Mitchell wusste nicht genau wie er sich fühlen sollte. Er war verwirrt. Eine Mischung aus Wut, Angst und Trauer rumorte in seinem Magen. Sein Versuch, standhaft und verschlossen zu sein schlug fehl. Seine Augen waren rot und geschwollen. Es war von ihm nicht geplant, dass er weinte. Er hatte keine Ahnung was in der letzten Stunde passiert war. Seine Erinnerung war wie ausgelöscht. Er wusste nur noch, dass er sich bei sich zu Hause wiederfand. Bei seinem Vater. Kurz bevor er ihn verlassen hatte. Und dann er hatte geweint. Die Erinnerung an seinen Vater schmerzte mehr als alles andere. Er hatte sie versteckt und Avi hatte sie hervor geholt. Er sagte, wenn Mitchell sich erinnert wird es besser. Aber wie sollte etwas besser werden, wenn er nicht wusste was besser werden sollte? Schwach lief er seiner Tante hinterher. Alles was er nun wollte, war schlafen. Schlafen und vergessen. Mitleidig sah Meg ihren Neffen an. «War es so schlimm?» Er brauchte ein bisschen bis Mitchell den Kopf schüttelte. «Nein...» Sie stiegen in Megs altes, klappriges Auto und Mitchell lehnte seinen Kopf an die Scheibe. Verwirrt hob er jedoch sofort wieder und blickte das Mädchen an, welches ein paar Meter weiter, am anderen Ende des Parkplatzes stand und ihn anschaute. Schüchtern winkte sie ihn zu und Mitchell hob, immer noch verwirrt, die Hand. «Kennst du sie?», fragte Meg, die seinem Blick gefolgt war. Mitchell zuckte mit den Schultern. «Sie geht auf meine Schule...» «Lad sie doch mal ein» Mitchell fuhr herum und sah seine Tante entrüstet an. «Bist du verrückt?!» «Scott hast du doch auch eingeladen» Seine Tante startete den Wagen und Mitchell lehnte seinen Kopf wieder an die Scheibe. «Scott ist was anderes...», murmelte er. «Scott ist... Scott halt»
Zuhause legte Mitchell sich gleich ins Bett. Er war totmüde, aber er wusste, dass er sowieso nicht einschlafen konnte. Er vermisste Yoshi. Er vermisste seine Stimme, wenn er Mitchell was vorsang. Aber Yoshi war nicht zu Hause. Obwohl er ihn gerade mehr brauchte als sonst. Also blieb Mitchell wach. Mit dem Kissen auf dem Gesicht und einen abgesetzten Teddy, den ihm Yoshi vor mehreren Jahren zum 7. Geburtstag geschenkt hatte im Arm lag er mit geschlossenen Augen da und dachte über die letzten Stunden nach. Avi hatte ihm eine Menge Fragen gestellt. Über seine Eltern, ganz besonders über seinen Vater, über die Schule und über Yoshi. Mitchell presste sich das Kissen fester ins Gesicht, aber es half nichts, die Tränen kamen trotzdem. Er spürte wie der Stoff die Flüssigkeit aufsog. Noch fester umklammerte er den Stoffteddy und biss die Zähne aufeinander. Er wollte nicht weinen, aber er konnte es auch nicht aufhalten. Die Tränen kamen und kamen, so lange, bis Mitchell das Gefühl hatte sämtliche Flüssigkeit in seinem Körper aufgebraucht zu haben. Dann wurde es besser. Nicht gut. Aber besser. Letztendlich konnte er doch einschlafen.

DU LIEST GERADE
R.E.C.
JugendliteraturDie anderen lachen ihn aus. Sie mobben ihn. Sie grenzen ihn aus. Er ist nicht gut genug für sie. Nur einer versteht ihn. Ein einziger, dem er zu vertrauen beginnt.