Kapitel 28 - Rachegedanken

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"Damals, nach dem Tod meiner Eltern war Alexej da um mich zu trösten. Nach einem halben Jahr aber, fing er an sich aufdringlich zu benehmen. Es wurde mit der Zeit immer schlimmer. Bis er mich eines Tages zum Sex zwang. Er wusste, dass ich zu schwach war, um mich zu wehren. Es kam immer öfter vor, bis es zur Angewohnheit wurde. Jeden Tag fiel er über mich her und zwang mich seine dreckigen Fantasien auszuleben. Und dann verschwand er plötzlich eines Tages und kam nie mehr wieder".
"Weiß Nik davon?", fragte Alex. 
"Nein. Und ich bereue es so sehr es ihm nicht erzählt zu haben", sagte ich. Alex bestellte zwei doppelte. Ich kippte meinen sofort runter. Es war wirklich nicht gut meine Wut jetzt mit Vodka herunterzuspülen. 
"Okay, ich geh jetzt mal wieder zu Nik", sagte ich. Es kam einfach so aus mir heraus, ohne dass ich vorher darüber nachgedacht hatte. Bevor ich aufstand umfasste Alex meinen Arm.
"Bist du sicher, dass es die richtige Entscheidung ist jetzt dort hinzugehen?", fragte er mich. War es die richtige Entscheidung? Oder waren es Alkohol-Gedanken?
"Ja, wenn ich nicht wieder zurück gehe, dann wirke ich schwach in seinen Augen. Und das will ich ihm nicht eingestehen. Es ist mir scheißegal was für Sprüche er klopfen wird, ich werde darauf nicht reagieren. Nik ist bei mir und ich bitte dich auch da zubleiben", erklärte ich ihm. Ich bestellte noch eine Bloody Mary und zwei Whisky on ice. Den einen Whisky drückte ich Alex in die Hand.
"Danke. Ich werde da bleiben. Versprochen", sagte Alex und folgte mir. Ich machte mich wieder auf den Weg an den großen Tisch mit Alex im Schlepptau. Den zweiten Whisky stellte ich Nik hin und setzte mich auf meinen Platz.
"Danke Schatz", sagte Nik leise und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Alex hatte sich einen Stuhl dazu gezogen und saß nun links von mir. Mir gegenüber saßen Viktor und dieser Andrej von heute morgen. Demonstrativ lächelte ich Viktor an. Ich stellte mir vor, wie sein hässlicher weißer Anzug Flammen fing und er dabei verbrannte. Es gab mir wenigstens für den Moment ein gutes Gefühl. Ich merkte wie ein selbstgefälliges Lächeln über meine Lippen huschte. Viktor bemerkte es auch und fragte: "Du wohnst also bei Nik? Seid ihr verheiratet oder verlobt?". Ich antwortete nicht, aus Angst meine Stimme könnte zittern bei dem Versuch. Auch wenn ich mir mit dem Alkohol einwenig Mut angetrunken hatte, so viel Mut meine Stimme gleichgültig klingen zu lassen, nun wieder auch nicht.
"Ja, sie wohnt bei mir und nein, wir sind nicht verlobt oder verheiratet", antwortete Nik für mich. Er spürte meine Wut und Angst. Ich bin Nik eine Erklärung schuldig, die er auch sofort zuhause bekommen würde.
"Das ist wirklich schade. Du solltest aber aufpassen, dass dir diese wundervolle Frau keiner wegschnappt", sagte er ironisch. Er beabsichtigte voll und ganz die zynistische Aussage.
"Keine Sorge, ich passe auf meinen Besitz auf", sagte Nik sichtlich genervt. Er versuchte seine Wut durch ein Lächeln zu verstecken. Was mir nahe ging, ging auch ihm nahe und umgekehrt.
"Wie geht es denn deiner Oma, Elina?", fragte Viktor. Was fiel ihm eigentlich ein über meine Oma zu reden?! Dieses kleine Stück Dreck hatte keinerlei Recht dazu. Ich hatte Angst meine Oma in Gefahr zu bringen.
"Sie ist umgezogen. Habe sie selber lange nicht mehr gesehen", log ich. Ich wusste, dass ich in nächster Zeit öfter bei Oma vorbei schauen musste, um sicher zu gehen, dass er sie nicht beobachten ließ. Ich traute ihm alles zu, er machte vor nichts halt. Noch nicht mal vor seiner eigenen Familie.
"Naja, schluss jetzt mit dem Smalltalk", lachte Viktor und fuhr nach einer kleinen Pause fort, "Kommen wir doch zum Geschäftlichen", sagte er gut gelaunt. Ich hasste diese Kreatur so sehr, ich wollte ihm so gerne sein Lächeln aus dem Gesicht schneiden. Vielleicht würde Nik mich verstehen und mir erlauben, einbisschen mit Viktor zu spielen. Ich würde großen Spaß daran finden. Die beiden fingen an über irgendeine Fläche an Gebiet zu reden. So wie es sich anhörte, wollte Viktor eine bestimmte Fläche von Nik's Gebiet abkaufen. Ich hörte nicht weiter zu, es interessierte mich nicht, was Viktor zu sagen hatte. Ich nippte an meinem Drink und dachte mir verschiedene Arten und Wege aus, wie ich ihm die Hölle auf Erden bereiten könnte. So, wie er es mit mir machte vor neun Jahren.
Doch am Ende kam ich immer auf das Gleiche hinaus. Was würde ich im Nachhinein davon haben? Ich hätte eine weitere, elendige Seele auf meinem Konto und ich glaubte an das sogenannte 'Karma'.
Wenn du jemandem etwas Böses antust, kommt es tausend mal schlimmer zurück und wenn man jemandem etwas Gutes tut, wirst du dafür im Leben belohnt. Viktor würde früher oder später noch seine Strafe dafür bekommen, da war ich mir sicher. Er würde dafür leiden, was er mir angetan hat. Außerdem würde ich damit vielleicht mein jetziges Leben mit Nik in Gefahr bringen und dies wollte ich um keinen Preis. Viktor wäre im Endeffekt mehr Arbeit, als wie wenn ich ihn lassen würde. Eine unnötige Leiche die Nik dann wieder aus dem Weg schaffen muss. Nik war vielleicht die Belohnung dafür, dass ich soviel Leid ertragen musste. Zuerst das mit meinen Eltern und dann das mit Viktor. Nik war dass, was ich mir am Meisten wünschte. Ein Platz wo ich mich wohlfühlen konnte. Jemand der mich versteht und mich beschützt. Es war also vollkommen unnötig auch nur einen weiteren Gedanken an meine Vergangenheit zu verschwenden.
Nach einiger Zeit sagte Viktor ruhig: "So schade es auch ist, aber wir kommen zusammen nicht auf eine Einigung. Ist aber wirklich nicht schlimm. Ich werde mich einfach weiter umhören. Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast".
"Es tut mir aufrichtig Leid, Elina. Ich wünsche euch beiden viel Glück", fuhr Viktor fort. Ob er dies jetzt ernst gemeint hatte? Ich war darauf überhaupt nicht vorbereitet gewesen. Hatte er sich geändert? Genug Zeit hatte er jedenfalls, aber ändern sich schlechte Menschen? Mein Instinkt sagte mir, ich sollte mich darauf nicht einlassen, aber er konnte sich doch wirklich geändert haben. Mein gesamter Körper befand sich im Zwiespalt. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich seinen Worten glauben schenken sollte. Mal angenommen, ich würde ihm glauben. Gäbe es eine Absicherung dafür, das er es Ernst meinte? Im Moment nicht und aus diesem Grund entschied ich mich dafür, ihm nicht zu glauben. Trotzdem nickte ich einfach nur. Er stand auf und verabschiedete sich. Ich hörte noch, wie draußen mehrere Autos wegfuhren.
"Schatz, woher kennt er dich?", fragte Nik.

Even the stars can't shine without a little bit of darknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt