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"Was willst du hier", fragte ich ihn kühl. Keine Zeit und kein Interesse für Förmlichkeiten. "Mit dir reden", erwiderte er genauso kühl. "Und worüber?" "Über Tyson." "Ich denke es geht dich nichts an." "Hat er dich schon ins Bett bekommen?" Ich zuckte bei der Schärfe in seiner Stimme zusammen. "Was geht dich das an, Nathan?" Ich musste mich beherrschen um ruhig zu bleiben. "Leyla, hat er oder nicht?" Warum wollte er das eigentlich so unbedingt wissen? Warum war er so verbissen auf eine Antwort? Seine Frage duldete anscheinend kein Schweigen. Er machte mir Angst. "Nein", fauchte ich und sah zu wie Nathan die Luft ausstieß und sich entspannte. "Gut. Lass dich nicht darauf ein. Bitte." Bitte aus seinem Mund? Was war denn mit dem los? "Was? Warum? Er ist nett im Gegensatz zu dir. Aufmerksam, bringt mich zum Lachen. Ich verbringe gerne Zeit mit ihm. Er ist also das komplette Gegenteil von dir. Aus welchem Grund soll ich dir also Glauben schenken?" Ich spuckte ihm die Wörter förmlich entgegen. Mir fiel es immer schwerer mich ruhig zu halten. "Autsch. Das hat gesessen. So siehst du mich also, Leyla? Ty, ist nicht der, der er vorgibt zu sein. Sei vorsichtig. Bitte."
Schon wieder ein bitte. Das schien ihm ja wirklich wichtig zu sein. "Ja so sehe ich dich. Denn du benimmst dich wie ein Elefant im Porzellanladen. Wie ist er denn?" "Pass einfach auf. Er meint es nicht ehrlich. Mehr sage ich dazu nicht." "Und du meinst es ehrlich? Aus welchem Grund soll ich dir vertrauen?" "Ich habe dich nie angelogen. Immer ehrlich meine Meinung gesagt." Da hatte er ausnahmsweise mal recht. Auch wenn seine Meinung durchaus nicht immer von Freundlichkeit geprägt war.

Er kam mir verdammt nah und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Da war ich nicht drauf vorbereitet, denn mein Gehirn analysierte gerade noch das Gespräch. Deswegen bekam ich Schnappatmung als er seine Lippen auf meine presste. Ich öffnete ihm bereitwillig meinen Mund und meine Hände fanden ganz von alleine den Weg zu seinem Nacken.
Er griff unter meinen Hintern und hob mich hoch. Auch hier fanden meine Beine den Weg von selbst um seine Hüften. Was war nur los mit mir? Ich dirigierte ihn ins Wohnzimmer und erst vor der Couch kamen wir zum Stehen. Er setzte sich auf diese und zog mich auf seinen Schoß. Seine Küsse wurden fordernder, verlangender und seine Härte drängte sich gegen meine Mitte, was mich aufstöhnen ließ. Völlig außer Atem lösten wir uns voneinander und ich lehnte meine Stirn gegen seine. "Oh Gott. Leyla was machst du nur mit mir", fragte er keuchend. "Das kann ich dich genauso fragen." Ich war total durcheinander. Ty und ich waren nicht zusammen, verbrachten Zeit miteinander und verstanden uns super. Ich fühlte mich bei ihm wohl. Warum Nate mich vor ihm warnte, verstand ich nicht. Noch nicht? Nate war das krasse Gegenteil von Ty. Bestimmend, aufbrausend, fordernd, verlangend, angsteinflößend, aber auch Sex pur. Er schrie danach und mein Körper schrie, aus welchen Gründen auch immer, nach ihm. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Ich wusste nicht, dass ein Mensch so eine Wirkung auf einen anderen haben konnte. In meinen Büchern hatte ich es schon mal gelesen, aber es waren doch nur Bücher und nicht die Realität. Aber in der Hinsicht konnte Ty nicht mithalten. Wenn er mich berührte, kribbelte es zwar auch, aber so was wie bei Nate kannte ich nicht. Ich konnte es gar nicht in Worte fassen und nicht wirklich greifen. Bei Nates Berührungen hatte ich das Gefühl mich verbrennt es, er brandmarkt mich als sein Eigentum und es war nicht schlecht anders, es fühlte sich so gut an. Wie absurd. Aber Nate hatte so extreme Stimmungsschwankungen, die mich zur Weißglut trieben. Das mit uns würde kein gutes Ende nehmen, egal in welcher Hinsicht.

"Leyla woran denkst du?" Damit riss er mich aus meinem Gespräch mit meiner inneren Stimme, schon wieder. Ich schüttelte den Kopf. "Was ich tun soll. Was das hier alles ist. Ein gut aussehender Typ, der hinter mir her ist hätte mir für den Anfang echt gereicht. Ehrlich, aber mit Zweien bin ich total überfordert. So etwas passiert mir nicht jeden Tag. Also das überhaupt jemand an mir interessiert ist. Und dann auch noch zwei die unterschiedlicher nicht sein könnten. Das ist harter Tobak." Woher nahm ich denn jetzt den Mut einfach frei Schnauze zu reden? "Ach ja. Wie sind wir denn?" Er funkelte mich herausfordernd an. Ich hing schon so tief drin, warum sollte ich ihm dann jetzt irgendwelche Lügen auftischen - also immer raus mit der Wahrheit. "Du bist aufbrausend, besitzergreifend, fordernd und verlangend. Ein Kontrollfreak. Aber andererseits bist du auch leidenschaftlich und wenn du mal richtig lachst, dann strahlen deine Augen so viel Wärme aus und deine harten Gesichtszüge werden weicher. Tja und nicht zu vergessen, dass du puren Sex verkörperst mit deiner Ausstrahlung, deiner Macht und deinem guten Aussehen, dem durchtrainierten Körper." Nate zog scharf die Luft ein und strich mir über den Rücken. Mit so viel Ehrlichkeit hatte er wohl dann doch nicht gerechnet. Und wahrscheinlich puschte ich sein Ego auch gerade mit den letzten Sätzen gewaltig. "Und weiter?" "Ty ist einfühlsam und lustig. Dein Lachen erreicht oft deine Augen nicht. Bei Ty schon. Er hört zu, drängt mich nicht. Lässt mich entscheiden. Er ist liebevoll und hat einen durchtrainierten Körper, sieht gut aus und hat eine gewisse Ausstrahlung." Einen Moment lang blieb es still. "Leyla, für wen würdest du dich in diesem Moment entscheiden, wenn du dich jetzt entscheiden müsstest?" Und da war er wieder der Wettbewerb. "Für Ty. Sorry. Ich kenne ihn schon besser. Er gibt mir ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit und das brauche ich momentan. Außerdem behandelt er mich nett und mit Respekt." "Wegen deines Sohnes?" Erstaunt riss ich die Augen auf. Vor einigen Tagen verkündete mir Ty, das er von Tristan wusste und jetzt auch noch Nate? "Glaubst du etwas ich wusste das nicht? Ich wusste es von Anfang an." "Aber warum hast du mich dann wegen meines Jobs gefragt, wenn du wusstest wieso ich halbtags arbeite?" Der Mann hatte es echt drauf mich total zu verwirren und an meinem Verstand zu zweifeln. "Weil ich wissen wollte wie viel du bereit bist preiszugeben. Und deinen Sohn schützt du wie ein Tiger sein Junges - mit allen Mitteln und bis aufs Blut. Respekt. Ich glaube aber dein Sohn ist nicht der einzige Grund weswegen du Sicherheit vorziehst. Ich denke es hat entweder mit deinem Ex zu tun oder anderen Leuten aus deiner Vergangenheit. Du brauchst die Kontrolle." Warum traf er mit seinen Aussagen genau ins Schwarze? Ich nickte. "Die letzten Jahre reichen für eine verdammt lange Zeit. Ich will Ruhe und Kontrolle. Kontrolle über mein Leben." "Du hattest sie eine ganze Zeit lang nicht", flüsterte Nate fast und ich nickte nur stumm. Ich werde ihm sicher nicht von meiner Vergangenheit erzählen. Der wusste eh schon genug. Das musste reichen. "Leyla, dann lass dich nicht auf Ty ein." "Nate, das widerspricht sich doch. Du bist doch der Kontrollfreak. Ty kann jawohl nicht nur eine Rolle spielen und wenn er mich im Bett hatte der Teufel werden." Nate antwortete darauf nicht, fragte stattdessen: "Wie hat die Person aus deiner Vergangenheit, gehen wir jetzt mal von deinem Ex aus, es geschafft dir die Kontrolle zu nehmen? Er wird jawohl nicht beim ersten Date gesagt haben: Leyla, ich übernehme ab jetzt die Kontrolle über dein Leben und du hast dich zu fügen." Eine Antwort erwartete er gar nicht. Er wollte mir nur einen Denkanstoß geben und das hatte er definitiv. Daniel war anfangs total charmant, Gentleman, einfühlsam, lustig, las mir jeden Wunsch von den Augen ab, trug mich auf Händen. Gut über den Sex brauchten wir nicht sprechen, der war eine Katastrophe. Auch wenn ich nicht so erfahren war, konnte er nicht verleugnen das er eine Niete im Bett war und ich ihn überhaupt nicht interessierte. Ihn interessierte nur, dass er zum Schuss kam, alles andere war ihm egal. Jetzt mal vom Sex abgesehen, war es ein schleichender Prozess: Wir trafen uns anfangs auch mit meinen Freunden, die waren aber auf einmal nicht mehr gut genug und wir trafen uns nur noch mit seinen. Meine wurden schlecht geredet. Ich zog mich immer mehr von meinen Freunden zurück und vergraulte die wenigen die ich hatte. Bis ich irgendwann nur noch zu Hause saß und auf Daniel wartete. Alle Beleidigungen und Drohungen, die mit den Jahren immer schlimmer wurden, schluckte ich einfach runter. Auch tagelanges Schweigen nahm ich in Kauf und bettelte um Entschuldigung, flehte ihn an wieder mit mir zu reden und versprach ihm mich zu bessern - für ihn. Doch es reichte nie. Ich war ihm nie genug und verlor das Entscheidende aus den Augen - mich selbst.

Ich merkte gar nicht wie mir Tränen in die Augen traten. Erst als Nate sie wegwischte, kam ich wieder in der Realität an. "Schhhhh. Leyla, es ist alles gut. Du bist in Sicherheit. Ich bin da." "Woher wusstest du das mit meinem Ex?" "Das hast du mir jetzt gerade bestätigt. Ich hatte nur die Vermutung, dass es jemand sein musste der dir mal ziemlich nahe stand. Du willst die Kontrolle über dein Leben, somit hat sie dir mal jemand genommen. Man sieht in deinen Augen, dass du eine Vergangenheit hast, die viele sicher schon in die Knie gezwungen hätte. Denn du bist nach außen hin kalt wie Eis, aber in dir sieht es ganz anders aus. Die meisten sehen es nicht, denn sie achten einfach nicht darauf, stempeln dich als emotionslos und unnahbar ab. Doch das bist du nicht. Das ist nur deine Maske, dein Schutz, um nicht zu fallen. Jeder trägt eine Maske, spielt eine Rolle, versteckt seine Vergangenheit, aber es gibt nur wenige die, die Maske zu Fall bringen können. Leyla, Narben gehören dazu, aber du musst dich bei den richtigen Menschen fallen lassen um weiter zu leben. Und das sind meistens Menschen, die selbst Narben auf der Seele haben, denn nur diese Menschen können die Wunden anderer sehen, spüren und begreifen." "Nate, was weißt du schon? Du trägst doch auch eine Maske. Du bist genau wie ich kalt wie Eis, weil deine Vergangenheit dich so gemacht hat. Würdest du die Kontrolle abgeben? Dich fallen lassen?... Nein, würdest du nicht, weil du deine Maske behalten willst. Warum sollte ich es dann tun?" "Da hast du wohl recht. Aber warum vertraust du dann Ty?" "Vertrauen ist das falsche Wort. Wir verbringen Zeit miteinander, lachen, albern rum. Er erzählt von sich und ich ein bisschen von mir, aber es ist eher oberflächlich wie eine Art Lebenslauf, nur etwas detaillierter. Niemand hat meine Vergangenheit zu interessieren. Es ist meine und hat in der Zukunft nichts verloren. Klar Tristan und die Frage nach seinem Erzeuger werden immer auftauchen. Über Tristan rede ich natürlich. Er ist mein Leben, meine Sonne. Und der Erzeuger: Tja da bekommen alle die gleiche Antwort: Tristan war vier Monate alt als ich mit ihm auszog, weil wir halt andere Vorstellungen vom Leben hatten. Zwei Jahre ein ewiges hin und her. Hoffnungen die zerstört wurden, weil sein Sohn ihn nicht wirklich interessiert. Es geht ihm ums Prinzip und es stört ihn, dass ich nicht springe wenn er was will. Bis vorm Kurzem hatten wir begleiteten Umgang, dies wurde aber abgebrochen und nun warte ich darauf, dass mein Ex vor Gericht geht und dies einklagt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen." "Das sind also die Fakten?" Ich nickte. "Dann möchte ich nicht wissen wie die Dunkelziffern aussehen." "Siehst du. Ist vielleicht auch besser so." Oh je. Ich fühlte mich bei Nate wie ein offenes Buch. Nicht viel gesagt, aber doch so viel preisgegeben. Irgendwie schaffte er es in meine Seele und das machte mir Angst. Nate zog mich an sich und hielt mich einfach nur fest. Keine Spur mehr von dem arroganten CEO.
Keine Ahnung wie lange wir da so saßen, aber irgendwann war ich wohl eingeschlafen.

Als ich aufwachte, lag ich zugedeckt auf der Couch und meine Uhr zeigte 3 Uhr und von Nate fehlte jede Spur. Hatte ich mir das alles nur eingebildet und geträumt? Mein Handy belehrte mich eines besseren. *Hey Baby. Wollte dich nicht wecken, aber ich wollte auch nicht das dein Sohn mich morgens sieht. Schlaf gut. Bis morgen. N*

Woher er meine Nummer hatte wollte ich nicht wissen oder? Mein Herz ging auf, weil er an Tristans Reaktion gedacht hatte. Hätte ich ihm gar nicht zu getraut. War unter dem Eisklotz etwa doch irgendwo ein Herz vergraben? Trotzdem wusste ich nicht was ich machen sollte und davon halten sollte. Die Seite die Nate mir gezeigt hatte gefiel mir, keine Frage. Wem würde die bitte nicht gefallen? Aber was war das? Und was war mit Tyson? War er so lieb und nett wie er tat oder war das seine Masche? Redete Nathan ihn schlecht, weil er mich für sich wollte oder wollte er mich wirklich vor seinem Freund warnen, weil er gefährlich war? Wem vertraute ich? Ich musste eine Entscheidung treffen, besser früher als später, denn ich wollte und konnte mich nicht auf zwei konzentrieren. Das überforderte mich und dafür hatte ich weder die Zeit noch die Kraft. Wenn ich den Falschen wählen würde und nachher halt beide verloren hätte, dann hatte ich halt Pech. Vielleicht wollte ich ja von beiden auch selber nur Freundschaft?

Wie entschied ich mich also?


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Hallo ihr Lieben,

viel Spaß beim Lesen. Freue mich auf eure Kommentare und Votes :)

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag und bis bald

M

End or beginning? Trust me ✔ #LeseLiebe18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt