~Fünfundzwanzigstes Kapitel~

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~Legolas~

Nachdem wir Tag und Nacht durchgeritten waren, erreichten wir am beginnenden Morgen den Rand des Waldes von Lothlorien. Mächtig und geheimnisvoll ragten unzählige Bäume in den glühenden Himmel hinauf. Mein letzter Besuch hier im goldenen Wald lag schon lange zurück. Damals, vor vielen Hundert Jahren, führte mich die Reise mit der Ringgesellschaft zur Herrin des Lichts. Sie gewährte uns nach dem Schicksalsschlag des Scheintodes Gandalfs einen Platz zum Ausruhen und Trauern.

Jetzt, da ein neuer Feind Mittelerde bedrohte, kehrten wir, zwar in kleinerer Besatzung, wieder in den Wald der Trägerin des Weißen Elbenrings zurück.

Tief in unseren Mänteln gehüllt und mit einem unangenehmen, fast schon stechenden Gefühl im Herzen spornten wir unsere Pferde noch ein letztes Mal an. Und schon ritten wir unter den Wurzeln der ersten Baumriesen hindurch. Da noch keine Sonnenstrahlen durch das dichte Blattwerk gedrungen waren, herrschte hier im Wald noch tiefe Nacht. Unruhig und angespannt schritten unsere tierischen Gefährten über den saftigen Waldboden. Immer wieder, wenn eines der Hufe einen trockenen Ast durchbrach, zuckten die Muskeln des Hengstes unter mir zusammen. Vorsichtig lehnte ich mich über den langen Hals nach Vorne und flüsterte beruhigende elbische Worte in seine vor Angst zuckenden Ohren. Leise und sanft summte ich eine Melodie, welche mir meine Mutter in meinem Kindesalter immer vorgesungen hatte. Ein elbisches Kinderlied, welches die Geschichte zweier Gefährten, einem Elben und einem Menschen, erzählte. Früher wollte ich genau wie diese Helden - so unwirklich und traumhaft - durch die Landschaften Mittelerdes ziehen und spannende Abenteuer erleben.

Gegenwärtig, nur nach Tausenden Jahren später, reiste ich mit einem störrischen Zwerg über hohe Berge und  tiefe Täler, um unsere Heimat zum zweiten Mal vor dem bösen Feind zu retten. Manchmal dachte ich wehmütig an unser erstes gemeinsames und auch gefährliches Wagnis zurück. Der Ringkrieg war kein leichtes Unterfangen und wir verloren durch ihn viele treue Freunde und Geliebte. Aragorn, welcher einer meiner besten Freunde war, starb Hundert Jahre nach seiner Krönung zum König von Gondor und Arnor. Schmerzhaft war der Abschied als er mit einem Elbenboot am Fluss Anduin zu Wasser gelassen wurde. Die Tränen seines Volkes und seiner Geliebten Arwen rührten sogar meinen Vater, welcher auch Anwesend war. Arwen starb nach einiger Zeit an einem gebrochenen Herzen und wurde wie Streicher hier bestattet... Nun regierte Aragorns Sohn das Land, welcher gute  Beziehungen zu den Elben führte und um Frieden in seinem Land bemüht war.
Wie Boromir, ein tapferer Krieger aus der Ringgemeinschaft, wurde ihm hier seine letzte Ehre erwiesen. Dies war der einzige Wunsch, welcher der gerechte und weise Herrscher hatte.

Schweigend und in unseren Gedanken versunken, ritten Gimli und ich durch den Wald Loriens. Leises Vogelgezwitscher erfüllte die drückende Luft, welche zu zittern schien, und sanfter Wind ließ die goldenen Blätter des Waldes leicht im Wind wiegen. Immer näher kamen wir der mächtigen Stadt Caras Galadhon. Eine leichte Unruhe erfüllte mich und es wunderte mich, dass wir bis jetzt von keiner der vielen Wachpatrouillen Loriens aufgegriffen worden sind. Sonst wurde man hier ja schon fast erwartet und gleich zum  viel genannten Herrscherpaar Lothloriens geleitet. Es kam mir sehr eigenartig vor und bereitete mir eine beunruhigende Angst, ob es Loreen gut geht. Vielleicht wurde Lorien angegriffen und alle dort lebenden Elben getötet? Und somit auch Loreen...

Immer mehr nagte diese Eingebung an mir und ich malte mir schon in Gedanken die zerstörte Stadt der Bäume und die vielen Toten aus. Unbewusst trieb ich mein Pferd schneller und ließ es antraben. Gimli blickte mich von der Seite nur verwirrt an.

"Legolas? Ist alles in Ordnung bei dir? Ich weiß, es ist schwer, aber du darfst jetzt nicht auf den letzten Stück Weg die Nerven verlieren und dich durch deine Sorgen zerstören! Loreen wird es sicherlich gut gehen und Sie wird uns bestimmt schon sehnsüchtig erwarten. Habe vertrauen in Sie und übe dich in Geduld!", den letzten Satz sagte er mit einem Schmunzeln im Gesicht. Wie konnte der Zwerg in dieser Situation nur so ruhig und gelassen sein?

Seufzend schüttelte ich meinen Kopf und ließ meinen Hengst wieder in den ruhigen und gleichmäßigen Schritt fallen. Schnaubend atmete dieser aus und warf seinen Kopf in die Höhe. Er wollte auch rascher an unser Ziel kommen... Vielleicht wollte er auch einfach nur in einen warmen Stall mit Heu und Wasser.

Und so ritten wir zusammen in dieser Zügigkeit in Richtung Reiseziel. Immer weiter schritt der Tag voran und die Sonne wärmte unsere noch von der Nacht verkühlten Körper. Es verging nur scheinbar wenig Zeit, als wir schon in der Ferne einen Torbogen der Stadtmauer sahen.

Ich weiß nicht wie es für die Wachen aussehen musste, wir ritten in unseren Umhängen gehüllt auf die Stadt zu und waren zudem auch noch schwer bewaffnet...

Plötzlich erklang das Horn Lothloriens, welches weit über die Bäume hinweg schallte. Unruhig sprang mein Pferd ein paar Schritte rückwärts und zuckte ängstlich zusammen. Was war nur aus dem tapferen und furchtlosen Gefährten geworden? Schadete das neue Böse vielleicht auch den Tieren? Ruckartig parierten wir unsere Pferde und ließen sie nebeneinander vor dem Torbogen stehen bleiben. Mit geschlossenen Augen saß ich auf dem bebenden Rücken und lauschte auf unsere Umgebung. In nicht allzu weiter Entfernung hörte ich ein leises fast schon lautloses Atmen... Elben.

Unerwartet laut und bedrohlich schallte eine tiefe Stimme durch den Wald: Wir sollten uns zu Erkennen geben.

Mit einer ruhigen Stimme antwortete Gimli auf die Frage des unbekannten Elben: "Wir sind Bekannte Galadriels und kommen ohne feindliche Absichten. Wir werden von eurer Herrin erwartet!" Nun mussten wir Abwarten. Entweder man stufte Gimli und mich als Feind ein, oder man glaubte uns und ließ uns in die Stadt hinein.

Auf einmal sprang eine schmale Person hinter einem dicken Baumstamm hervor und erschrak somit mein Pferd, welches wieder merklich zusammen zuckte. Schlagartig wendeten Gimli und ich der Unbekannten unsere Köpfe zu. Bevor ich erst die Gestalt, oder wie es sich herausstellte Gestalten, erkennen konnte, erklang schon eine zarte und so liebevolle Stimme, welche gleich mein Herz schneller schlagen ließ. Wärmende Strahlen gingen von meinem Herzen in meinen ganzen Körper und brachten ihn zum Kribbeln. Dies konnte nur eine Person schaffen: Loreen.

Auch sie hatte uns erkannt und sah uns nun ungläubig und beinahe erschrocken an. Mit Tränen in den Augen stand Sie neben einem großgewachsenen wirklich hübschen Elben und... hielt seine Hand? Schmerzlich zog sich mein Herz zusammen und die vorhin gewonnene Wärme wich eisiger Kälte. Mein Körper fühlte sich wie erfroren an... Ruckartig wendete ich meinen Kopf wieder ab und starrte auf meine Hände. Doch das Bild von Ihrer kleinen zarten Hand in seiner großen Hand, fast schon Pranke, brannte sich in mein Gedächtnis ein und tauchte vor meinem inneren Auge immer wieder auf.

Traurig, fast schön wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten und zerquetschte fast schon die Zügel zwischen meinen Fingern. Nein, dass konnte doch alles nicht wahr sein...








Die Tränenprinzessin - Herr der Ringe FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt