~Siebenundzwanzigstes Kapitel~

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~Legolas~

Verzweifelt ergriff ich die Flucht. Pulsierende Wellen durchfluteten meinen Körper und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Der Augenblick als sie ihre Hände auf meine gelegt hatte, war einer der schönsten und doch einer der schlimmsten Momente in meinem Dasein. Einerseits war da die blühende Freude über das lang ersehnte Wiedersehen, doch auch der nagende Schmerz machte sich wie ein Lauffeuer in mir breit. Wut und Trauer, Freude und Liebe. Diese Emotionen ringten in einem gewaltsamen Krieg um die Macht in meinem Körper. Mein Herz schien zu zerreißen und ich atmete stockend ein.
Es war eine schützende Kurzschlussreaktion, die mein Geist startete, als ich mich von Loreen losriss und sie, Gimli und diesen anderen fremden Elben, auf welchem ich derzeit tiefe Hassgefühle hegte, erschrocken stehen ließ. Plötzlich durchzog mich eine eisige Kälte, welche meine Gefühle in eine weit entfernte Kammer sperren ließ. Mein Herz schien einzufrieren und jeder Gedanke an Loreen schien zu erstarren. Nochmals beschleunigte ich das Tempo und ließ mein Pferd über den Pfad hetzen.

Mit großen Galoppsprüngen stob ich den steinigen Weg entlang. Mein Pferd schnaubte erschöpft und man konnte das nasse Fell im glitzernden Sonnenlicht glänzen sehen. Sogleich setzte ein schlechtes Gewissen bei mir ein und mich durchzogen starke Schuldgefühle. Schnell zügelte ich die hohe Geschwindigkeit und strich beruhigend über den zuckenden Hals des Hengstes. Langsam schritten wir den letzten Wegabschnitt zum Königshaus von Herrin Galadriel entlang. Lange war ich schon nicht mehr hier gewesen. Das letzte mal befand ich mich während der Reise mit den Gefährten in der Obhut der Elben Lothloriens. Damals waren wir voller tiefster Trauer und Hoffnungslosigkeit, denn die Gesellschaft verlor kurz zuvor Gandalf in den Mienen Morias. Kurz huschte ein kleines Lächeln über mein Gesicht, als ich an das Wiedersehen im Walde Fangorn dachte. Die Kapuze immer noch tief ins Gesicht gezogen, stieg ich am Treppenabsatz vom entkräfteten Pferd und wurde sogleich von der elbischen Stadtwache empfangen. Da nicht zu erkennen war, wer sich unter dem dunklen Mantel befand, richteten sich sogleich mehrere Pfeile auf mein Haupt. In sekundenschnelle könnte ich schon Vergangenheit sein. Ich unternahm aber nichts gegen die Gefahr.

Mit dröhnender Stimme sprach mich einer der Elben an: "Wer seid ihr? Gebt euch zu erkennen!"
Langsam nahm ich meine Hände hoch und schob den dicken Stoff über mein blondes Haar. Als ich wieder zu den Elben blickte, sah ich in erschrockene und verwunderte Gesichter.
Mit einem "Herr Legolas" sank die erste Wache zu Boden und verbeugte sich tief vor mir. Die anderen folgten stockend und so knieten kurzerhand mehrere muskulöse Männer, welche trotz ihrer Muskeln unglaublich schlank und grazil wirkten, vor mir im staubigen Sand.

Ich beugte kurz meinen Kopf und deutete ihnen mit einer Handbewegung, dass sie aufstehen konnten. Mit einer gefühlskalten Stimme befahl ich einem der Männer, Herrin Galadriel von meiner Ankunft zu berichten. Kurz schien ich selbst überrascht von dieser Kaltherzigkeit in meiner Sprechweise, doch sogleich fing ich mich wieder und ließ eine empfindungslose Maske über mein Gesicht fallen. Schnell eilte der angesprochene Wachmann davon.

Einer anderen Wache reichte ich die ledernen Zügel meines müden Pferdes und ließ sie dann einfach stehen. Sicherlich bekam er alsbald Futter und einen Platz zum Ruhen, denn trotz der vielen Pausen und seines stämmigen Baus war der Stolze Hengst ausgelaugt von der langen und beschwerlichen Reise. Herrschaftlich schritt ich die geschwungenen Treppen Lothloriens hinauf und wendete mich in Richtung einer großen Plattform, auf welcher die Throne des Herren Celeborn und Herrin Galadriel standen. Abwartend standen diese in den wärmenden Strahlen der Sonne, welche das dichte Blätterwerk immer wieder durchbrachen und so die düstere Umgebung erleuchteten. Doch nicht nur dies spendete Licht. Die Herrin des Lichts schien von innen heraus zu strahlen und erfüllte mich mit einer unglaublichen Wärme und Liebe. Die Kälte in mir schien verdrängt zu werden und ich lächelte sie leicht an.

Die Tränenprinzessin - Herr der Ringe FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt