Kapitel 3 - Unerwartete Wendung

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An der Seite findet ihr ein Bild von Nik :)

Doch es passierte etwas völlig Unerwartetes. Er nahm zuerst meine eine und dann die andere Hand weg, sodass er mir direkt in die Augen schauen konnte. Tränen sammelten sich in meinen Augen, doch ich wagte es nicht auch nur eine Träne zu vergießen. Er nahm mein Gesicht in seine große Hand, sodass ich ihn ansehen musste. Ich hatte Angst und war voller Wut und Hass auf mich selbst. Dann war da aber noch ein anderes Gefühl, welches ich so langsam benennen konnte, aber auf keinen Fall wollte. Schnell schluckte ich es herunter.
Hör auf daran zu denken!, ermahnte ich mich selbst. Ich war mittlerweile 25 Jahre alt und schon sieben Jahre in diesem dreckigen Business. Und mir ist dieses Gefühl nur einmal untergekommen und das war lange vor diesen sieben Jahren beim Clan.
"Elina hör gut zu. Du hast deinen Job nicht vergeigt. Um ehrlich zu sein, hätte ihn kein anderer so präzise ausführen können wie du. Du bist nicht hier, weil dich jetzt jemand umbringen muss und wenn jemand das vorhat, dann werde ich der Erste sein der sich dazwischen stellt. Hörst du? Du bist hier, weil du erstens beschützt werden musst und zweitens, weil du fast tot warst, als ich dich gefunden habe. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass du wieder aus der Halle rauskommst, aber du bist nicht gekommen. Auch zehn Minuten, nachdem die Schüsse aufhörten. Ich habe auf dich gewartet. Und deswegen bin ich in die Halle rein, um dann zu sehen wie du....", plötzlich hörte er auf zu reden.
Er sah mich auch nicht mehr an, sein Blick war in weite Ferne gerückt. Seine Augen wurden groß und es lag etwas Komisches darin. Ich sah Wut und Angst, trotzdesen war in seinem Blick aber noch etwas anderes, etwas, was diese Schorffheit und diesen Hass einwenig weich wirken lässt. War es so etwas wie Zuneigung?
"... um dann zu sehen wie du da lagst, mit Blut verschmiert, in Mitten von diesen ekligen Gestalten und dieses Schwein hat dich angeblickt als ob er dich gleich verschlingen würde!", spuckte er die Worte nur so heraus. 
Er wurde immer lauter, ich konnte seinen Hass förmlich spüren, als wäre es mein eigener. Endlich sah er mir wieder in die Augen, er blickte mich eindringlich an und musterte mich von oben bis unten. Bis sein Blick an meinem linken Arm haften blieb. Ich folgte seinem Blick und sah einen dicken Verband am Oberarm. Seine Hand, die die ganze Zeit über an meinem Kinn war, führte er jetzt zum Verband. Doch er fasste nichts an, sondern schwebte mit der Hand nur darüber und schwieg. Ich saß immernoch bewegungslos auf der Couch und blickte ihn an, in der Hoffnung, dass irgendetwas ihn verraten würde, doch da war nichts. 
Er schaute wieder hoch und diesmal war so etwas wie leichte Freude in seinem Blick, er schaute mich an und sagte: "Zum Glück hat Doc dich wieder ganz bekommen!". Sein Blick war nicht verliebt, eher der Blick dem man einem kleinen Kind schenken würde. Ich konnte mir aus seinem ganzen Verhalten nichts ergründen. Wieso war er aufeinmal so besorgt um mich? Oder war das alles nur gespielt und eine Maskerade? Ich war vollkommen durcheinander, ich hatte sogutwie tausend Fragen, auf die ich unbedingt Antworten brauchte. Doch ich entschied mich ersteinmal dazu die allerwichtigste zu stellen.
"Boss, verstehen Sie mich nicht falsch, aber wieso bin ich denn ausgerechnet hier?" Er lächtelte mich an. Und dieses Lächeln verursachte irgendetwas komisches mit meinem gesamten Körper. Ich fühlte mich aufeinmal so geborgen und wollte hier nie wieder weg und wenn ich doch müsste, dann wäre es schon in Ordnung für mich, wenn ich dafür wenigstens immer in dieses wunderschöne Gesicht sehen könnte. Innerlich bestrafte ich mich wieder für diese Gedanken, es wäre ein großer Fehler so etwas zuzulassen, egal wie sehr ich es auch wollte.
"Also, ich wäre dir wirklich dankbar wenn du mich Nik nennen würdest, und lass das bitte mit dem 'Sie', da fühle ich mich immer so alt. Du bist hier, weil ich es so wollte", gab er mir knapp als Antwort auf meine Frage. Jetzt war ich endgültig so weit und verstand gar nichts mehr. 
Er wollte das ich hier bin? Wieso wollte er es so?
"Achso und außerdem hast du keine Wohnung mehr, also vorerst nicht. Ich habe dafür gesorgt, dass alle deine persönlichen Sachen, wie Klamotten und sowas hier zu mir kommen und dein Waffenschrank befindet sich auch bei mir. Du hast da eine beträchtliche Sammlung, muss ich sagen. Kommt meiner Sammlung sehr Nahe", sagte er leicht lächelnd. Er sah mir immernoch in die Augen. Ich konnte nicht anders, ich verspürte den Drang sein Gesicht genau zu mustern. Er hatte blau-graue wunderschöne Augen, die von langen blonden Wimpern umrahmt waren. 
Er hatte eine Narbe in der linken Gesichtshälfte, sie begann von der Mitte der Augenbraue, übersprang jedoch das linke Auge und führte am Wangenknochen weiter, wo sie sich an der Wange verlor. Ehe ich mich versah, war ich schon dabei der Narbe nachzufahren. Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen. Am Ende der Narbe angelangt, lies ich meine Hand auf seiner Wange ruhen. Ich musterte sein Gesicht weiter, er hatte hohe und markante Wangenknochen. Schließlich sah ich auf seine Lippen. Sie waren voll, so wie die aller Russen. Diese Lippen hypnotisierten mich und ich merkte überhaupt nicht, wie nah ich ihm gekommen war. Ich sah hoch zu seinen Augen, die gefährlich nah vor meinem Gesicht auftauchten. Ein neuer Ausdruck lag in ihnen, den ich nicht ergründen konnte. War es sowas wie Sehnsucht oder Gier? Seit den sieben Jahren, in denen ich im Clan gearbeitet hatte, war ich schon immer in Niklas verliebt. Ich wollte und durfte es mir aber niemals eingestehen. 
Ich lies meine Hand von seiner Wange fahren und rückte von ihm ab, denn soetwas zu denken war falsch. Er war immernoch mein Boss, egal in was für einer Lage ich mich gerade befinde. Ich hatte nicht den Mut ihm weiter in die Augen zu blicken, deswegen schaute ich auf meine Hände, die nun verknotetet in meinem Schoß lagen. Niklas blieb noch einpaar Augenblicke vor mir gekniet hocken, bis er schließlich aufstand und sich ein Hemd von der Armlehne des Sofas nahm. Er reichte es mir und sagte: "Ich hatte eigentlich nicht erwartet, dass du so früh wieder aufwachst, denn sonst hätte ich dich ja angezogen". Er schaute mich schelmisch grinsend an. Ich hatte nicht wirklich auf seine Worte geachtet, eher auf seine Bewegungen und seinen Adonis-ähnlichen Körper. In Gedanken ging ich nochmal schnell seine Worte durch, schaute erschrocken an mir runter und sah, dass ich immernoch nur in Unterwäsche auf der Couch saß. Ich schnappte mir das Hemd von ihm und hielt es mir vor die Brust.
"Schwarz steht dir wirklich gut", sagte er grinsend. Ich aber wurde nur rot im Gesicht. Jemand muss mich ausgezogen haben, denn sonst säße ich nicht nur in schwarzer Unterwäsche hier. Ich wollte mir das Hemd überziehen und stand deswegen leicht wackelig auf, doch mir wurde sofort wieder schwarz vor Augen.

Even the stars can't shine without a little bit of darknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt