Durch die Zeitverschiebung landen wir gegen Mittag des nächsten Tages auf Christins Insel.Netterweise werden wir von Personal zum Haus gefahren. Ich staune nicht schlecht, als ich es sehe. Es ist groß genug für uns alle und erstrahlt in hellem weiß. Dahinter liegt unverkennbar der Strand, an dessen Rand Palmen wachsen.
Ob Christin die Kokosnüsse aufsammelt, knackt und deren Milch trinkt?
Für einen Moment lasse ich die Sonne in mein Herz und vergesse meine Sorgen. Und dann kommen Christin und Paolo heraus. Durch die Schwangerschaft geht Christin eher behäbig, während Paolo die Stufen fast hinunter springt. Er schließt uns in seine Arme und wirft mir einen aufmunternden Blick zu. Auch er weiß also Bescheid.Christin zu umarmen ist so, als würde man eine jahrhundertealte Eiche umarmen.
„Schön, euch wiederzusehen", freut sie sich. „Kommt herein."Wir folgen ihr ins kühle Innere des Hauses, wo bereits Cocktails und Eis auf uns warten.
„Ich hoffe, da ist Alkohol drin", sagt Katha und kostet von ihrem.
„Selbstverständlich ist welcher drin, ich würde mir sonst gar nicht getrauen, dir einen Cocktail anzubieten", erwidert Christin locker.
Die gute Stimmung hält an, bis niemand mehr etwas Lustiges zu erzählen hat. Ich halte mich zurück. So sehr ich die Aufheiterungsversuche auch schätze, weiß ich, dass ich irgendwann mit der Sprache rausrücken muss. Und will. Ich kann es nicht für mich behalten und daran zerbrechen.Ich stelle das leere Glas ab und lehne mich zurück. Alle sehen mich erwartungsvoll an.
Also berichte ich alles. Vom Anruf, bis zur Abreise. Anfangs klingt meine Stimme noch kräftig und entschlossen, aber als ich dann erzähle, wie Henry Schluss macht, bricht meine Stimme. Zitternd spreche ich weiter. Mittlerweile weine ich dabei. Jule reicht mir ein Taschentuch, aber niemand unterbricht mich. Sie lauschen gespannt und entsetzt zugleich.Nachdem ich fertig bin, atme ich erschöpft aus. Trotzdem fühle ich mich ein kleines bisschen besser.„Danke, dass du es uns erzählt hast", sagt Paolo, der als Erster seine Sprache wieder gefunden hat. Die anderen sehen zu Boden.
„Ich hätte Henry dafür ermordet", meint Katha. „Und du glaubst doch nicht wirklich, dass Claudia der wahre Trennungsgrund ist, oder?"Ich zucke mit den Schultern. Möglich wäre es. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich glauben soll, dazu bin ich jetzt nicht in der Lage.Jule runzelt nachdenklich die Stirn.
„Da steckt mehr dahinter. Dessen bin ich mir ganz sicher!"
„Wir denken alle dasselbe, oder?", fragt Christin, die den beiden scheinbar folgen kann.
„Ja. Hör zu, Tori, es klingt ganz so, als wäre die Trennung nicht auf Henrys Mist gewachsen",erklärt Jule. „Er liebt dich zu sehr, um wegen dieser Kleinigkeit Schluss zu machen. Vielleicht hätte er mit dir geschmollt oder so. Jemand anderes steckt dahinter."Irgendwie will ich daran glauben, denn es beinhaltet die Hoffnung, dass Henry und ich noch eine Zukunft hätten. Doch ein Zweifel bleibt.
„Wenn dem so wäre, hätte Henry eine Scheintrennung mit mir vereinbart, um diese Person auszutricksen", sage ich überzeugt.„Tori", sagt Katha vorsichtig, „vielleicht bist du diesbezüglich zu optimistisch."Ich schüttele den Kopf.
„Ich kenne ihn ja wohl besser als ihr!"Sie sagen nichts mehr. Es hätte jetzt auch keinen Sinn, denn meine Sturheit und die Überzeugung immer Recht zu haben, kennen sie zu gut, als es darauf ankommen zu lassen.
„Na gut, dann zeig ich euch mal die Zimmer", meint Christin schließlich und erhebt sich träge. Ein bisschen ähnelt sie Winnie Puh, weil ihr Bauch auch so kugelig ist. Süß.
Ich folge ihr die Treppe hinauf und schleppe meinen Koffer hinter mir her. Irgendwie scheint es, als hänge Henrys Parfüm noch immer daran. Der Geruch weckt in mir die Sehnsucht, ihn zu berühren...
„So, da wären wir"; sagt Christin. Es gibt zwei Zimmer für uns, ein Doppelzimmer und ein Einzelzimmer. „Anders geht's nicht, da wir schon eines als Kinderzimmer eingerichtet haben."Stolz zeigt sie uns das Zimmer am Ende des Flures. Es ist neutral gestrichen, die Möbel aus edlem Holz.
„Hübsch", meint Katha. „Woher habt ihr das Geld?"
„Von unseren Eltern und...von Henry", gibt sie ungern zu.„Als wir damals hier ankamen, lag ein Umschlag auf dem Tisch. Ein Angestellter sagte, er sei vom Prinzen für uns. Darin lag ein Zettel, auf dem der Verwendungszweck stand und genauso haben wir es gehalten. Er wollte uns so für Toris Rettung bedanken", ergänzt Paolo sachlich.
Betont unauffällig sehen mich alle an und warten auf eine Reaktion. Ich lächele freundlich.Nur weil Henry und ich gerade schlecht aufeinander zu sprechen sind, heißt das nicht, dass sie ihn nicht mehr mögen sollen.
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Story of my Life - Verlassen
RandomJetzt ist es offiziell: Tori ist ein Mitglied des englischen Königshauses. Damit beginnen auch die Probleme. Tori ist verschwunden und weiß am Anfang selbst nichts davon. Aber alle anderen machen sich große Sorgen, vor allem Henry. Wo ist Tori? Was...