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Eine Woche später kam Herr Peter zu mir. Da mochte ich ihn noch.

„Frau Thomson, wäre es für Sie okay, wenn Sie eine halbe Stunde früher Feierabend machen würden und diese Unterlagen einem Mandanten bringen könnten? Sie sind wirklich wichtig."

„Klar. Kein Problem, Herr Peter. Wohin muss ich denn?"

„Zu Roberts International. Adresse steht drauf. Es ist nicht weit von hier. Ich rufe Herrn Roberts an und teile ihm mit, dass Sie die Unterlagen bringen. Moment..."

Damit griff er sich mein Telefon und ließ sich schon verbinden. Roberts International hatte Herr Peter gesagt? Und das war der Zeitpunkt ab dem ich meinen Chef nicht nehr ganz so mochte. Hätte ich doch lieber nein gesagt. Aber das konnte ich noch nie gut.
Nach 5 Minuten legte er auf.

„Sie sollen sich am Empfang melden und ihm die Unterlagen persönlich vorbeibringen."

Na toll. So viel zum Thema hoffentlich sehe ich diesen Menschen so schnell nicht wieder. Grrr.
Ich rang mir ein Lächeln ab und nickte nur.

Nachdem ich meine restlichen Aufgaben erledigt hatte, machte ich mich auf den Weg zu Roberts Int. Freude war etwas ganz anderes.

Zum Glück fühlte ich mich in meinem Bleistiftrock, meiner weinroten Bluse und meinen weinroten Pumps heute einigermaßen schick.

Als ich jedoch die Firma betrat, fühlte ich mich eher wie eine graue Maus. Hier liefen anscheinend nur Models in perfekter Kleidung rum.
Ich war eingeschüchtert, atmete tief durch und wollte es einfach nur hinter mich bringen und trat an den Empfang. Die blonde Tussi musterte mich von oben bis unten. Wie ich solche Leute hasste.

„Guten Tag. Thomson von der W & B. Ich habe Unterlagen für Herrn Roberts. Könnten Sie ihm bitte mitteilen, dass ich hier bin, damit er diese Unterlagen entgegennehmen kann?"

„Guten Tag. Geben Sie mir die Unterlagen, ich werde Sie an Herrn Roberts weiterleiten"

Haha nicht mit mir. Hatte die Tussi gerade nicht zugehört?

„Nein. Ich habe die ausdrückliche Anweisung die Unterlagen persönlich abzugeben. Wären Sie also bitte so freundlich und würden Herrn Roberts mitteilen, dass ich hier bin. Meine Zeit ist kostbar. Danke", säuselte ich und lächelte mein schönstes Fake-Lächeln.

Murrend nahm sie ihr Telefon und kündigte mich an. Na hoffentlich war der dabei nicht ein Zacken aus ihrem Krönchen gebrochen.

„Fahren Sie bitte mit dem Aufzug in den 7. Stock. Sie werden erwartet."

„Vielen Dank", grinste ich und lief zu den Aufzügen.

Im 7. Stock angekommen stand ich vor dem nächsten Empfang.

Och nö. Der Typ schien echt Kohle zu haben. Ich machte mich auf eine Kopie von der Tussi am unteren Empfang gefasst, aber zum Glück war die ältere Dame um einiges freundlicher. Vielleicht brauchte man ganz unten so einen Drachen, der alle schrecklichen Leute fernhalten sollte? Eigentlich gar nicht so unklug. Ups da war ich doch glatt etwas abgeschweift.

„Frau Thomson?"

Ich grüßte und nickte freundlich.

„Herr Roberts erwartet Sie bereits. Gehen Sie einfach hinein."

Ich ging zu der Tür auf die sie deutete, klopfte an und als ein „herein" ertönte, trat ich in den Raum.

Wow das Büro war ja fast so groß wie meine Wohnung. Das nenn ich mal Verschwendung.

„Frau Thomson. Schön Sie wiederzusehen"

Eher nicht. Wenn ich so weiter aufgesetzt lächeln musste, dann würden die Chancen super stehen, das es irgendwann festgewachsen wäre.

„Hallo Herr Roberts. Hier die benötigten Unterlagen wie mit meinem Chef besprochen."

„Danke. Legen Sie sie dorthin."

Das tat ich auch und zwar in Lichtgeschwindigkeit. Bloß weg.

„Okay. Dann noch einen schönen Tag."

Das war einfacher als gedacht. So schnell hatte ich gar nicht damit gerechnet wieder aus diesem Gebäude zu verschwinden.
Okay zu früh gefreut dachte ich zähneknirschend als er zu sprechen begann.

„Frau Thomson, warten Sie. Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen?"

Äh nein?! Das war mein Gedanke und das kam aus meinem Mund:

"Dürfen schon, ob ich sie beantworte ist die andere Sache."

Herr Roberts grinste mich an.

„Warum arbeiten Sie nur am Empfang? Sie machen mir einen intelligenteren Eindruck."

Das mit dem Empfang war eine Frechheit. Und woher wollte er wissen was ich für einen Eindruck machte? Was bildete dieser Mensch sich eigentlich ein?

„Herr Roberts, wollen Sie etwa sagen, dass alle am Empfang dumm sind? Na da haben Sie ja dann anscheinend viele dumme Menschen in Ihrer Firma."

Ups das wollte ich gar nicht so sagen. Na ja vielleicht doch.

„So meinte ich das nicht. Ich finde einfach der Job passt nicht zu Ihnen."

„Das lassen Sie mal meine Sorge sein. Auf Wiedersehen Herr Roberts."

Ich drehte mich um und stürmte aus dem Büro, wollte nur weg von diesem ungehobelten Bastard und knallte voll in jemanden rein. Na prima. Leyla in sowas warst du schon immer spitze. Ach wie ich meine innere Stimme doch liebte. Sie war immer so herrlich ehrlich.

„Sorry", murmelte ich verlegen und rieb mir meine Stirn und blickte in amüsierte strahlend blaue Augen. Wieder ein gutaussehender Anzugtyp. Liefen denn hier nur Models rum?

Als ich die Stimme von Herrn Roberts hinter mir vernahm, löste ich mich aus meiner Schockstarre, murmelte nochmal eine Entschuldigung und sprintete zum Aufzug. Ha wenigstens der meinte es in dem Moment gut mit mir, denn er war zum Glück offen und so drückte ich hastig auf den Knopf. Ehe sich die Türen schlossen, hörte ich noch „Nate, was hast du denn mit der Kleinen gemacht? Die war ja total wütend." „Ty, das geht dich nichts an."

Ich lehnte mich an die kühle Aufzugswand und schüttelte über diesen ungehobelten Kerl und diese absurde Situation den Kopf. Wer konnte mit so einem Menschen zusammenarbeiten? Hätte ich so einen Chef, ich hätte schon längst das Weite gesucht?
So ein Mensch konnte doch auch sicher keine Beziehung führen? Wer wollte so einen arroganten Menschen schon haben? Egal wie viel Geld der besaß. Kein Geld der Welt könnte doch seinen Charakter beschönigen... Na ja sollte mir ja egal sein.

Ich fuhr Tristan abholen und gemeinsam fuhren wir mit einer Freundin und ihrem Sohn schwimmen. Das genau brauchte ich. Tristan so unbeschwert im Wasser toben zu sehen, so sorgenfrei, ließ mich alle Sorgen vergessen. In so Momenten lebte ich nur in genau dem Augenblick und vergaß alles um mich herum. Solche Momente zeigten mir wofür ich gekämpft hatte und immer kämpfen würde und wer an erster Stelle stand - immer.

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