fahren musste und manchmal nimmt er auch jemanden aus seiner Klasse mit und dann ist das Auto eh voll. Also diskutiere ich nicht länger mit ihm und fahre einfach mit dem Bus. Das schlimme daran ist, dass Luca auch mit meinem Bus fahren muss. Da er aber ein paar Stationen nach mir aussteigen muss, weiß ich nicht wo genau er wohnt. Aber eigentlich muss ich es ja auch nicht wissen. Nur leider ist es ihm Bus so gut wie nie leise wenn er da ist. Die Mädchen reißen sich darum, ihn neben sich sitzen zu haben, ziehen ihre Ausschnitte bis zum Bauchnabel und legen einen verführerischen Blick auf. Vielleicht ist das ja genau die Art von Mädchen, auf die Luca steht. Schlussendlich gesellt er sich dann aber immer zu einem seiner Klassenkameraden, die auch mit dem Bus fahren.

Das Lied läuft in der Schleife sicher schon zum fünften Mal, bis endlich unser Bus einfährt und genau vor mir zum Stehen kommt. Ich greife nach meiner Busfahrkarte und steige als Erster ein, dicht gefolgt von einer großen Menge weiteren Schülern. Wie immer setze ich mich in die vorletzte rechte Reihe ans Fenster. Immer wenn es geht sitze ich hier. Ich mag diesen Platz einfach. Meine Tasche stelle ich neben mich und hoffe einfach, dass sich niemand neben mich setzten will.
Die Plätze füllen sich recht schnell und der Bus will gerade losfahren, als noch ein weiterer Schüler an gesprintet kommt. Ich finde es immer recht nervig, wenn jemand zu spät kommt und es interessiert mich auch eigentlich nicht, wer da jetzt noch so angerannt kommt, doch an der Lautstärke, die sich um einiges erhöht, kann ich mir schon ganz genau denken, wer da gerade einsteigt. Ich werfe einen kurzen Blick auf die Tür und bestätige damit meine Vermutung. Luca läuft gerade schwer atmend durch die Reihen und hält nach einem freien Platz Ausschau. Die ganzen Mädchen schubsen fast ihre beste Freundin vom Platz um Luca platz zu schaffen, doch er ignoriert sie einfach. Er steuert auf die letzte Reihe zu, in der seine Klassenkameraden bereits sitzen. Sie fragen natürlich sofort, warum er so spät kommt und so Zeug. Interessiert mich eigentlich auch herzlich wenig.

„Ist hier noch frei?", werde ich plötzlich von der Seite angesprochen. Etwas überrascht ziehe ich einen meiner Ohrstöpsel heraus und bemerke sofort Luca's grüne Augen. Ich blicke etwas überfordert über die Reihen und bemerke, dass der Platz neben mir noch der einzige Freie ist. Ich starre nochmal Luca an, der mich erwartungsvoll von oben herab ansieht. Ich nicke leicht und ziehe dann meine Tasche von dem noch freien Platz. Luca bedankt sich und ich merke, wie meine Wangen leicht rot werden. Ich stecke mir schnell wieder den Kopfhörer ins Ohr und blicke aus dem Fenster. Ihn jetzt anzusprechen wäre jawohl mehr als unpassend. Er wird im Bus sicher oft genug an gequatscht, da kann ich ja mal eine Ausnahme machen. Das Gute daran ist aber, dass er den kleinen Vorfall von der ersten Pause wohl vergessen hat, oder er sich darüber einfach nicht so einen Kopf macht wie ich.

Nachdem wir ein paar Minuten gefahren sind, nehme ich meinen Mut zusammen und erhasche einen Blick auf Luca neben mir. Er hat sich komplett nach hinten gedreht und redet mit seinen Freunden. Man kann nicht wirklich sagen, dass er neben mir sitzt, so wie er auf dem Stuhl hängt. Einige der Mitfahrer schauen mich jedoch mit tötenden Blicken an. Ich tu so, als würde ich im ganzen Bus herum gucken und blicke dann wieder aus dem Fenster. Ich verstecke mich noch etwas mehr in meinem Pullover und rutsche noch näher an die Seite. Meine Musik stelle ich noch lauter und ich bin mir ziemlich sicher, dass jetzt auch noch alle um mich herum sie hören können. Ich tu so, als würde ich das nicht wissen und versuche die ganzen Blicke der anderen zu ignorieren. Meine Station kommt immer näher und erst jetzt wird mir bewusst, was das bedeutet. Ich kann mich ja nicht einfach so an Luca vorbei quetschen. Ich muss ihn ansprechen und sagen, dass ich aussteigen muss. Schon alleine bei dem Gedanke wird mir heiß. Dabei ist es nur eine ganz normale Frage.
Die Zeit wird immer knapper und mir fällt einfach kein passender Satz ein. Wie sollte ich ihn ansprechen? Soll ich ihn an stupsen oder mich räuspern? Aus irgendeinem Grund ist das zu viel Auswahl für mich... Der Bus fährt gerade von einer Bushaltestelle weg und biegt auf die Straße ein. An der nächsten Haltestelle muss ich aussteigen und das bedeutet, dass ich mir schnellstens etwas einfallen lassen muss.
Jemand drückt auf den Halteknopf und ich kann die Haltestelle schon durch das Fenster erkennen. Ich blicke vorsichtig um mich herum und merke, dass Luca mir keine Aufmerksamkeit schenkt. Das gleich wird sicher ziemlich peinlich.
Der Bus wird langsamer. Ich packe meine Tasche. Umso schneller, umso besser. Der Bus kommt zum Stehen und ich will mich gerade aufmerksam machen, da merke ich, dass Luca bereits aufgestanden ist um mich rauszulassen. Etwas verwirrt starre ich ihn wohl etwas lange an, doch er lächelt nur. Ich bedanke mich etwas stotternd und er nickt mir zu. Immer noch verwirrt steige ich aus dem Bus und schaue dem roten Fahrzeug so lange nach, bis es um die nächste Ecke verschwunden ist.