Noël
Die schwere hölzerne Tür meiner Universität fällt hinter mir ins Schloss, ich bewege mich mit schnellen Schritten vorran. Nachdem es gestern geschneit hat sind die Straßen eisig und die Leute tragen zum ersten Mal mit Recht diese hässlichen Mützen und dicken Jacken.
Ich jedoch besitze solche Hauben, soweit ich weiß, nicht einmal und friere mir ziemlich den Allerwertesten ab. Während ich mich als auf den Weg nachhause mache und extra so gehe, dass ich nicht durch den Weihnachtsmarkt muss, denke ich daran, dass ich daheim nach diesem anstrengenden Tag in der Uni kochen muss.
Aber es nützt nichts. Mein Budget ist zu klein, als dass ich jeden Tag Essen bestellen könnte und außerdem laufen meine Lebensmittel bald ab.
Ich seufze, ziehe meine Jacke etwas fester zu und versuche nicht auf den Stufen, die ich gerade erklimme, auszurutschen.
Obwohl ich nicht den Weg durch den Weihnachtsmarkt genommen habe, kann ich Menschenmassen nicht vermeiden. Das ist Wien.
Eigentlich bleibt es sich egal wo man geht, besonders in den im Zentrum liegenden Bezirken ist es unmöglich andere meiner Spezies zu vermeiden.
Gedanklich verfluche ich die Weihnachtsbeleuchtung die bereits um vier nachmittags brennt, obwohl es doch erst in einer Stunde dunkel wird und stapfe genervt weiter, bedacht nicht hinzufallen.
Meine Aktentasche, in der sich alle meine Uni-Unterlagen befinden, habe ich fest im Griff und ich steure direkt zu meiner Wohnung. Nur manchmal, da drehe ich mich um, weil ich meinen Augen nicht trauen kann. Beispielsweise, wenn ganz normale Leute mit Weihnachtsmannmützen herumrennen. Mal im Ernst, niemand kann Weihnachten so sehr lieben, dass man tatsächlich so eine peinliche Aktion hinlegt.
Meine innere Stimme ermahnt mich, dass ich nett sein soll und jeder tragen kann was er will, aber solange ich Gemeinheiten nur denke, sehe ich keinen Grund, warum ich nicht alles und jeden hassen kann.
Ich falle zu Boden.
Irgendetwas hat mich hart an der Schulter getroffen und ich lande hart am von einer dünnen Schneeschicht bedeckten Beton.
Leise fluchend überprüfe ich meine Schulter, die merkwürdig kalt ist. Schnee.
Es wurde tatsächlich ein Schneeball auf mich geworfen. Das kann doch nicht wahr sein.
Wut steigt mir ins Gesicht und als mir eine helfende Hand hingehalten wird, zerquetsche ich diese beinahe, so sauer bin ich.
»Alles okay?«
Ich blicke auf um in die Augen meines Helfers, und wer weiß, vielleicht auch Täters, zu blicken.
Grünbraun. Sie sehen mich belustigt an.
Der junge Mann vor mir scheint etwa in meinem Alter zu sein, seine dunklen Haare trägt er so ähnlich wie Newt Scamander in Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind.
Innerlich lache ich. Es war klar, dass das der erste Vergleich ist, der mir einfällt. Ich liebe halt Filme. Und selbstverständlich vergöttere ich um noch einiges mehr als die verfilmten Werke die Bücher.
Ich nicke leicht und sehe den jungen, zugegeben nicht schlecht aussehenden, Mann böse an.
»Wurde ich tatsächlich von einem Schneeball getroffen?«, Ungläubigkeit schwingt in meiner Stimme mit und er grinst.
»Hierbei bin wohl ich der Schuldige. Tut mir wirklich leid. Der Ball war eigentlich auf meinen Freund, der sich dort hinten gerade auf den Weg nachhause begibt, gerichtet«, er grinst und deutet auf einen weiteren jungen blonden Mann, der sich jedoch immer weiter von uns entfernt.
Ich schnaube nur und verschränke die Arme.
»War ja klar, dass ich in die Schussbahn gerate. Diese Zeit des Jahres und ich verstehen uns einfach nicht.«
»Weihnachten ist doch toll«, er grinst. »Ich beweiß es Ihnen-«
»Du«, unterbreche ich ihn. »bis zum Sie kannst du noch ein paar Jahre warten.«
Ich spotte leicht, aber er verdreht nur die Augen. »Verzeihung, Madam. Also, ich beweiße es dir. Als Entschuldigung für mein schlechtes Zielvermögen könnte ich dich auf ein Glas Glühwein einladen?«
Er trägt einen zugegebenermaßen sehr hübschen Schal und zupft leicht daran herum. Ich wäge meine Möglichkeiten ab.
»Ich denke statt einem Glühwein können wir nicht zu McDonalds gehen?«, ich lege meinen Kopf schief und versuche liebenswürdig zu lächeln, was mir nicht wirklich gelingt. Ich bin eben mehr die gemeine, als die süße Person.
Er seufzt. »Dann verliert zwar das mit dem Plan, dich davon zu überzeugen, dass Weihnachten toll ist, seinen Sinn, aber warum nicht?«
Er hebt meine Aktentasche auf und drückt sie mir in die Hand. »Wie heißt du?«
»Noël, und mit wem habe ich das Vergnügen?«
Wir starren und kurz an, Schweigen herrscht.
»Du heißt Weihnachten?«, er lacht und ich verdrehe die Augen. Wieso treffe ich in letzter Zeit nur Leute, die mich deswegen ansprechen? Dieser Name ist die Bürde meines Lebens. So ganz im Ernst. Weihnachten macht mich traurig, selbst wenn es nur erwähnt wird, und verdammt, das wird es jedes Mal, wenn man meinen Namen ausspricht!
Wir setzen uns in Bewegung, da wir uns sehr zentral befinden liegt der nächste McDonalds nicht weit.
»Also, wie ist dein Name?«
»Lukas.«
Ich verschlucke mich beinahe, als ich für einen kurzen Moment tatsächlich Luca verstanden habe. All das hier kommt mir so bekannt vor, er und der Typ vom Lieferservice scheinen sich ähnlich zu sein.
Ich kann trotzdem die Enttäuschung nicht unterdrücken, irgendwie hätte ich es cool gefunden, wenn ich hier tatsächlich Luca getroffen hätte. Wir haben uns so gut verstanden. Andererseits ist das in einer Stadt wie Wien so gut wie unmöglich. Hier leben einfach zu viele Leute.
Stattdessen folge ich also Lukas, mit dem ich auf den Weg zu McDonalds sogar Nummern austausche.
Und wir verstehen uns prächtig.
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All I Want for Christmas Is Food
RomanceSie hasst Weihnachten, er ist ein absoluter Weihnachtsfanatiker. Sie meidet soziale Kontakte, er arbeitet bei einem Lieferungsservice. Sie hat Hunger, er hat Essen. © letzteEinhorn Ein Adventskalender, der euch durch die Weihnachtszeit bring...