R.E.C.

12

Von außen hörte man die Stimme des Lehrers. «Welchen Unterricht haben wir jetzt?», fragte Mitchell leise. «Mathe», erwiderte Scott und griff nach der Türklinke. «Warte...» Mitchell zog Scott's Hand zurück. «Ich hab keine Lust auf Unterricht» Scott seufzte. «Wenn ich nochmal schwänze bin ich tot! Meine Mom wird mir sonst was verbieten» Mitchell verdrehte die Augen. «Dann warte hier» «Nein, Mitchie Mome-» Mitchell ignorierte ihn, öffnete die Tür und lief durch den Raum. Scott konnte sehen wie er kurz mit dem Lehrer redete, ein paar mal Richtung Tür zeigte und dann wieder kam. «Du hast gekotzt und gehst jetzt nach Hause», verkündete er. «Ach, tu ich das?», fragte Scott trocken. Ihm gefiel Mitchells gleichgültiges Getue über das Schwänzen und Lügen nicht. Er ist so nicht aufgewachsen und ihm wurde das alles immer als furchtbar böse vermittelt. «Und was ist mit dir?» Sein Ton klang etwas pissiger als er selbst erwartet hatte und er verzog das Gesicht. «Ich begleite dich zum Sekretariat» Mitchell nahm Scott's Hand und zog ihn den Flur entlang. «Mitchie, warte» Scott sah ihn schief an. «Mir gefällt das nicht. Wie kannst du einfach so lügen? Oder einfach so Schule schwänzen? Ich versteh das nicht und ich mag das nicht» Mitchell runzelte die Stirn. «Was ist'n so schlimm daran?» «Hä?» Scott traute seinen Ohren nicht. Kein Wunder, er war viel verwöhnter als Mitchell. Er verstand Mitchells Verhalten ebenso wenig wie Mitchell das seine. «Kannst du jetzt nicht einfach mit mir kommen Scott? Bitte», flehte Mitchell und seine Stimme nahm eine, für ihn eher untypische, Tonlage an. Noch während er das sagte, sah Scott an seinem Gesichtsausdruck, dass Mitchell sich für diese Worte, ebenso für die Tonlage, hasste. Er kannte den Jungen nun gut genug um zu wissen, dass er alles dafür tat keine Schwäche zu zeigen, dass er Schwäche, Demütigungen und verlieren hasste wie die Pest. Flehen gehörte wohl dazu. «Dann mach doch was du willst!» Mitchell ließ ruckartig Scott's Hand los, welcher er vorhin noch eisern festgehalten hatte, und lief davon. Scott seufzte entnervt, als er Mitchell nach blickte. «Jetzt warte Mitchell!» Er rannte ihm hinterher. «Du musst mir nicht folgen, nur weil du ein schlechtes Gewissen hast Scott», murmelte Mitchell, als Scott neben ihm zum stehen kam. «Ich kann doch sowieso nicht zurück in die Klasse. Und meine Mom ist den Rest des Tages nicht zu Hause» Scott zuckte mit den Schultern. Mitchell lächelte leicht. «Das heißt aber noch lange nicht, dass mir das gefällt... Warte mal, lächelst du?» Sofort versteinerte sich Mitchells Miene. «Nein!» «Ich bin mir aber sicher!» «Hab ich nicht!» «Doch, hast du» «Halt deine Klappe Scott!» «Ist ja gut! Aber du siehst toll aus wenn du lächelst» «Ich warne dich»

Mitchell schämte sich für Scott's kleines Kompliment. Ebenso schämte er sich für das leichte Lächeln auf seinem Gesicht. Lächeln gehörte ebenfalls auf seiner Hass-Liste. Aber dennoch, irgendwie fühlte er sich für Scott's Bemerkung gerührt. Wahrscheinlich wurmte ihn das sogar noch mehr als das Lächeln.