Ich werde in den Salon geführt, wo schon ein Tisch mit einigen Stühlen herum bereit steht.Simon gebietet mir, auf einem davon Platz zu nehmen. Dann folgen die Queen, Henry,Charles mit Carla und zwei Männer in Anzügen. Zweifellos Rechtsanwälte. Es redet niemand,bis sich alle gesetzt haben. Mein Herz rast und ich rutschte nervös auf dem Stuhl hin und her.Dann ergreift die Queen als Erste das Wort.
„Viktoria, ich bin enttäuscht von Ihnen", sagt sie sachlich. „Sie haben Claudia die Nase mit einem Faustschlag gebrochen und dafür gesorgt, dass sie in Ohnmacht fällt. Ist das richtig?"Ich nicke.
„Ja, Eure Majestät."Einer der Anzugmänner schreibt meine Aussage auf. Also gibt es einen Protokollanten.
„Und Sie sagten meinem Enkel nichts davon?"„Nein, Eure Majestät", antworte ich und schaue zu Henry. Er begegnet mir mit eisigem Blick. O ja, er ist richtig sauer.
„Warum?", ist ihre nächste Frage. Der Protokollant schreibt fleißig mit. Alles, was ich sage,kann gegen mich verwendet werden, warnt eine kleine Stimme in meinem Kopf.
Ich erzähle ihr dieselbe Geschichte, die ich auch Henry erzählt habe. Die Queen lässt durch nichts erahnen, was sie darüber denkt. Charles hingegen verzieht die Stirn oder den Mund,sodass ich weiß, dass er dem Ganzen skeptisch gegenübersteht. Carla stellt ihr übliches kühles Lächeln zur Schau. Und Henry sieht einfach nur verletzt und traurig aus.
„Gut, danke dafür", sagt die Queen. „ Aus Claudias Sicht hört sich alles natürlich ganz anders an. Sie kann leider nicht hier sein, da sie noch in Untersuchungshaft sitzt. Trotzdem ist ihre Anschuldigung Ihnen gegenüber wahr, was mich veranlasste, Henry und Sie zurück zu bitten." Sie nimmt langsam an Fahrt auf und ich höre ihre Wut deutlich heraus.
„In all den Jahren ist sowas noch nie vorgekommen! Nicht eine Ihrer Vorgängerinnen hat sich das getraut."Nein, die wurden ja entsorgt, bevor sie Schaden machen konnten.Die Queen wirf Henry einen mitleidigen Seitenblick zu, bevor sie sich wieder ihrer Anklage gegen mich widmet. Ich denke, sie suchte schon länger nach einem Grund, mich loszuwerden.Und Claudia kam leider zur rechten Zeit.
„Ich habe Henry immer vor Mädchen aus dem Volke gewarnt, denn es kann ja nichts Gescheites dabei herauskommen. Selbst die einfachsten Tischregeln mussten Ihnen beigebracht werden, ebenso das Tanzen! Bei einem Mädchen unseres Standes wäre das nicht passiert", fährt sie empört fort. Sie wird richtig rot vor Wut.
Ich bemühe mich um Beherrschung. Als einfaches Mädchen beschimpft zu werden, ist so als hätte sie mir geradeheraus gesagt, dass ich dumm wäre. Als wäre ich minderwertig. Carla grinst mich triumphierend an und ich glaube, dass sie ihre Finger mit im Spiel hat, was das hier betrifft. Viele Argumente, die die Queen ausspricht, stammen möglicherweise von ihr.Diese hinterhältige....!
„Viktoria?", fragt die Queen und sieht mich tadelnd an. Ich halte ihrem Blick stand und weiß,dass nun der Unangenehmste Teil folgen wird.
„Lass das die Anwälte machen", schaltet Henry sich ein. Er weicht meinem Blick aus und berührt sanft den Arm seiner Großmutter.Einer der beiden Anzugträger schart seine Papiere zusammen und setzt sich mit wichtigtuerischer Miene die Brille auf.
„Nach königlichem Recht ist die hier vor uns Sitzende aus dem britischen Königshaus verbannt. Es ist Ihnen untersagt, den Palast jemals wieder zu betreten oder mit einem Mitglied des Königshauses oder dem Personal zu sprechen. Sie dürfen über Ihre Beziehung zu Prinz Henry kein Wort verlauten lassen, sonst drohen Ihnen Geld – oder Gefängnisstrafen. Ebenso wird Prinz Henry eine Beziehung zu Ihnen dementieren. Ihr Privatbesitz wird zu Ihrem neuen Wohnort gebracht, der sich hier in London befindet. Dort werden Sie vorerst wohnen, bis Sie eine Möglichkeit gefunden haben, Großbritannien zu verlassen. Dies sollte aber innerhalb eines Monats geschehen. Ihre Freundinnen und Hofdamen werden den Palast mit Ihnen verlassen und erhalten dieselbe Belehrung. Von einer Anzeige sehen wir ab, da wir die Angelegenheit unter uns regeln konnten. Ich wünsche Ihnen alles Gute", sagt der Anwalt und lächelte wohlwollend.
Ich saß da und habe nur die Hälfte von dem verstanden, was er gesagt hatte. Doch es ist mehr als deutlich, dass ich nicht mehr willkommen bin.Die Queen richtet noch ein letztes Wort an mich.
„Sie haben eine Stunde, um den Palast zu verlassen. Sie beginnt jetzt!"Und schon wurde die Tür geöffnet und alle sehen mich erwartungsvoll an, dass ich als Erste aufstehe.
Ich verschwende keinen Blick mehr an Henry. Nicht einmal hat er mich angesehen oder etwas gesagt, was mich entlasten würde.
Wo ist seine Liebe für mich hin?
Was hab ich falsch gemacht?
Es kam alles so plötzlich und unerwartet. Ich hatte keine Sekunde mehr anClaudia gedacht und dass, was ich ihr angetan hatte. Weil es für mich richtig war. Ich bereuediese Tat nicht, ich bereue nur, Henry nichts erzählt zu haben. Hätte das etwas verändert oderwäre er dann selbst zur Queen gegangen, um ihr davon zu erzählen?Es geistern Unmengen an Fragen in meinem Kopf herum, während ich durch die Flure eile.Den Weg kenne ich schon auswendig und schenke ihm daher keine besondere Beachtung.Dann stehe ich in meinem Zimmer, wo Lilly bereits die Koffer packt. Als sie mich sieht, hörtsie abrupt damit auf.
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Story of my Life - Verlassen
RandomJetzt ist es offiziell: Tori ist ein Mitglied des englischen Königshauses. Damit beginnen auch die Probleme. Tori ist verschwunden und weiß am Anfang selbst nichts davon. Aber alle anderen machen sich große Sorgen, vor allem Henry. Wo ist Tori? Was...