~Viertes Kapitel~

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Es vergingen nur wenige Minuten, in welchen ich auf dem dicken Ast saß und zu der felsigen Kante blickte. Meine Ohren lauschten auf die schweren Atemzüge der Fremden. Ich konnte förmlich sehen, wie sich der dicke Zwerg keuchend an den Steinen hinaufzog. Dagegen konnte man von dem Elben nur leises und regelmäßiges Atmen vernehmen.  Ich war gespannt, was die Fremden hier wollten. Es schien, als wollten die beiden geziehlt diesen Weg zu uns kommen, denn sie hätten auch an der nördlichen Steinkante gemütlicher herauf kommen können, dies hätte aber sicherlich mehrere Tage in Anspruch genommen. Mein Lehrmeister in Weltenkunde sagte immer: "Die Tränenelben leben gut verborgen, uns kann kein Unheil nahn. Kein direkter Weg führt zu uns, nur die Vögel fliegen über die Felswand herauf!", dabei hatte er immer gelacht und sich mit seinen knochigen Fingern in seinem langen grauen Bart verhackt. Leider verstarb er vor drei Jahren an einer unbekannten Krankheit...

Normalerweise wurden wir Elben nicht krank, nur dieses Leiden hat 10 unserer Ältesten in die Hallen des Mandos geführt. Dies waren Hallen, in welchen die Geister der Elben auf ihre Wiederkehr warteten. Auch meine Mutter würde wohl an diesem Ort verweilen...

Unerwartet wurde ich aus meinen betrübten Gedanken gerissen. Zwei fragile Hände zogen sich an den Felsen herauf. Der Elb spähte über die Kante und schwang sich elegant auf den steinigen Boden. Wachsam und neugierig ließ er seinen Blick über die weite Wiese gleiten. Sein makelloses Gesicht strahlte eine solche Kühnheit und Weisheit aus und war einfach nur wunderschön. Wie brausendes kristallklares Wasser glitzerten seine Augen in den Strahlen der Sonne. Seine blonden langen Haare waren kunstvoll in zwei Strähnen nach hinten geflochten und wehten sanft im zärtlichen Wind. Niemand sonst hatte bisher so meine Aufmerksamkeit erlangt... 

Nur kurze Zeit darauf erklamm der Zwerg die letzte Hürde. Schnaufend ließ er sich auf einen der großen Steine fallen und murmelte ein paar Worte auf einer mir fremden Sprache. Neugierig beugte ich ich über die Äste um ihn etwas besser betrachten zu können. Der Rothaarige war klein, etwas dicklich und besaß einen sehr langen geflochtenen Bart. Seine kleinen wachsamen Augen huschten wissensdurstig umher und  schienen jede neue Information aufzusaugen. Nach einiger Zeit, in welchen ich sie weiter beobachtet hatte, setzte sich der Elb neben den Zwergen und zog ein kleines längliches Paket aus seiner ledernen Tasche heraus. Ungeduldig riss es ihm der Zwerg mit unverständlichen Lauten aus der Hand und packte den sich darin befindenden Gegenstand aus.

Ein dicker Leib Lembras kam zum Vorschein und sogleich zog ein herrlicher Duft zu mir herauf. Genüsslich sog ich den wundersamen Geruch in meine Nase ein. Von diesem Moment an verspürte ich den Hunger, welcher an meinem Magen nagte. Grummend knurrte dieser lautstark auf und machte mich somit auf sich aufmerksam. Leider hatte dieser Laut nicht nur meine Beachtung erregt, denn auch der Elb schien es vernommen haben, denn er sprang blitzartig auf und suchte mit seinen blauen Augen die Umgebung ab. Seinen gespannten Bogen hielt er fest im Griff. Langsam kam er auf den alten Baum zu, auf welchem ich saß. Kurz bevor er unter meinem Ast stand und somit durch das dort spärliche Laubwerk zu mir herauf blicken konnte, spannte ich in Windeseile meinen Bogen und schoss dem wohlbeleibten Zwerg in sein Stück Brot. Mit einem lauten sehr unmännlichen Schrei sprang dieser auf seine kurzen Beine und blickte sich vorwurfsvoll um. Sein Essen lag zwischen Gesteinsbrocken auf dem staubigen Boden. Solch eine Verschwendung...

Der blonde Elb, welcher sich, wegen dessen Aufschrei, erschrocken zu seinem Gefährten umgedreht hatte, blickte misstrauisch und kampfbereit in meine Richtung. Doch bevor er mich angreifen konnte, sauste ein zweiter Pfeil in die Richtung der Fremden. Dieser spaltete das Wurfgeschoss des Bogenschützen, welches sogleich herab fiel. Ohne einen weiteren Angriff zu erwarten, bückte sich der hübsche Mann und betrachtete meinen Pfeil. Nun war der Gesichtsausdruck des hübschen Mannes neugierig. Langsam richtete er sich wieder auf und kam mit vorsichtigen Schritten in die Nähe des Baumstammes.

Die Tränenprinzessin - Herr der Ringe FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt