~Sechstes Kapitel~

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Nachdem mich Legolas sanft in den Schlaf gewiegt hatte, wachte ich erst spät am Nachmittag wieder auf. Die Sonne zeichnete rot-orange Muster an meine Wand. Fast schon zärtlich streichelten die Sonnenstrahlen mein Gesicht. Langsam öffnete ich die Augen und sah mich um. Legolas war wieder verschwunden. Er wollte Vorbereitungen für unsere Reise zum Düsterwald treffen und ein paar Gegenstände einpacken.

Ich sollte auch ein paar Erinnerungen mitnehmen, beschloss ich in Gedanken und stand vorsichtig auf.
Noch etwas wacklig auf den Beinen holte ich eine beige Tasche aus dem Schrank und packte ein paar Kleider und andere Kleidungsstücke hinein. Außerdem besaß ich ein gemaltes Bild von meiner Mutter. Darauf stand sie auf einem Balkon und wurde von der untergehenden Sonne angestrahlt. Etwas traurig nahm ich auch ein  Portrai von meinem Vater und mir von der hölzernen Kommode und ließ es in der Tasche verschwinden.
Seufzend blickte ich mich in meinem Zimmer um. Hatte ich alles wichtige? Ich bezweifelte meine Rückkehr in den Tränenwald, deshalb sollten mich auch keine Erinnerungen daran hindern, zu gehen. Ich trat auf den Gand und schloss die Tür hinter mir. Dann schlug ich den Weg in die Küche ein, ich hoffte dort Legolas anzutreffen. Auf dem Weg dorthin begegnete ich Niemanden. Nicht einmal Tote waren zu sehen. Erstaunt blickte ich mich in den totenstillen Gängen um. Ja, es herschte eine Stille, weil alle hier lebenden Elben tot sind. Aber wenn alle gestorben sind, wohin wurden sie gebracht? Hatte Gimli das erledigt? Nein, dieser kleine Zwerg konnte keinen ausgewachsenen Elben tragen.

Ich ging weiter und kam in der großen Palastküche an. Viele Töpfe und Pfannen stapelten sich auf einer Theke und ich hielt erschrocken inne. Diese Stille. Das übliche klappern der Töpfe, die sonst vom herlichen Duft durchzogene Luft. Alles war verschwunden.

Schnell schritt ich durch die Küche in die Lagerkammer. Dort stand Legolas vor einem rießigen Regal und füllte eine Tasche mit Lebad, dem elbischen Brot.
Als er mich kommen hörte, drehte er sich sofort um und lächelte mich sanft an. "Geht es euch nun besser?", fragte er mich besorgt. Dieser Elb war erstaunlich, ich mochte ihn, seit unserem ersten Treffen. Er war freundlich und er spendete einem eine wohltuende Geborgenheit. Langsam nickte ich und lächelte zurück. Schwer hatte mich der Tot meines Vaters und dessen Volk getroffen. Der Schmerz nagte wie ein ausgehungertes Nagetier an meiner Seele und eine unbeschreibliche Trauer hatte sich über mein Herz gelegt. Doch ich wollte stark bleiben und keine Tränen mehr vergießen.

Ich half Legolas beim Einpacken der Lebensmittel, unsere Reise würde lang und anstrengend werden.
Dann fiel es mir ein. Der Schatz der Tränenelben. Ohne jegliche Worte an Legolas ließ ich ihn stehen und lief hinaus auf den Gang. Legolas rief mir noch hinterher, doch ich ignorierte ihn. Am Thronsaal angekommen, sah ich mich erschrocken um. Alles war verwüstet und kaputt. Der Thron war in der Mitte gebrochen. Wo sind sie nur? Hoffentlich hatten die Orks sie nicht mitgenommen, dachte ich völlig aufgelöst. Ich begann meine Suche und schon bald schloss sich Legolas mir an.
"Loreen, was sucht ihr? Etwas, was eurem Volk sehr viel bedeutet?"
"Ja, die Tränenelben sind die ältesten Elben Mitterdes. Wir lebten schon zu Beginn hier und haben uns diesen Berg erkämpft. Ein großer mächtiger Drache hatte hier gelebt. Wir töteten ihn und er weinte bei seinem Tot einige Tränen. Diese Tränen bewirken bei unserem Volk ein langes Leben und beschützen uns vor jeglichen Gefahren."
Wir suchten zusammen, doch ich konnte sie nirgendwo entdecken. Plötzlich hörte ich Legolas erstaunt einatmen. Ich hielt in meiner Suche inne und sah mich nach ihm um. Er stand in einer Wandnische und hielt eine kleine Schatule in den Händen.
Erleichtert ging ich auf ihm zu und nahm ihm sanft die wertvolle Kiste.
"Vielen Dank. Diese wunderschönen Tränen sind das wichstigste, was wir je besaßen." Legolas lächelte mich an und mit diesem Schatz gingen wir hinaus aus dem Palast. Wir wollten aufbrechen.

Ich fragte mich gerade, ob überhaupt noch Pferde leben würden, als ich meine Zirouès erblickte.
Sie stand am Eingang angebunden und schnaubte mir freundlich entgegen.
Sofort lief ich auf sie zu und umarmte sie. Ihre Nüstern vergrub sie in meinen Haaren. Die Verbindung zwischen uns war sehr besonders. Wir verstanden uns bind und sie wusste genau, wohin sie mich tragen sollte. Plötzlich spührte ich einen Schatten neben mir und ich drehte mich zu der Person um. Gimli stand dort und lächelte mich zaghaft an.

"Zirouès ist gestern hier angekommen, sie ist nicht verletzt. Ihr könnt sie auf der Reise reiten.", berichtete er mir.
Ich bedankte mich mit einem Nicken und wante mich um, um nach Legolas zu suchen. Er stand etwas absteits und befestigte einige Taschen am Sattel eines stattlichen Rappens. Hoheitsvoll stand dieser dort und schnaubte etwas nervös.
Langsam ging ich auf ihn zu unf hielt ihm zarghaft meine Hand hin.
Der Hengst schnaubte bedrohlich, doch leise gemurmelte Worte von Legolas beruhigten ihn. Erleichtert konnte ich ihn jetzt auch streicheln.
"Woher habt ihr ihn?", fragte ich neugierig.
Legolas kam zu mir herüber und stellte sich neben mich.
"Er stand in der hintersten Box des Stalles. Er ist noch jung. Wir werden außer ihm noch ein Pony für Gimli mitnehmen. Den Rest lassen wir frei."
Mit hochgezogenen Augenbraunen sah ich ihn an.
"Ein Pony?", lachte ich auf.
Doch ein tiefes Räuspern hinter mir ließ mich verstummen. Entschuldigend sah ich Gimli an und wante mich um. Den Palast, die Stadt, der Wald. Alles wird nun verlassen sein...
Etwas traurig blickte ich zu Legolas auf.
"Ich werde das alles hier vermissen, werde ich jemals wieder zurückkehren? Ich, als die letzte Tränenprinzessin, das letzte Blut der Tränenelben.", meine Worte wurden zuletzt immer leiser und ich spührte wieder Tränen in meinen Augen.
Ich senkte rasch den Blick und wollte mir schnell über die Augen wischen, doch ich kam nicht dazu. Legolas hob mit seinen Fingern etwas mein Kinn an und fuhr mir zärtlich über das Gesicht. Ich blickte ihn traurig an, doch er lächelte mich aufmunternd an, wodurch auch ich etwas lächeln musste.

Ich wante mich um, um die letzten Taschen aufzuladen und verstaute die Kiste mit den Tränen sicher in Zirouès Satteltasche, dann ritten wir los.
Am Waldrand blickte ich mich ein letztes mal um, um mich zu verabschieden. Traurig hielt ich einen Moment inne, dann schloss ich wieder zu Legolas und Gimli auf. Nun würde unsere Reise beginnen.

Die Tränenprinzessin - Herr der Ringe FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt