„Luna?", sprach mich das Mädchen vor mir auf einmal an und drehte sich leicht zu mir nach hinten.
„Ja?", fragte ich erstaunt, da ich wohl in Gedanken versunken war
„Sven meint, du sollst nach ganz vorne gehen", richtete sie das aus, was ihr Vordermann ihr zuvor gesagt hatte. Ich lehnte mich im Sattel leicht zur Seite, um an all den Pferden vorbei zu schauen. Sven sah nach hinten und zeigte mit einer Handgeste, dass ich an der gesamten Gruppe vorbei reiten sollte. Ich lenkte Jonny auf das Rasenstück neben dem Weg und sah das Mädchen vor mir lächelnd an.
„Keine Sorge, der bleibt auch ganz hinten entspannt", beruhigte ich sie und zeigte auf ihr Pferd, als sie verunsichert die Zügel kürzer fasste. Ich trabte an der Abteilung vorbei, bis ich bei Peter Pan und Sven ankam. Er gab mir ein paar Anweisungen und brachte den Schecken zum Stehen, um sich wieder an letzter Stelle einzuordnen. Dann gab er die Anweisung zum angaloppieren an das Mädchen vor ihm weiter und kurz darauf kam es dann auch bei mir an. Ich gab Jonny eine Hilfe zum angaloppieren und musste ihn mit Schenkeldruck überzeugen vorwärts zu gehen. Er hatte noch nie eine Gruppe von Pferden angeführt. Er war lediglich der Mitläufer gewesen, weswegen es für ihn fremd war, ganz vorne zu galoppieren. Als er sich endlich überzeugen ließ, galoppierte er erst mit unsicheren kleinen Galoppsprüngen langsam vorwärts. Nach kurzer Zeit sprang in ihm ein Schalter, nachdem ich jeden Galoppsprung mit einem Schenkeldruck vorwärts getrieben hatte, und er verlängerte seine Galoppsprünge auf seine eigentliche Länge. Die gesamte Abteilung kam in Fahrt und Jonnys Tempo erhöhte sich endlich. Als eine Brücke in Sicht kam, parierte ich in den Schritt durch und die gesamten Reitschüler ritten brav im Schritt hinter her. Peter Pan stellte sich mal wieder an und ich parkte die Kinder auf ihren sicheren Schulpferden am Wegesrand und ritt zu Peter Pan. Der Schecke war schließlich auch noch ziemlich jung und unsicher. Jonny hatte gerade einen Höhenflug, weswegen ich das ausnutzte, wieder über die Brücke ritt und dann gemeinsam mit Peter Pan die Brücke überquerte. Die beiden Pferde kannten sich gut. Sie waren Boxennachbarn, standen zusammen im Anhänger und auf dem Paddock. Das waren Vorteile in solchen Situationen.
„Na der taut ja langsam auf", meinte Sven lachend und nickte auf Jonny, der neben Peter Pan deutlich größer als der Schecke erschien. Ich ritt glücklich wieder nach vorne und die Abteilung setzte sich wieder in Bewegung, bis der gefürchtete Bachlauf kam, in welchen sich Peter Pan so gerne legte. Die Reiterin hinter mir ritt auf ihrem eigenen Pferd und schien schon ziemlich Sattelfest zu sein, weswegen sie gemeinsam mit mir die Absperrung im Bach bildete. Unsere Pferde standen sich gegenüber im Bachlauf, während die gesamte Abteilung zwischen den beiden Pferden durch ritt auf die andere Seite. So konnte niemand abhandenkommen. Peter Pan stellte sich bockig hin und fing an mit Huf aufs Wasser einzutreten, doch Sven überzeugte ihn, sich doch nicht hinzulegen und den Anschluss zu finden.
Nach knapp einer halben Stunde kamen wir am Geländeparcours an, der sowohl einen Slalom, als auch einen Steilhang, ein enge Brücke, eine Art Wippe, Flatterbänder und umgekippte Baumstämme zu bieten hatte. Sven zeigte alle Hindernisse mit Peter Pan, der hier schon etliche Male war, bevor er von meiner Mutter, Lynn und mir in den Parcours und auf Turniere geschickt wurde.
„Ihr bildet bitte drei Zweierteams, da einige Pferde das hier schon kennen und total entspannt bleiben, andere waren noch nicht hier. Luna, du reitest für dich allein. Du hast ja ein Ziel vor Augen", verkündete Sven und ich ritt schon mal los, während er mit seinen Leuten noch einiges besprach. Der Slalom war für Jonny eine Lachnummer, genauso wie die Baumstämme und der Steilhang. Sowohl die Wippe, als auch die enge Brücke und die Flatterbänder fand er allerdings gruselig. Sven kam zu mir geritten und gab mir Anweisungen.
„Bei der Wippe und bei den Flatterbändern nimmst du ihn kurz und übernimmst die Führung, bei der Brücke lass ihn mal lang, damit er lernt selbst Entscheidungen zu treffen", meinte der Reitlehrer und schickte mich als erstes zu den Flatterbändern. Ich nahm Jonny kurz und ritt darauf zu. Er schreckte immer wieder zurück und ging ein paar Schritte rückwärts. Dieses Hindernis war mehr als beängstigend für ihn. Sven schickte das alte erfahrene Schulpferd vor und Jonny ging nach Nachdruck von mir dem Pferd hinter her. Als er drunter durch war, lobte ich mein Pferd und ließ ihn kurz verschnaufen. Dann ritt ich noch einmal allein durch und siehe da, Jonny ging deutlich souveräner durch die Flatterbänder, als noch kurz vorher. Bei der Wippe dann, vertraute er voll auf mich und als der Fußboden unter seinen Füßen sich kurz bewegte, zuckte er zusammen, lief dann aber keines Wegs ängstlich von der Wippe runter. Bei der engen Brücke ritt ich einfach nur auf sie zu und ließ dann die Zügel lang. Jonny interessierte es herzlich wenig und er ging mit entspannt hängendem Kopf zügig über das Hindernis. Strahlend lobte ich mein Pferd. Ein weiterer Schritt in Richtung Nightwish war getan. Jonny lernte, dass es Momente gab, in denen ich der Boss war. Das machte mich glücklich.
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Nightwish
Roman pour AdolescentsEr ist alles was ihr von ihrem Vater blieb. Er ist der Sohn des Pferdes, das Schuld an dem Tod von ihrem Vater ist und er ist keines Wegs ein einfacher Begleiter. In eine Springreiterfamilie rein geboren fällt Luna aufgrund einer Tatsache besonders...