Aufführung.

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Der Tag der Vorführungen der Choreografien war gekommen. Nach dem Abendessen schwirrten alle aus, um ihre Pferde vorzubereiten. Wir waren das Ende des Programmabends, weil wir die größte Gruppe waren. Somit hatten wir Zeit, die ersten Choreografien zu sehen. Viele Leute aus der Umgebung waren extra zu Besuch gekommen, weswegen die Parkplätze überfüllt waren und viele auf den Weiden parken mussten. Die ersten Choreografien waren lustig und akrobatisch. Da war ein reines Mädchenhaus gewesen, welches auf zwei ihrer Pferde voltigierte. Ein Jungshaus spielte Pferdefußball auf hohem Niveau. Luke und ich waren nur getrabt mit unseren Pferden und hatten dabei ab und zu den Ball angerempelt, aber bei denen sah das richtig professionell aus. Sie galoppierten und passten richtig. Ein gemischtes Haus führte dann ein Märchen vor und wieder ein anderes Haus, hatte verschieden Länder als Thema. Da gab es zum Beispiel das Pferd komplett in Italienfarben mit Pizza, das Deutsche Pferd mit Bier, das Amerikanische Pferd mit einem American Football und der Reiter trug eine komplette American Footballausrüstung, dann gab es England mit dem Tee trinkenden Reiter und Russland mit der dicken Pelzmütze. Es war amüsant anzusehen. Der Länderauftritt war der letzte, den wir sahen, da wir dann unsere Pferde fertig machen mussten. Zu zwölft mussten wir in dem Stalltrakt alle gleichzeitig die Pferde fertig machen, weswegen 12 Pferde in der Stallgasse standen. Nightwish stand neben Rocky Rubin, Amigo neben Curry, die Stuten Snowflake und Willow nebeneinander und bei den restlichen Pferden konnte man irgendwie keine Struktur erkennen. Lukes Pferd trottete irgendwie die ganze Zeit durch den Stall und niemand interessierte es. Jason hatte die ehrenreiche Aufgabe, die ganzen Bandagen für die Pferde zu verteilen. Die Dressurpferde wurden schwarz bandagiert, die Polopferde rot, die Springpferde blau und Nightwish weiß. Zu Musik aus einer kleinen Musikbox putzten wir unsere Pferde und sattelten und trensten sie. Jason ging rum und verteilte Abschwitzdecken, die wir nach dem Auftritt brauchen würden, da es echt anstrengend war. Als große Einheit verließen wir den Stall und ritten in zweier Teams nebeneinander her. Lynn und ich ritten nebeneinander und quetschten uns an der Zufahrtstraße zum Camp zwischen Hecke und Autos durch.

„So, ich warte hier. Ich könnt euch ja auf dem Stück hin und zurück warm reiten", kündigte Jason an und wir ritten nebeneinander her im Trab auf dem schmalen Grasstück neben der Straße. Als Jason uns dann irgendwann zurückrief, weil es Zeit wurde für uns, wurden wir langsam nervös. Es war kein Turnier und wir wurden auch nicht bewertet, aber wir mussten zu zwölft in einer großen Reithalle uns nicht über den Haufen reiten. Das brauchte schon ein wenig Übung. Die Holztür, welche in die Bande eingebaut war, war groß genug, dass zwei Pferde nebeneinander durchreiten konnten. David und Justin standen ganz vorne in der Schlange und hatten bereits jeder eine große Amerikafahne in der Hand. Die Musik ertönte und die beiden galoppierten in die Halle. Einer an der linken Seite der Bande, einer an der Rechten. Unten in den Ecken blieben sie stehen. Nun kamen Daniel, Luke, Calvin und Ty dran. Als vierer Block trabten sie in die Halle und ließen ihre Pferde auf dem Mittelpunkt auf der Stelle traben. Sie nahmen eine Formation an, in der die Hintern der vier Hengste sich fast berührten und ließen ihre Pferde mit der Vorderhand kreisförmig seitlich galoppieren. Es sah echt aus wie ein Kunstwerk. Danach ritten sie in zweier Gruppierungen im Galopp durch die Halle, kreuzten sich, bildeten neue zweier Teams und blieben an der kurzen Seite, wo auch der Eingang zur Halle war stehen. Zwei stand rechts von der Tür, zwei links. Die Musik wurde lauter und wilder und nun standen Lynn und ich vorne. Hinter mir Katie und Emma. Wir mussten wieder dafür sorgen, dass die Stuten zusammen wären, da wir sonst nur Hengste hatten. Lynn und ich galoppierten in die Halle. Sie linksrum, ich rechtsrum. Ich lenkte Nightwish nach zwei Galoppsprüngen an der langen Seite in Richtung Mittellinie, als würden wir durch die ganze Bahn wechseln wollen. Nightwish erblickte das Hindernis und zog das Tempo an. Er sprang und hinter mir kreuzte Lynn unseren Weg. Dann kam Katie, dann Grace, dann Emma und zum Schluss Mia. Wir ritten zwei solcher Runden. Nach der zweiten Runde ritt Lynn nicht rechts rum, sondern links rum und parierte in den Trab. Ich schloss mich hinter Mia an und wir ritten in Richtung obere kurze Seite. Daniel und Luke reihten sich vor Lynn ein und Calvin und Ty hinter Emma. Dann galoppierte die Abteilung wieder an und unten an der anderen kurzen Seite übernahm dann David die Führung und Justin das Ende. In der Zwischenzeit war Jason dabei das Hindernis umzubauen, sodass es zu einem großen wurde. Wir galoppierten zwei Runden als 12er Gruppe zum Takt der Musik und dem gleichmäßigen Klatschen der Zuschauer, bis ich wieder ansetzte, um das Hindernis anzureiten. Wieder lenkte ich Nightwish so, als würde ich durch die ganze Bahn wechseln wollen und verließ damit die Abteilung. Katie schloss zu Mia auf und peilte das Hindernis an. Nightwish legte drastisch an Tempo zu und übersprang das Hindernis. David und damit die ganze Abteilung kam mir entgegen, weswegen ich rechts rum lenkte und den anderen entgegen galoppierte auf dem zweiten Hufschlag. Ich lobte Nightwish und da war er wieder, der Freudensbuckler. Wir alle parierten durch, stellten uns nebeneinander auf der Mittellinie auf und beendeten unsere Choreografie damit. Wir ritten die erschöpft, aber zufrieden schnaubenden Pferde aus der Halle und legten alle Abschwitzdecken auf. Laut lachend ritten wir durch die Dunkelheit zu dem Draußenplatz, welcher durch das Flutlicht erleuchtet wurde. Wir mussten jetzt unsere Pferde im Schritt noch trocken reiten.

„Hamma Leistung Leute. Ich hätte nicht gedacht, dass ihr das so gut hinbekommt", lobte Ty alle.

„Ein Wunder das du es geschafft hast, mit deinem Spatzenhirn", erwiderte Calvin lachend. Ty musste auch lachen und ich schüttelte nur amüsiert den Kopf.

„Was steht heute Abend noch an?", fragte David in die Runde.

„Ich bin für einen entspannten Filmabend", schlug Luke vor

„Oh ja, aber wir müssen unbedingt Pizza bestellen", meinte Mia.

„Geht klar", stimmte Daniel zu.

Am späten Abend, als wir noch auf unsere Pizza warteten, ging ich noch einmal durch den Stalltrakt. Vor der Box von Nightwish blieb ich stehen und schob die Tür zur Seite. Er stand zufrieden fressend vor mir.

„Du hast ihm wohl die beste Zeit seines Lebens ermöglicht, mit diesem Camp", ließ mich eine tiefe Stimme plötzlich zusammenschrecken. Kurz darauf spürte ich, wie mich jemand hinter mir in den Arm nahm. Es war Jason. Ich lehnte mich gegen ihn.

„Sein letztes Jahr wird wohl sein bestes gewesen sein", meinte ich nickend.

„Wie sind seine Blutwerte?", wollte Jason wissen.

„Gestern hab ich Ergebnisse bekommen. Sie waren gut", erwiderte ich

„Scheint so, als würde es der liebe Gott gut mit euch meinen", gab Jason grinsend von sich. Ich nickte nur. Ja, scheint so als hätte ich wirklich Glück.

NightwishWo Geschichten leben. Entdecke jetzt