Centum duodeviginti

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Es dauert nicht lange, da biegen wir auch schon auf ein Grundstück ein, auf dem ein Mehrfamilienhaus steht. Manuel kramt einen Schlüssel aus seiner Tasche und schließt die Tür auf, während ich ihm schweigend folge. Wir gehen ein paar Treppen nach oben, wo Manuel dann erneut eine Türe öffnet.
"Und da sind wir auch schon.", sagt er feierlich und zieht seine Jacke aus, die er an den Kleiderhaken neben der Tür aufhängt.
"Was möchtest du trinken?", fragt er während er schon die Schuhe ausgezogen hat und in einen anderen Raum verschwindet.
"Wasser.", sage ich knapp und weiß nicht so recht was ich gerade tun soll.
"Mach es dir einfach gemütlich, ich hole schnell dein Wasser.", höre ich Manuels Stimme aus dem Raum. Ich gehe langsam ein paar Schritte und gelange in einen Raum den man als Wohnzimemr bezeichnen könnte. Das Sofa quietscht etwas als ich mich darauf setze und macht einen noch recht neuen Eindruck. Ich blicke etwas im Raum umher. Er ist nicht wirklich aufgeräumt aber auch nicht unordentlich. An der einen Seite steht ein Bücherregal voller Bücher und daneben ein Regal mit etlichen Spielen. An dem Fernseher mir gegenüber sind so ziemlich alle Konsolen die es gibt angeschlossen mit jeglichem Zubehör. Auf dem Tisch direkt vor mir stehen ein paar leere Tassen, in denen überall noch der Teebeutel hängt. An der linken Wand steht ein Tisch, auf dem erneut ein paar Tassen stehen und dazu ein großer Block neben dem unordentlich Stifte, Wasserfarben und Acryltuben liegen.
"So, da bin ich wieder.", ertönt hinter mit Manuels Stimme. Er trägt nun eine schwarze Jogginghose mit einem weißen Sewatshirt, seine zuvor zu einem Zopf zusammengebundenen, braunen Haare sind nun offen und reichen bis knapp über dem Kinn. Er reicht mir ein Glas und hält sich selber eine dampfende Tasse unter die Nase, aus der eine Schnur mit einem Zettel hängt.
"Also, was genau ist denn passiert.", fragt er erneut und macht es sich auf dem Sofa bequem, während er dabei etwas näher zu mir rutscht und sich seitlich hinsetzt, damit er mich besser angucken kann. Seine Tasse hält er mit beiden Händen fest umschlossen und blickt mich erwartungsvoll an, wie ein kleines Kind. Etwas verlegen blicke ich auf mein Glas Wasser in der Hand und lege mir passende Worte zurecht. Soll ich einem Fremden wirklich meine Beziehungsprobleme anvertrauen? Was wenn er mich auslacht oder missachtet? Weil ich mit einem Jungen zusammen bin, oder war, oder was auch immer.
"Es ist kompliziert.", sage ich einfach nur und nehme einen Schluck von meinem Wasser.
"Ich habe Zeit.", meint er und schaut mich freundlich an.
"Naja...", seufze ich und atme tief durch, "Mein-äh meine Freun-Freundin hat halt viele Verehrer, weshalb e-eh-sie unsere Bezeihung nicht veröffentlichen will, oder eher den richtigen Moment abwarten möchte. Ich fand es immer okay doch jetzt kam noch dazu, dass *hust* ihr Cousin sie besucht und wie sich herausstellt stand er schon lange auf sie. Jetzt werde ich von ihm erpresst und habe mit ihr Schluss gemacht, dass sie nicht weiter unter ihm leiden muss, ich wollte es ihr eigentlich ungestört erklären aber jetzt habe ich mitbekommen, dass sie schon weiter erzählt hat, dass wir getrennt sind. Ich glaube, ich habe es wirklich vermasselt."
Ich atme tief ein. Es fühlt sich irgendwie gut an jemand anderem davon erzählt zu haben.
"Hmm.", sagt Manuel nur und schaut betrübt auf seine Tasse, "Das ist wirklich kompliziert."
Er nimmt einen Schluck und auch ich nippe an meinem Wasser.
"Aber was ich nicht ganz verstehe, warum wollt ihr eure Beziehung nicht öffentlich machen? Es ist doch wunderbar mit jemandem zusammen zu sein.", fragt Manuel skeptisch und starrt mich von der Seite an.
"Nein, das geht nicht. Es ist schon okay so wie es jetzt ist. Ich habe mich damit auseinandergesetzt und daran gewöhnt.", sage ich schüttele leicht den Kopf, während ich auf mein Wasser starre.
"Aber dann kann man doch gar nicht wirklich sagen, dass ihr zusammen wart.", wirft Manuel ein und schaut mich unverständlich an. Ich erschrecke und weite meine Augen. Meint er das jetzt ernsthaft?
"Doch, das sind- waren wir. Wie ein normales Pärchen.", korrigiere ich ihn und versuche zu lachen.
"Auch in der Öffentlichkeit?", fragt er weiter und zieht eine Augenbraue nach oben. Meine Mundwinkel hingegen ziehen sich schlagartig nach unten. Als wir noch nicht zusammen waren in der Eishalle, da haben wir Hände gehalten. Aber danach... Im Europapark... aber da waren wir auch noch nicht zusammen.
"Nein.", sage ich knapp und presse meine Lippen aufeinander. War unsere Beziehung nur ein Witz? So langsam glaube ich, dass Manuel recht hat.
"Du liebst sie doch, oder?", fragt Manuel abschließend.
"Natürlich.", sage ich sofort und blicke zu ihm.
"Dann geh jetzt wieder zu ihr und sag ihr das! Wenn du das nicht klärst werdet ihr das auch nie öffentlich machen!", mahnt er mich und fuchtelt wild mit seiner Hand.
"Meinst du? Ich habe doch mit ihm Schluss gemacht.", werfe ich ein.
"Ihm? Ach egal, natürlich, dir wird sicher sofort verziehen, aber beeil dich jetzt bevor der Cousin dir noch zuvor kommt.", meint Manuel animierend, woraufhin ich sofort aufstehe. Meine Sprachfeheler habe ich selber komplett überhört und zum Glück geht er auch nicht weiter darauf ein.
"Hier. Ruf mich an falls was ist und halte mich auf dem Laufenden.", bittet er mich und steht ebenfalls auf, wobei er mir einen kleinen Zettel mit einer Nummer in die Hand drückt. Ich stelle mein Wasser ab, nehme den Zettel an und gehe in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Im Türrahmen der Wohnzimmertür drehe ich mich noch einmal um.
"Danke.", sage ich schnell und lächle dabei weich. Auch Manuel lächelt sanft und wünscht mir viel Glück. Entschlossen trete ich aus der Wohnung und aus dem Haus. Das tat gerade richtig gut und voller Tatendrang und in schnellem Schritte laufe ich den Gehweg entlang, bis ich erneut die neuen Häuser erblicken kann.

Unexpected plot twist (Mauz/BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt