Ich nahm erneut einen Schluck aus meiner Trinkflasche und starrte gelangweilt in die Ferne. Die Fabrikdächer waren in goldiges Licht getaucht, so spät war es schon. Mein Blick schweifte zurück zu Elijah, der mal wieder damit angab, wie viele Muskeln er hatte. Letztendlich waren diese kaum vorhanden. Der sollte sich nicht so aufplustern.
Ein kleines Lächeln huschte auf meine Lippen, als ich daran dachte, dass ich stärker war, als er dachte.
Ich zog meine Beine an meinen Oberkörper und stützte mein Kinn auf meine Knie.
Dann schielte ich zur Uhr, die links von mir an der Außenwand der Halle angebracht war. Noch zehn Minuten – zum Glück, sonst wäre ich wahrscheinlich einfach genervt gegangen und hätte eine Einfuhr von Mister Adams bekommen.
Es ertönte die Pfeife des Trainers. „Okay Leute, wir machen früher Schluss. Ich muss noch wohin und da kann ich euch Schwächlinge echt nicht gebrauchen", brüllte der etwa vierzigjährige Mann die Teenager an, die so etwas wohl schon gewohnt waren. Ich grinste. Wenn ich mit der Schule fertig war, würde ich wohl Footballtrainerin werden, nur um kleine ‚Schwächlinge' anschreien zu können.
Ich stand von dem Sitz in der ersten Reihe auf und ging ans Geländer, um zu beobachten, wie die Jungs in den Umkleiden verschwanden und sich unterhielten.
Plötzlich räusperte sich jemand hinter mir. Ich zuckte zusammen und drehte mich blitzschnell um, meine Hände schon unwillkürlich zu Fäusten geballt. „Alles gut, kleine Kampfmaschine", lachte Elijah. „Ich bin fertig, wir können los"
Ich rümpfte meine Nase. „Willst du nicht noch duschen?", fragte ich, nachdem ich ihn gemustert hatte. Er hatte sich wohl ziemlich schnell umgezogen – sein Shirt hatte er zu hundert Prozent falsch an. Das Schild guckte an seinem Hals raus und meine Mundwinkel zuckten. „Ich hab mich extra beeilt, damit du heute Abend mehr Zeit für dich hast, aber ich kann auch gerne nochmal zurück in die Umkleide und duschen" Er legte es echt drauf an. „Nee, schon gut", sagte ich und irgendwie freute es mich, dass er versuchte, Rücksicht auf mich zu nehmen.
Er ging los und ich folgte ihm.
Elijahs Footballtraining war ziemlich langweilig gewesen, deswegen war ich am Überlegen ihn zu fragen, ob ich mitmachen konnte. Football hatte ich noch nie gespielt, aber es würde mir wahrscheinlich helfen fit zu bleiben, jetzt wo ich kaum noch Zeit hatte mein eigenes Programm durchzuziehen.
Ich räusperte mich verlegen. Elijah war für mich immer ein kleiner Junge
gewesen, der zu viel Selbstvertrauen hatte und das eher im schlechten Sinne. Ihn jetzt zu fragen, war irgendwie... unangenehm für mich.
„Hey, ähm... Ich wollte fragen, ob ich vielleicht beim Training mitmachen könnte", sagte ich zögerlich. „Was?", fragte Elijah neben mir verwirrt.
„Kann ich beim Training mitmachen? Nur beim Training, an Matchtagen will ich mich auf keinen Fall lächerlich machen, aber ich muss fit bleiben" Innerlich klopfte ich mir auf die Schulter. Schön selbstsicher gesagt. „Ähm... klar, ich muss noch den Coach fragen, aber ich denke, dass das kein Problem wird", antwortete er langsam. Ich seufzte. „Aber demnächst ist der Coach auf einem Lehrgang und dann noch im Urlaub, ich denke also, dass das Training ungefähr für einen Monat ausfallen wird", warnte er mich vor und schaute zu mir herunter. Ich musterte ihn aus dem Augenwinkel. „Ist schon in Ordnung", winkte ich ab.
„Wir müssen noch das Projekt für Erdkunde machen", schnitt ich ein neues Thema an. „Projekt? Welches Projekt?" Ich stöhnte genervt an. „Das Erdkundeprojekt über die Wirtschaft Indiens, du Vollidiot!", erklärte ich.
DU LIEST GERADE
Schattenmädchen | ✔︎
Mystery / ThrillerIch war immer da, nur bemerkte er mich nicht. Ich stalkte ihn nicht, ich verdiente so mein Geld. Ich hielt mich im Schatten. Denn ich war das Schattenmädchen. Bis jetzt. •∞• Rowan babysittet einen der größten Idioten ganz San Antonios: Elijah Adams...