„Lynn! Ich brauch die Transportgamaschen", rief ich in die Stallgasse hinein. Ich hielt meine Arme nach links und rechts ausgestreckt, um den Pferden eine Begrenzung zu zeigen, sodass alle vier hinter mir blieben. Doch wie es so war, Peter Pan und Jonny, beides die reinsten Chaoten, schubsten die Harmony und Rocky Rubin immer und immer wieder. Mom kam mit den Transportgamaschen für Harmony an und hockte sie an ihr eines Vorderbein.
„Danke fürs Mitbringen der anderen Gamaschen", gab ich sarkastisch von mir und warf Harmonys Strick über den Hals der Fuchsstute.
„Ey, kannst du mal weiter festhalten?", zickte Mom mich an.
„Kannst du vielleicht mal nicht nur an dein Pferd denken?", konterte ich und schob Rocky Rubin zurück, da er versuchte mich mit der Brust weg zuschieben, „außerdem ist es sicherer für dich, wenn ich Harmony nicht festhalte, so wie die anderen drei sich hier aufführen"
„Ich bin im Stress, tut mir ja leid", meckerte sie nur kopfschüttelnd.
„Luna muss als erstes von uns in den Parcours, sie hat am meisten Stress", nahm Lynn mich in Schutz und drückte mir zweimal Transportgamaschen in die Hand.
„Selberschuld, wenn du zwei Pferde mitnimmst", argumentierte Mom.
„Du hast mir eine bestimmte Zeit gegeben, in der ich dieses Pferd komplett umkrempeln muss, also muss ich ja was tun", meckerte ich genervt und zog ein wenig energischer am Strick von Jonny, damit er endlich mit dem Tänzeln aufhörte. Verwundert von meiner plötzlichen Art durchzugreifen, blieb Jonny auf der Stelle stehen und rührte sich nicht mehr vom Fleck. Peter Pan wirkte auch angetan von meiner Laune und riskierte auch keine weiteren Faxen mehr. Im Nu waren beide Pferde transportfähig und ich lud sie mit der Hilfe von Lynn ein. Peter Pan fuhr mit Harmony, Rocky Rubin mit Jonny. So wäre mein Pferd das ganze Turnier über nicht unbeobachtet. Gemeinsam mit Lynn stieg ich in das Auto, welches meine Schwester und ich uns teilten und rollte langsam vom Hof. Unsere Mutter fuhr uns mit wenig Abstand hinterher. Am Turnierplatz angekommen begann wieder die Hektik. Mom ging uns anmelden, Lynn und ich luden die Pferde aus, wobei Jonny und Rocky Rubin im Anhänger blieben, da sie noch eine Weile Zeit hätten. Meine Schwester band Harmony am Hänger fest und half mir mit Peter Pan, der mit seinen neun Jahren zwar älter ist alt Jonny, aber bei Turnieren trotzdem noch gerne nervös wurde. Mom kam wieder und verteilte die Startnummern.
„So, du bist gleich dran. Hast du alles?", fragte Lynn und reichte mir den Helm. Ich setzte ihn auf und nickte dann. Von einem kleinen Tritt aus stieg auf das kleine Pferd und ritt im Schritt in Richtung Abreiteplatz. Lynn lief die ganze Zeit neben mir her und redete auf mich ein, worauf ich achten sollte. Wir ritten beide Peter Pan, weswegen sie seine Schwachstellen ebenfalls gut kannte.
„Denk daran, diese scharfe Kurve zwischen Hindernis 8 und 9, die musst eher eckig, dafür aber eng reiten, dann gewinnst du richtig Zeit", meinte sie und ich nickte. Ja, die Kurve zwischen Hindernis 8 und 9 war das einzig wirklich schwierige am Parcours. Das wirklich schwierige war Peter Pan an sich. Er war anfällig dafür, einfach urplötzlich ein Hindernis zu verweigern und seinen Reiter mehrere Meter weit über den Platz zu katapultieren. In ihm steckte scheinbar ein Rodeopferd.
„Die nächste Reiterin ist Luna Michaels auf Peter Pan, vom Reitstall Smith. Es gilt, die Zeit von 55 Sekunden zu unterbieten", schallte es aus den Lautsprechern. Ich trabte in Richtung der Kampfrichter, grüßte einmal kurz, wartete auf das Signal in Form eines Klingelns und ließ Peter Pan dann angaloppieren. Der Schecke machte deutlich kleinere Galoppsprünge als Jonny, lief aber auch deutlich sicherer und williger durch den Parcours. Bis auf einmal kurz, machte er keine Anzeichen zu verweigern. Als ich mit 58 Sekunden ins Ziel kam, war ich sehr zufrieden mit ihm. Er war zwar nicht der Schnellste gewesen, hatte dafür aber nichts abgeworfen. Laut schnaubend und zügigen Schrittes lief Peter Pan am langen Zügel auf den Abreiteplatz, wo Lynn uns entgegen kam.
„Richtig gut", lobte sie uns begeistert, „aber er ist nicht so der Kandidat, der vor dem Wassergraben nochmal das Tempo anzieht.". Sie lachte und klopfte den Hals von Peter Pan. Ich schwang mich von seinem Rücken und nahm die Zügel in die Hand.
„Er macht es lieber mit Gemütlichkeit", grinste ich
„Dafür aber sicher", fügte sie hinzu und machte die Steigbügel hoch.
„Einmal kurz wollte er verweigern, aber ich hab es noch rechtzeitig gemerkt", berichtete ich, während wir nebeneinander her zum Anhänger gingen.
„Das war der komische Hopser vor dem dritten Hindernis, oder?", wollte sie wissen. Ich nickte und löste am Anhänger Peter Pans Sattelgurt. In der Zwischenzeit holte Lynn schon mal Rocky aus dem Anhänger, um ihn noch einmal über zu bürsten. Als ich ein paar meiner Konkurrenten bemerkte, wie sie wieder zum Abreiteplatz ritten, entschied ich mich auch dafür, dorthin zu gehen mit Peter Pan.
„Ist schon Siegerehrung?", fragte Lynn verwundert.
„Ich glaube ja", erwiderte ich und sah mich um.
„Warte, ich leg eben noch die Trense an, dann komm ich mit", meinte sie und schwang sich auf Rocky Rubins Rücken, nachdem sie sich noch den Helm aufgesetzt hatte. Ich holte Nightwish aus dem Anhänger und setzte mich auf Peter Pans Rücken. Lynn und ich ritten nebeneinander her und Nightwish trottete am langen Strick hinter uns her. Vor dem Abreiteplatz gab ich Lynn den Strick meines Pferdes und ritt mit Peter Pan zu den anderen.
„Und auf dem dritten Platz, mit einer Zeit von 58 Sekunden und 0 Strafsekunden, Luna Micheals auf Peter Pan vom Reitstall Smith", ertönte es und ich ritt im Trab auf die zwei Leute zu, die die Schleifen verteilten. Beide gratulierten mir, hefteten Peter Pan die Schleife an die Trense. Danach widmeten sie sich dem zweiten und ersten Platz. Wir wurden zu einer Ehrenrunde aufgefordert und galoppierten in der Reihenfolge unserer Platzierungen hinter dem ersten Platz hinweg. Als wir wieder vom Platz runter ritten, parierte ich augenblicklich durch, da ich den Ausgang erwischen musste und verschwand direkt aus dem Gedränge. Ein paar meiner Mitstreiter sahen mich mit seltsamen Blicken an. Sie wussten wer meine Mutter war und wie erfolgreich sie mit Harmony aktuell war. Ich nahm Lynn Nightwish ab und ritt mit beiden Pferden zurück zu den Anhängern. Peter Pan sattelte ich ab und legte Nightwish Sattel und Trense auf. Ich ritt mit ihm und Peter Pan im Schritt über das Turniergelände und sah mir alles in Ruhe an. Mit der Zeit legte sich die Unruhe in Nightwish und er schnaubte erleichtert aus. Scheinbar hatte er erkannt, dass wir heute nicht hier waren, damit er im Parcours rum rennen musste.
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Nightwish
Teen FictionEr ist alles was ihr von ihrem Vater blieb. Er ist der Sohn des Pferdes, das Schuld an dem Tod von ihrem Vater ist und er ist keines Wegs ein einfacher Begleiter. In eine Springreiterfamilie rein geboren fällt Luna aufgrund einer Tatsache besonders...