Knurren und Bettgeflüster

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Der Anblick der sich mir bot war schrecklich. Lily hatte sich wohl den ganzen Tag im Bett aufgehalten. Ihre Eule kreischte und die Vorhänge vor den Fenstern waren zu gezogen. Es roch nach Schweiß und Lily lag wohl unter der Decke eingekuschelt. Leise tapste ich zu ihrem Bett und setzte mich auf dessen Kante. Langsam schob ich die Bettdecke runter und streichelte Lily sanft durch die Haare...

Ich spürte eine Hand, die durch meine Haare glitt. Es war sicher nur ein Traum und aus diesem wollte ich nicht aufwachen. Es war viel zu schön. Dieses Gefühl der Geborgenheit war neu. Es fühlte sich so schön an und dann noch dieser Duft. Es roch nach James, doch seit wann roch man Düfte im Traum. Vor allem dieses Kitzeln unter der Haut, konnte ich doch nicht träumen. Langsam öffnete ich die Augen und blickte in die braunen Augen von James. Sofort schloss ich meine wieder. Dieser Traum durfte nicht aufhören...

„Ähhmm, Lily, es tut mir leid, dass ich dich geweckt habe, aber..." Ich stoppte und wartete auf eine erneute Reaktion von ihr. Warum hatte sie mich angeschaut, hatte dann aber die Augen wieder geschlossen. Ich schob die Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Ich musste mich zurückhalten nicht mehr zu machen, denn schon wieder fiel ich in mein altes Muster, als ich dieses Kribbeln unter meiner Haut spürte. Als ich meine Hand wegzog, öffnete sie ihre Lider und ihre grünen Augen funkelten mich an. Sie waren so wunderschön, doch eines gefiel mir nicht an ihnen. Sie waren rot unterlaufen. Hatte sie geweint? Was war passiert? Meine eigene Trauer über die beendete Beziehung war urplötzlich verflogen. „Hey Lily, was war los? Wo warst du heute den ganzen Tag?", fragte ich und sah sie besorgt an...

Ich setzte mich hin und zog die Decke bis zum Kinn. Was war denn in James gefahren. Seit wann interessierten ihn meine Gedanken und was mit mir los war. Die letzten Wochen war doch nur Sandra wichtig gewesen. Sandy hier, Sandy da. Ich konnte es langsam nicht mehr hören. Wollte er jetzt schon wieder darüber reden? Ich hoffte nein...

„Was war denn jetzt den ganzen Tag mit dir los? Wo warst du? Wir haben uns echt Sorgen gemacht!" Ich senkte meinen Blick, doch ich spürte, wie sie mich ansah. „Ihr habt euch Sorgen gemacht? Wer ist denn mit WIR gemeint?" Ich lächelte und blickte zu ihr. „Nur mal so...Du hast Freunde und die machen sich bekanntlich Sorgen, wenn man die Freundin nicht sieht!" Sie lief rot an. Soweit hatte sie wohl nicht gedacht. Aber das war doch total unnormal für Lily Evans. So kannte ich sie nicht. Irgendetwas schien sie wirklich zu bedrücken. Ich wusste zwar nicht was, aber ich wusste, dass irgendwas nicht stimmte. „Und?", fragte ich und harkte erneut nach. „Was? Achso...Ich hab ja noch gar nicht auf deine Frage geantwortet!"

Mann, war das peinlich. Sollte ich ihm denn die Wahrheit sagen? Was wenn Sandy nebenan war und er nur kurz vorbei kommen wollte. Aber irgendwas lies mich daran glauben, dass es nicht so war. Er sah so nachdenklich aus und irgendwie auch ein bisschen traurig. Oh nein, wie musste ich aussehen? Ich hatte doch sicherlich rot unterlaufene Augen! Das war aber peinlich. James lächelte mich immer noch aufmunternd mit seinem berühmten Lächeln an. Ich musste es einfach wagen. Ich packte allen Mut zusammen und begann zu erzählen: „Erstmal James, vielen Dank, dass du vorbei gekommen bist. Ich wollte eh noch mit dir reden!" James sah mich erstaunt an. Ich holte tief Luft und redete weiter: „Also, es ist so...Ich...Das mit gestern Abend...dieser Streit...Das tut mir leid!" Er schüttelte mit dem Kopf...

Hatte sie sich nur deswegen hier verkrochen? Wegen diesem blöden kindischen Streit. Vor allem, es war doch kein wirklicher Streit gewesen. Da war ich von Lily schon anderes gewohnt. Das konnte also nicht der wahre Grund sein. Aber was war es dann. Sie senkte ihren Blick und redete weiter: „Ich konnte es einfach nicht mehr aushalten! Du hast die ganze Zeit nur von Sandra erzählt und das hat mir nicht gefallen!" Was war das denn? Darauf war ich aber wirklich nicht bedacht. Was hatte sie vor? „Warum? Du hast mich doch schließlich am Anfang immer ausgefragt! Du wolltest doch das kleinste Detail wissen!", sagte ich mit leicht aggressiven Ton. Warum war ich plötzlich so aggressiv? Irgendwas in mir hinderte mich da­ran nett zu Lily zu sein. War es das imaginäre Schutzschild, das ich aktiviert hatte, als ich mir geschworen hatte, nie mehr an Lily zu denken? Oder war es die immer noch bestehende Beziehung zu Sandra? Waren alle Gefühle fort? Irgendwie wurde ich auf der einen Seite von Lily innerlich ferngehalten, aber auf der anderen Seite spürte ich immer noch dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit, wenn sie in meiner Nähe ist.

„James?", fragte ich zögerlich. Er war so in Gedanken versunken, dass ich meine Antwort nicht sagen konnte. Er blickte zu mir und schreckte hoch. „Sorry, ich war total in Gedanken!" Ich lächelte ihn an und er lächelte mit seinem süßen Lächeln zurück. „James, es ist so, ich denke jetzt anders über dich, als vor ein paar Monaten! Ich...." Ich brachte kein weiteres Wort heraus, denn erneut bahnten sich Tränen den Weg über mein Gesicht. James lächelte und wischte die Tränen weg und schon wieder war da dieses Kribbeln unter meiner Haut. Wie sollte ich es ihm sagen? Ich konnte es irgendwie nicht über die Lippen bringen. Irgendwie hinderte mich etwas daran es auszusprechen. Das, was in meinen Träumen immer so leicht von meinen Lippen ging, benötigte eine solche Kraft in der Wirklichkeit. Aber ich musste es einfach durchziehen. Dafür war mir James zu wichtig.

Sie sah so süß aus. Aber die Tränen passten nicht zu ihrem Gesicht. Sie machten sie zwar nicht hässlich, eigentlich konnte dies nichts und niemand, aber trotzdem passten sie nicht zu dieser hübschen Person. Ich wollte eine lächelnde Lily und keine traurige. Ich nahm sie in den Arm. Und prompt war da wieder dieses Kribbeln. Zu meiner Verwunderung wand sich Lily nicht, ganz im Gegenteil kuschelte sie sich an mich. Langsam erstarb ihr Schluchzen, als ich ihr den Rücken streichelte. „James?", fragte sie zaghaft. Es klang als würde es sie große Überwindung kosten, das Kommende zu sagen. „Ja? Was ist los?", fragte ich besorgt und ließ sie los. Sie setzte sich wieder hin und atmete tief durch. „Ich hab dich lieb!", sagte sie leise, sodass ich es kaum hörte. Aber als mein Kopf die Nachricht verarbeitet hatte, war ich mir nicht mehr sicher, ob ich es richtig verstanden hatte. „Was hast du gesagt?", fragte ich um mich zur versichern, dass ich das richtige verstanden hatte. „Ich hab gesagt, dass ich dich gern hab!", sagte sie abgehackt und verkroch sich wieder in ihrer Decke.

Ich hatte es geschafft, doch jetzt war es mir unglaublich peinlich. Was hatte ich mir nur dabei gedacht?? Hallo? Das war ja wie in der Grundschule! Lily du bist 16! Da redet man nicht mehr so. Ich spürte, wie James die Decke von meinem Kopf zog und mir tief in die Augen sah. „Hast du das ernst gemeint?" Ich nickte und er lachte. Dann kam sein Gesicht immer näher und auch ich kam seinen immer näher. Ich spürte seinen heißen Atem und nur kurze Zeit später spürte ich seine Lippen auf meinen. Es war ein zaghafter Kuss. Wahrscheinlich wollte er erstmal austesten, ob ich es ernst meinte. Als ich jedoch meine Hände in seinen Nacken legte und ich ihn zu mir zog, wurde sein Kuss fester. Als wir uns lösten, musste ich erst einmal lachen. „Was ist? Küss ich so schlecht?", fragte er gespielt entsetzt. Ich schüttelte den Kopf und klopfte auf das Bett. Er saß immer noch auf der Bettkante und das war sicher nicht sehr bequem.

Ich stand auf und setzte mich neben sie auf das Bett. Sofort legte sie ihren Kopf auf meine Schulter. Wie lange hatte ich mir diesen Moment schon ausgemalt und nun war er da und zwar um vieles besser als gehofft. Langsam strich ihr durch die roten Haare und sog den blumigen Duft tief in meine Lunge ein. Ihre Hand streichelte sanft über meine Brust und ein Lächeln zierte ihr Gesicht. Ich blickte zu ihr herunter und sie blickte mir in die Augen. „Weißt du eigentlich, wie lang ich auf diesen Augenblick gewartet habe?" Sie schüttelte leicht den Kopf und sagte: „Es tut mir leid, dass ich nicht früher gemerkt habe, was ich an dir finde! Wenn ich nur früher..." Ich hielt ihr meinen Zeigefinger auf den Mund. „Shh...Ist schon okay! Ich glaub, dass es durch die leichte Verzögerung ein noch größeres Erlebnis ist!" Wir lachten und ich legte meinen Kopf auf ihren. Dieser Moment sollte nie vergehen. Es war so schön still und draußen war der Mond schon aufgegangen. Ich wollte gerade zu einem zweiten Kuss ansetzen, als ein lautes Knurren von Lily ausging. „Ups...Ich glaub das war mein Magen!", sagte sie und ich lächelte. „Dann wird es wohl Zeit, dich in ein Geheimnis einzuweihen!", sagte ich geheimnisvoll und zog sie aus dem Bett. „Wo willst du hin?", fragte sie, doch ich zog sie sanft an meiner Hand aus dem Zimmer...

Another James-and-Lily-StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt