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Endlich wieder zu Hause fiel es mir schwer einen Gang runter zu schalten.
Meine Eltern halfen mir im Haushalt und mit Tristan. Nach der Arbeit kamen Nate und Ty oft vorbei. Ich fühlte mich nach einer Woche echt überbehütet.
Eines Abends wurde mir diese Fürsorge ein bisschen zu viel und da ich ja dafür bekannt war mit der Tür ins Haus zu fallen, tat ich auch genau das.
"Nate, ernsthaft. Ich bin dir echt dankbar, aber ihr braucht mich alle nicht in Watte packen. Ich bin nicht aus Zucker. Die OP ist jetzt schon zwei Wochen her. Die Fäden wurden gezogen und die Ärzte sind zufrieden. Ich darf wieder mehr tragen und mehr machen. Also lass mich es auch bitte tun."
"Baby, ich mach mir doch nur Sorgen."
"Ich weiß, aber du erdrückst mich. Bitte lass mir wieder mehr Freiraum. Ich bekomme keine Luft mehr."
Nate sah verletzt aus, aber ich konnte es nicht ändern. Er hatte zwei Wochen die Kontrolle an sich gerissen, jetzt wollte ich sie wieder haben. Ich war ihm dankbar dafür, aber er wusste doch wie wichtig mir meine Kontrolle war. Er war doch selber dahinter gekommen.
Ich brauchte diese Kontrolle. Oft genug haben andere meine Kontrolle übernommen, mein Leben gestaltet. Oft genug habe ich mich verbogen, um etwas wert zu sein, geliebt zu werden und was hat das alles gebracht? Ich habe mich zerstören lassen. Mir ging es immer schlechter und ich habe die falschen Personen magisch angezogen. Ich war zum Beispiel das gefundene Mobbing Opfer.
Und irgendwann hatte ich mir geschworen nie wieder ein Opfer zu werden und wurde kälter, emotionsloser und gab so gut wie nie wieder die Kontrolle ab. Viele trauten sich nicht mich anzusprechen, weil sie Angst vor mir hatten, weil ich so unnahbar war. Damit fühlte ich mich wieder sicher, denn mir konnte niemand mehr was. Bis Daniel mir über den Weg lief. Er brachte meine Welt zum Wanken und schnell zum Einsturz und ich ließ es auch noch zu, konnte nur hilflos dabeizusehen, wie mir die Kontrolle entglitt.
Durch die Schwangerschaft war ich aufgewacht, wahrscheinlich weil ich da auf einmal nicht nur mehr für mich Verantwortung übernehmen musste, sondern auch noch für mein ungeborenes Kind. Dieses ungeborene Wunder hatte meinen Kampfgeist wieder entfacht.
Durch diese Extremsituation wollte ich erst recht niemanden mehr an mich ranlassen und meine Kontrolle nie wieder abgeben. Ich musste sie ja erst mühsam wieder erlangen.
Und deswegen konnte ich es auch bei Nate nicht zulassen. Die letzten zwei Wochen waren wegen der Verletzung eine Ausnahme, das war aber jetzt vorbei.
"Ich werde es versuchen. Ich will dich sicher nicht einengen. Ich weiß ja wie wichtig dir deine Kontrolle ist. Es fällt mir nur so schwer, weil ich dich beschützen will. Hab also Einsicht mit mir. Bitte."
Damit riss Nate mich aus meinen Gedanken.
"Nate, ich weiß doch. Du meinst es nur gut und ich werde Einsicht haben, aber sei mir nicht böse wenn ich mal deswegen etwas ungehaltener werden sollte."
Er nickte und küsste mich, zog mich an sich.
Meine Welt war gerade schwer in Ordnung...


Aber niemand konnte auf Dauer in so einer Seifenblase wohnen. Wäre ja auch langweilig...
Außerdem stand Weihnachten vor der Tür und der allgemeine Trubel machte auch vor mir nicht Halt. Seit Tristan auf der Welt war, war Weihnachten wieder das Fest was ich so liebte.
Plätzchen backen, Adventskalendertürchen öffnen, Baum schmücken und dann in strahlende Kinderaugen schauen, wenn die Geschenke ausgepackt wurden. Da schmolz mein Herz dahin.
Okay bis dahin waren es noch 1 ½ Wochen. Das Krankenhaus hatte mich etwas zurückgeworfen, aber ich hatte ja schon alle Geschenke und so verwandelten Tristan und ich eines Nachmittags unsere Küche in ein Schlachtfeld.
Lachend ging ich zur Tür als es klingelte. Nate und Ty standen davor und sahen echt verwirrt aus. Lag es vielleicht daran, dass ich aussah wie ein Zombie, weil meine Haare voller Mehl waren? Neeee....
"Hey. Waren wir verabredet? Kommt doch rein."
"Hey. Nee nicht so wirklich. Was machst du gerade? Stören wir bei irgendwas?"
Nate klang nur ein ganz kleines bisschen besorgt und misstrauisch. Ty hingegen wuschelte mir durch meine Haare und grinste.
"Tristan und ich backen gerade Plätzchen."
Sie folgten mir in die Küche, wo Tristan auf seinem Hochstuhl an der Arbeitsplatte stand, die Schüssel mit dem Teig in der einen Hand und den Teigschaber in der anderen Hand. Seine Haare waren weiß vom Mehl und seine Klamotten sahen nicht viel besser aus. Aber wie er da so stand, seine blauen Augen mich anguckten und er über das ganze Gesicht strahlte, konnte ich nicht anders als mich an Nate zu lehnen, der gerade neben mir stand und mir ans Herz zu fassen.
Nate wurde sofort panisch.
"Ley, alles okay? Geht es dir nicht gut? Sollen wir zum Arzt?"
Ich schaute ihn nur mit Tränen in den Augen an, wusste nicht was er von mir wollte.
Da griff Ty ein: "Mann Nate, du musst noch einiges lernen. Leyla geht es nicht schlecht. Im Gegenteil. Ihr Mutterherz weint gerade vor Freude für dieses kleine Teigmonster."
Ty haute Nate auf die Schulter und Nate schlug sich beschämt vor die Stirn.
Und was machte ich?
Ich stand verwirrt da, wischte mir die Tränen weg und wirbelte einen quietschenden Tristan durch die Luft und überhäufte ihn mit Küssen.
"Igitt Mama. Lass das."
"Nichts da. Ich darf das... Noch."
Der arme Kerl, was musste der nur von mir denken? Geschädigt fürs Leben...
Egal da musste jedes Kind, was aufrichtig geliebt wurde mal durch und hat denen sicher nicht geschadet.
Wieder beruhigt halfen Nate und Ty sogar beim Backen. Helfen war jedoch ein dehnbarer Begriff... aber wir hatten alle Spaß und mussten nicht so viel wegschmeißen.
Als ich Tristan in die Wanne katapultierte und ihn badete, räumten die beiden sogar die Küche auf und deckten den Abendbrottisch.
Ich war dann auch mal sprachlos...passierte nicht so oft, aber manchmal halt schon.
Tristan fiel ins Bett und wir drei plauderten noch etwas und ich lehnte mich an Nate und war einfach mit dem Augenblick mehr als zufrieden.
So wirklich zusammen waren wir ja eigentlich nicht oder?
Er wich mir seit dem Krankenhaus kaum von der Seite und geküsst hatten wir uns auch ab und zu, aber nein zusammen waren wir noch nicht. Würden wir es überhaupt schaffen?
Kontrolle und Vertrauen waren hohe Hürden für uns beide...

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