Ich bin mehr als erleichtert, als das Flugzeug landet. Nie wieder möchte ich so eine lange Reise antreten. Es ist vielleicht schwer zu verstehen, aber obwohl ich die ganze Zeit nichts weiter gemacht habe, außer zu sitzen, kommt es mir vor, als hätte ich allein den Regenwald gerodet. Es ist bereits dunkel, als wir auf dem kleinen Flughafen in der Nähe unserer Heimat landen. Robert und Jule werden danach gleich weiter nach Berlin fliegen.
Mit zitternden Beinen steige ich aus. Unsere Familien sind die einzigen, die sich hier versammelt haben. Normalerweise starten von diesem Flughafen nur Modellflugzeuge und keine Linienmaschinen. Ich sehe meine Eltern und meinen Bruder. Kommt er mir nur so groß vor oder ist er nochmal gewachsen?
„Tschüss, Tori", verabschiedet sich Jule von mir. Ich schließe sie in meine Arme und möchte sie gar nicht mehr loslassen.
„Wir sehen uns sicher bald", verspreche ich. Dann steige ich in die kalte Nacht hinaus. Ich vermisse die tropische Insel, wo es jeden Tag angenehm warm war.
Katha, Christin und Paolo folgen mir. Als Erstes kommt mir mein Vater entgegen, der mich am meisten vermisste. Danach umarmen mich meine Mutter und mein Bruder. Mir laufen Tränen über die Wangen, weil ich mich so freue, wieder zu Hause zu sein. Ich habe sie echt vermisst.„Jo, Bro, schön, dass du wieder da bist", sagt mein Bruder und das ist das Netteste, was er in den letzten Jahren zustande gebracht hat.„Ich muss mich noch von Christin und Katha verabschieden", sage ich und eile davon. Katha und Christin kommen mir entgegen, weil sie dieselbe Idee hatten, wie ich.
„Ich muss euch was sagen", sagt Christin aufgeregt. „Paolo und ich werden nach Weihnachten heiraten, also nehmt euch an diesen Tagen frei!"Ich unterdrücke ein fröhliches Quietschen. „Das ist ja toll!"„Ich gebe euch nochmal genauer Bescheid", meint die glückliche Braut. „ Bis bald."Ich umarme sie schnell und gehe dann zu meinen Eltern zurück, die schon ungeduldig warten.
Wir steigen ins Auto und fahren Richtung Heimat. In den letzten Wochen dachte ich zunehmend, meine Heimat wäre dort, wo Henry ist. Aber das stimmt nicht. Meine Heimat ist dort, wo ich geboren und aufgewachsen bin.
Nach knappen dreißig Minuten sind wir zu Hause. Alles sieht neu aus, obwohl sich nichts verändert hat. Trotzdem habe ich das Gefühl, eine Menge verpasst zu haben.
„Wie läuft es in der Uni?", frage ich neugierig meinen Bruder.„Ganz super", sagt er. „Ich hab jetzt übrigens eine Freundin."Ungläubig sehe ich ihn an. Mein Bruder hat eine Freundin? Er, der Computerfreak, der Frauen nur aus Büchern kennt?
„Da wird dein Computer aber eifersüchtig sein, wenn du nicht mehr so viel Zeit für ihn hast",sage ich spitz. Eigentlich sollte ich mich freuen, aber stattdessen empfinde ich Eifersucht.Warum ist er glücklich und ich nicht?„Nein, wir haben dieselben Interessen. Sie studiert sogar dasselbe", sagt er stolz. Sie sind also beide Freaks.
„Wie heißt sie denn?", will ich wissen.
„Matilda", sagt er und sein Blick wird ganz weich, wenn er von ihr spricht. „Sie ist blond,groß und hatte tolle Titten."„Robert!", ermahne ich ihn wegen seiner Ausdrucksweise.
„Na was denn, das ist wichtig!", verteidigt er sich.
„Ist gut jetzt", schaltet sich meine Mutter in unser Gespräch. „Matilda ist ganz nett, Tori. Du wirst sie mögen."Das werden wir ja sehen. Matilda mag nett sein, aber ist sie auch die Richtige für meinen Bruder? Ich will nicht, dass er dasselbe Desaster erleben muss, wie ich. Also werde ich mir das Mädel mal genauer ansehen.Just in diesem Moment öffnet sich die Haustür und ein blonder Wischmopp fällt meinem Bruder in die Arme. Angewidert wende ich mich ab, als sie ihn ableckt. Dann kommt sie auf mich zu und reicht mir ihre Hand.
„Ich bin Matilda", sagt sie mit lieblicher Stimme und französischem Akzent. Sie ist etwas größer als ich und Roberts Beschreibung passt genau. Ich muss hoch schauen, wenn ich nicht die ganze Zeit ihre Oberweite im Gesicht haben will.
„Schön, ich bin Viktoria", sage ich freundlich. Immer erstmal nett sein und dann sehen wir weiter.
„Robert erzählte schon viel von dir", sagt sie lächelnd. Ich erwidere ihr Lächeln halbherzig und gehe ins Haus. Mein Vater hat bereits meine Koffer nach oben gebracht in mein Zimmer.Es ist, als wäre ich nie weg gewesen. Mit dem Unterschied, dass es jetzt ordentlicher ist, als vorher.„Wir machen gleich essen", teilt meine Mutter mir mit.
„Ja, ich komme", antworte ich automatisch und folge ihr in die Küche. Erstaunlicherweise sind Robert und Blondie auch schon da. Fleißig decken sie den Tisch.
„Was genau stimmt nicht mit dir?", frage ich meinen Bruder.
„Ich bin immer so hilfsbereit", antwortet er grinsend und Matilda pflichtet ihm bei.
„O ja, mein Zuckerhase ist immer fleißig."Beim Wort Zuckerhase überkommt mich der Würgereiz. Robert ist weder aus Zucker noch ein Hase, bestenfalls ist er ein dämliches Karnickel.
„Natürlich ist er das", murmele ich vor mich hin. Ich schneide das Brot und überlege, ob das Messer lang genug ist, um Matildas Gehirn zu entfernen. Ohne ist sie eindeutig besser dran.Kurz darauf versammeln wir uns alle am Tisch und sogar meine Oma kommt dazu.
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Story of my Life - Verlassen
De TodoJetzt ist es offiziell: Tori ist ein Mitglied des englischen Königshauses. Damit beginnen auch die Probleme. Tori ist verschwunden und weiß am Anfang selbst nichts davon. Aber alle anderen machen sich große Sorgen, vor allem Henry. Wo ist Tori? Was...