Kapitel 12

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  Der Tag der Abreise ist gekommen. Die Queen unterstützt die Reise mit gnädigen dreitausend Pfund Urlaubsgeld. Damit sollen wir uns dort Personal anmieten und bezahlen oder eine neue Jacht erstehen, wenn wir wollen. Das ist wirklich wahnsinnig großzügig von ihr. Und die Betonung liegt auf wahnsinnig, denn sie wirft das Geld praktisch zum Fenster raus.
Ich hatte mich von Jule und Katha verabschiedet und hoffe, sie haben auch eine schöne Zeit.Am liebsten hätte ich sie ja mitgenommen, aber das hätte Will und Kate bestimmt nicht gefallen.
Nun sitzen wir uns im Privatjet gegenüber und schweigen uns an. Ich dachte immer, Henry hätte voll das super Verhältnis zu seinem Bruder, aber irgendwas steht zwischen den beiden.Ich bekomme schon noch heraus, was es ist. Kate wirft mir immer wieder ein Lächeln zu, sagt aber auch nichts, um das Schweigen zu brechen. Furchtbar!
Ich könnte mein Handy raus nehmen und mit irgendwem schreiben, aber das geht im Flieger schlecht. Am Ende stürzen wir ab und es war meine Schuld. Henry hält außerdem meine Hand so fest umklammert, dass ich die Finger nicht bewegen kann.
„Möchten Sie Champagner?", fragt die Stewardess freundlich.
„Nein, danke", antworten Will und Henry gleichzeitig. Die Stewardess zieht von dannen.Nicht mal die Kinder sind da, denn die bleiben bei Charles und Carla. Mir tun sie jetzt schon leid.
Ich finde es schlimm, dass Will und Kate ihre Kinder einfach zu Hause lassen, damit sie sich von ihnen entspannen können. Das würde ich nicht über das Herz bringen. Ob es Henry genauso geht und er deshalb so stumm ist? Zutrauen würde ich es ihm.Ich lehne mich zurück und schließe die Augen. Den Flug kann ich genauso gut verschlafen,wenn es so schön still ist. 

Henry weckt mich, als wir landen. Ich wäre spätestens beim Aufsetzen der Räder aufgewacht,weil der Pilot das nicht sehr sanft hin bekommt. Als wir aussteigen, prallen wir gegen Hitzewand. In England ist es kühl und regnerisch, während die Sonne hier nie unterzugehen scheint. Helfer bringen unser Gepäck zu der Limousine, die schon bereit steht. Überall sehe ich Palmen und exotische Vögel. Auf den Straßen begegnen uns Ochsenkarren, die Getreide zu dem Markt fahren und bettelnde Kinder eilen uns nach. Ich hätte ihnen sofort die dreitausend Pfund gegeben, aber dann hätten uns irgendwann noch mehr aufgelauert.
„Gibt es hier kein Waisenhaus?", will ich wissen.
„Das sind keine Waisen, sondern Kinder, deren Eltern sie zum Betteln schicken", antwortet Will. „Traurig sowas."
„Wo sind wir eigentlich?", frage ich, um mir einen Überblick zu verschaffen.
„Auf einer Insel in der Karibik", sagt Kate. „Das ist leider der arme Teil davon, aber es gibt auch die Seite der Insel, die Touristen sehen sollen. Und dahin sind wir unterwegs."
Wir fahren weiter und landen schließlich bei einem großen Anwesen, dessen Haus bald so groß wie der Palast ist. Ringsum das Anwesen ist Natur und ein schmaler Weg führt zum Strand, erklärte mir Henry. Anscheinend war er schon mal hier.Der Fahrer bedient mit einer Fernbedienung das Tor und fährt die breite Einfahrt hinauf. Ich sehe wunderschöne, farbenprächtige Büsche und fühle mich schon jetzt wohl hier.
Wir halten direkt vor der Haustür und steigen aus. Will gibt dem Fahrer Anweisungen auf Spanisch, die ich nicht verstehe, aber seiner Reaktion nach zu urteilen handelt es sich um das Reintragen des Gepäcks. Ich versuche, meinen Koffer selbst zu heben, aber er ist eindeutig zu schwer.Sofort ist Henry zur Stelle und hilft mir dabei.
„Wir beide nehmen das Zimmer mit Terrassentür", sagt er zu mir.
„Wieso?"

„Du wirst es schon sehen. Komm", fordert Henry mich auf und geht voran.
Er kennt sich echt gut aus hier, warum sagte er mir dann nicht, wo wir sind?Besagtes Zimmer liegt im Erdgeschoss, neben der Küche. Und als ich es sehe, wird mir klar,warum Henry so scharf auf das Zimmer ist: über die Tür gelangen wir direkt zum Strand,ohne erst vorn durch den Garten zu müssen.
„Wie oft warst du schon hier?", will ich wissen.Henry zuckt mit den Schultern und stellt meinen Koffer ab.
„Ich weiß es nicht genau, aber schon ziemlich oft."
„Warum sagtest du mir nicht, dass wir hierhin fliegen?", bohre ich weiter.Er verdreht die Augen.
„Will wollte es mir anfangs auch nicht sagen. Meistens war ich ohne Familie hier, nur mit Freunden, daher wusste er nicht, dass ich diese Insel kenne."Aha, mit Freunden.
„Ich will alles sehen und den Menschen helfen mit dem Geld deiner Großmutter", sage ich entschlossen. Denn wozu brauchen wir so viel Pfund?Er gibt mir einen Kuss und lächelt dabei. „Dann überzeuge Will und Kate davon."
Das kann ja nicht zu schwer sein. Doch bevor ich dies tue, will ich mich erstmal umsehen und alles erkunden. Ich weiß, ich bin fürchterlich neugierig.Während Henry unsere Kleidung ausräumt, gehe ich durch die einzelnen Zimmer. Neben unserem Schlafzimmer befindet sich die Küche, ausgestattet mit den modernsten Geräten. Als ich im Kühlschrank nachschaue, ist dieser voll mit leckerem Essen. Katha würde Luftsprünge machen, wenn sie den Alkohol sehen könnte! Weiter geht meine Entdeckungstour ins Wohnzimmer, dessen freie Wand von einem riesigen Fernseher dominiert wird. Mir gefällt besonders das Luxussofa mit eingebauter Massagefunktion. Aber ich probiere es später aus,vorher muss ich noch ins Bad. Es ist klein und nur mit dem Nötigsten ausgestattet, daher vermute ich, dass es im Obergeschoss ein weiteres geben wird. Und ich habe mich nicht getäuscht, denn als ich die Treppe hinauf steige, kann ich schon den Whirlpool sehen. Aus welchem Grund auch immer verfügt das Bad auch über eine Sauna. Bei dieser Hitze ist sie eigentlich überflüssig. Daneben befinden sich weitere Schlafzimmer und das letzte davon haben Will und Kate bezogen. Da ich die beiden nicht stören will, kehre ich zu Henry zurück.
Er hat sich inzwischen umgezogen und sieht mich nachdenklich an.
„Hast du Lust mit zum Strand zu kommen?"Aber natürlich!
Ich schlüpfe schnell in Flipflops und ein Sommerkleid, dann folge ich ihm durch die Hintertür. Beim Strand angekommen, werde ich von Henry gepackt und trotz meines Protestes ins Meer geworfen. Keuchend tauche ich aus den warmen Fluten auf und sehe ihn wütend an.
„Das kannst du nicht machen!", japse ich und steige aus dem Wasser. „Ein Hai hätte mich fressen können."Henry lacht laut.
„Hierher kommen keine Haie. Das Netz hält sie fern von solchen Leckerbissen wie dir."Ich folge seinem Blick aufs offene Meer hinaus. Tatsächlich wird diese Bucht von einem Netz begrenzt, welches alle gefährlichen Tiefseemonster fernhält. Erleichtert wende ich mich wieder Henry zu.
„Dafür wirst du büßen", drohe ich und fasse seinen Arm, um ihn ebenfalls ins Wasser zuziehen. Er steht völlig unbeeindruckt da und lässt mich machen. Ich versuche, ihn zuschieben, aber auch das zeigt keinen Erfolg. Henry grinst belustigt, bevor er plötzlich lossprintet – direkt ins Meer. Ungläubig stehe ich am Ufer und muss ein Lachen unterdrücken. Das ist so kindisch!
Das nasse Shirt klebt an seinem Körper und ich kann seine Muskeln darunter erkennen. Da mein Kleid ohnehin schon nass ist, folge ich ihm ins Wasser. Henry empfängt mich mit offenen Armen und ich werfe mich hinein – und dann tauche ich seinen Kopf unter Wasser.
„Das war die Rache", sage ich triumphierend, als er wieder auftaucht.
„Ich liebe dich, weißt du das?", sagt er liebevoll und ich nicke nur. Seine Finger verschwinden unter mein Kleid und suchen sich den Weg zu meinen erogenen Zonen. Ich genieße seine Berührungen, seine Küsse auf der Haut und die Liebe, die er mir schenkt.
Henry", stöhne ich und schließe die Augen.Er fährt fort und ich verliere mich in der Ekstase, die er bei mir auslöst.
„Wir hatten bisher viel zu wenig Zeit dafür", meint er leise. „Das habe ich vermisst."Ich nicke nur, denn alles andere würde die Stimmung zerstören. Henry schafft es, mich mitgeschickten Berührungen zum Höhepunkt zu bringen. Als es vorbei ist, hält er mich fest in seinen Armen. Ich schmiege mich an ihn und genieße seine Nähe.
Er hat recht, Zeit zu zweit hatten wir zuletzt kaum. Da kommt dieser Urlaub gerade recht. Natürlich sind wir nicht immer allein, aber Will und Kate möchten schließlich auch mal ihre Ruhe haben.
„Wir sollten zurück", sagt er. „Es wird dunkel."Unwillig schwimme ich zurück ans Ufer. Ich wäre auch die ganze Nacht hier draußen geblieben, wenn Henry an meiner Seite wäre. Da wir nicht daran gedacht hatten, Handtücher mitzunehmen, müssen wir eben pitschnass ins Haus zurück. 

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