Kapitel 18 - (Schwieger)Eltern

457 19 0
                                    

Es war circa 14 Uhr und wir fuhren schon seit zwei Stunden. Nik wusste anscheinend genau wo er hin fuhr, denn er bog plötzlich ohne Vorwarnung von der Landstraße auf einen Forstweg ein. Wir waren in einem Wald angekommen. Vor uns tauchte eine Schranke auf. Sie wurde von zwei Männern in schwarzen Uniformen postiert. Beide trugen Gewehre auf dem Rücken und hatten Schlagstöcke in der Hand. Sie sahen ins Auto und ließen uns schließlich durch. Wohin fuhr Nik?
Der Wald lichtete sich und vor uns tauchte ein Haus auf. Es stand mitten auf einer weitläufigen Lichtung und war groß und sehr modern.
"So, da wären wir", sagte Nik lächelnd. Er stellte das Auto vor dem Haus ab und stieg aus. Er kam auf meine Seite und half mir aus dem Auto zu steigen. Ich war immernoch vollkommen überwältigt von der Schönheit. Das Haus passte auf seine moderne Art und Weise nicht ins Bild und doch könnte man sich diese Lichtung ohne das Haus nicht vorstellen. 
Ich sah wie ein Mann und eine Frau aus dem Haus austraten und auf Nik und mich zusteuerten. Die Frau war ca 50-60 Jahre alt, der Mann ebenso. Aber für ihr Alter sahen beide noch sehr fit aus.
"Niklas! Ich freue mich so dich zu sehen", sagte die Frau und umarmte Nik. 
"Hallo, mama", sagte Nik lächelnd. 
"Und wer ist deine Begleiterin?", fragte der Mann.
"Das ist Elina, ich wollte sie euch unbedingt vorstellen", erklärte Nik und schaute mich liebevoll an. Seine Mutter schloss mich sofort in die Arme. Sie war sehr herzlich und aufgeschlossen.
"Ich bin Anastasija, Niklas' Mutter. Freut mich Sie kennenzulernen!", sagte sie und lächelte mich freundlich an.
"Bitte, duzen Sie mich doch", bat ich sie. Dann kam der Vater auf mich zu und schüttelte mir die Hand. 
"Ich bin Feodor", sagte er und lächelte leicht. Er hatte dieselbe Ausstrahlung wie sein Sohn. Nik's Vater hatte sofort meinen Respekt.
"Na los, lasst uns rein gehen", sagte Nik's Mutter und wir folgten ihr ins Haus.Das Haus war in einem ählichen Stil eingerichtet wie Nik's. Offen, hell und doch gemütlich durch einpaar Holzfarbene Akzente. Anastasija führte uns in einen großen Raum. Er war in drei Teile unterteilt: eine Küche ganz rechts, in der Mitte ein Esszimmer mit langen Holztisch und außen links ein großzügiges Wohnzimmer.
"Setzt euch doch bitte, ich hole gleich alles", sagte sie und zeigte zum Tisch. Nik, ganz der Gentleman, zog für mich einen Stuhl raus, ich setzte mich und er rückte ihn wieder zurecht. Er nahm auf meiner linken Seite Platz. Unter dem Tisch strich er mit dem Daumen über meine Hand.
"Ich bin froh das du zuerst angerufen hast, bevor du hier mal wieder vorbeischaust. Dann habe ich wenigstens die Möglichkeit etwas für dich zu kochen", lachte seine Mutter und stellte eine Platte mit Manti (russ. Spezialität) ab.
"Sag bloß du hast wieder für zehn Mann gekocht, Mama", rief Nik ihr nach, denn sie war schon wieder in Richtung Küche verschwunden.
"Lieber zu viel, als zu wenig!", rief sie zurück. Nik's Vater half seiner Frau beim Tragen. Sie brachte immer mehr auf den Tisch, bis so ziemlich die Hälfte des Tisches voll mit russischen Spezialitäten bedeckt war. Die beiden setzten sich ebenfalls an den Tisch und begannen zu essen. Es schmeckte wirklich sehr gut, ich hatte schon lange nicht mehr russisches gegessen. Das letzte Mal, war vor mehreren Jahren, kurz bevor ich zum Clan kam. Als wir fertig waren redeten wir noch einbisschen. Nik's Eltern wussten also über den Clan Bescheid, was mich überaschte. Ich hab immer von ihm gedacht, dass er seine Familie da raushält.
"Hat es dir denn geschmeckt?", fragte Anastasija.
"Ja, es ist schon lange her, dass ich so gut gegessen hatte", sagte ich fröhlich.
"Besuchst du deine Eltern denn nicht so oft? Sie wohnen zu weit weg, nicht wahr?", fragte sie wieder.
"Nein. Meine Eltern sind schon lange tot. Ich habe nur noch einen kleinen Bruder und meine Oma. Ich besuche sie nicht oft", sagte ich nachdenklich. Ich hatte mit der Zeit gelernt darüber zu reden, ohne einen Heulkrampf zu bekommen. Ich liebte meine Eltern sehr, sie sind gestorben als ich 16 und mein kleiner Bruder 11 waren. Nik merkte wie schwer es mir fiel darüber zu reden und strich mir mit seinem Daumen über meine Hand. Es beruhigte mich zu wissen, dass er da war.
"Tut mir wirklich leid. Ich hätte das Thema nicht ansprechen sollen", entschuldigte sich Nik's Mutter.
"Sie konnten es nicht wissen, Frau Ivanov. Bitte entschuldigen Sie sich nicht dafür", sagte ich und lächelte beschwichtigent.
"Bitte nenn mich doch Nastja", sagte sie und lächelte mich herzlich zu. Ich fühlte mich wirklich wohl bei Nik's Eltern und es war gut zu wissen, dass sie mich auch mochten. Wir redeten noch einige Zeit, tranken Kaffee und aßen Kuchen.
"Es ist schon sehr spät, Mama. Wir müssen leider los", sagte Nik mit einem Blick aus seine Uhr.
"Besucht uns aber bald wieder! Es war wirklich ein schöner Abend", sagte Nastja herzlich. Sie begleiteten uns noch zur Tür und dort verabschiedeten wir uns auch wieder. Wir stiegen in Nik's Auto und er fuhr los. 
"Du bist bestimmt böse auf mich, weil ich dir nicht bescheid gesagt habe, oder?", fragte mich Nik. Er blickte mir schuldbewusst in die Augen, da konnte ich ihm einfach nicht böse sein.
"Anfangs war ich ein bisschen nervös, ich meine, schau mich an. Ich bin nicht gerade vorzeigbar angezogen für einen Besuch bei deinen Eltern. Aber als ich merkte wie nett und herzlich deine Eltern sind, war ich verdammt erleichtert", lächelte ich ihn an.
"Erstens siehst du immer verdammt heiß aus", neckte er mich und lächelte mich schief an, "und zweitens muss ich zugeben, dass meine Eltern stolz auf mich sind, dass ich endlich eine so nette und hübsche Frau kennengelernt habe", fügte er hinzu.
"Ich bin also nett?", fragte ich ironisch.
"Nein, du bist das fieseste Geschöpf auf ganz Erden", sagte er und kniff mich in die Seite.
"Ich hoffe für dich, dass du damit auch klar kommst", spielte ich eingeschnappt. Jetzt lachte er laut und gab Gas, als wir auf die Autobahn fuhren. Wir kamen nach weniger als zwei Stunden Fahrt zuhause an, Nik stellte den Wagen ab, blieb aber noch im Auto sitzen.
"Ich muss dich was fragen", er wartete gar nicht auf meine Aufforderung, sondern fuhr einfach fort, "Wie sind deine Eltern gestorben?".
Ich hatte bis jetzt immer ein und dieselbe Geschichte erzählt, wenn mich jemand darauf ansprach. Meine Eltern wären bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Sie waren gerade auf dem Heiweg, die Straße war glatt. Mein Vater hatte den Wagen nicht mehr unter Kontrolle und das Auto ist gegen einen Baum geprallt. Aber Nik wollte ich nicht anlügen, er sollte die Wahrheit kennen.

Even the stars can't shine without a little bit of darknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt