10. Dezember

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Noël

Drei verpasste Anrufe in Anwesenheit von Lilly. Ich verdrehe die Augen und lege mein Handy zur Seite. Meine Lust sie zurückzurufen ist wirklich minimal.

Stattdessen ist Lukas bei mir. Er ist einer der wenigen Menschen, denen ich relativ schnell vertraut habe, einfach weil es von Anfang an gepasst hat. Dass er mir absichtlich mit einem Schneeball abgeschossen hat, habe ich ihm dann schlussendlich doch verziehen.

Bisher weiß ich einfach nicht, ob wir nur Freunde sind, oder ob wir daten. Wäre ich überhaupt bereit für eine neue Beziehung?

Das sind Fragen, die ich mir immer wieder stelle. Der junge Mann ist wohl einer der wenigen Personen, die meine Wohnung tatsächlich betreten dürfen und das erste was er gemacht hat, war sich auf die Couch zu werfen.

Normalerweise unterscheiden wir und stark, aber in dem Punkt sind wir derselben Meinung: Dieses Sofa ist großartig.

Dass ich nicht sonderlich gut kochen kann stört ihn nicht, er stimmt sogar meinem Vorschlag, etwas zu bestellen, zu.

Nur innerlich bin ich besorgt. Ich hoffe, dass Luca mich nicht aufhält. Das wäre unhöflich gegenüber Lukas.

»Weißt du, hier müsstest du dir eine Lichterkette das Bücherregal entlang ziehen«, Lukas zeigt mit seinen Händen, wie er es machen würde und ich verdrehe die Augen.

»Klar und als nächstes renne ich mit einer Weihnachtsmannmütze rum und höre Last Christmas.«

Er lacht. »Wir könnten im Partnerlook gehen.«

Ein Seufzen entkommt mir, während ich nach meinem Handy greife und die Nummer vom Lieferservice wähle.

»Irgendwelche Essenswünsche?«, frage ich ihn lächelnd.

»Warum nicht eine Margarita mit Mais und Oliven?«, Lukas legt den Kopf schief. Ich starre ihn fassungslos an. Er erwidert meinen Blick fragend.

»Ist irgendetwas?«

»Nur ein Zufall«, murmle ich und fahre dann energischer fort. »Alles außer Pizza mit Oliven.«

»Okay, dann eben Pizza ohne Oliven?«, er grinst breit und ich nicke augenverdrehend.

Das Lächeln, dass mir über die Lippen huscht kann ich dann noch nicht unterdrücken. »Also gut, wie du wünscht.«

Es tutet nur zweimal, dann ist Luca auch schon am Apparat.

»Noël?«

»Hallo. Ich würde gerne-«, ich halte die Hand vors Telefon und frage Lukas ob er eine oder zwei bestellen will. Er meint, er hätte gerne zwei. Ich nicke ihm zu und beende meinen Satz. »-zwei Margarita mit Mais ohne Oliven.«

Stille.

»Ist das irgendein schlechter Witz?«, fragt Luca schließlich.

»Könnten Sie bitte meine Bestellung schnellst möglich liefern?«, fahre ich fort und innerlich verkrampft sich etwas in mir. Es tut mir leid so zu tun, als würde ich Luca nicht kennen, aber ich will nicht als das Mädel, dass mit dem Lieferservicetypen flirtet gilten.

Ich seufze, als Luca antwortet.

»Weihnachten? Ist alles in Ordnung.«

»Ich habe Besuch«, flüstere ich schnell ins Telefon und beiße dann die Zähne zusammen.

Luca gibt ein spöttisches »Ohhh« von sich, worauf ein »Treibt es nicht zu wild« folgt.

Ich verschlucke mich fast an meiner eigenen Spucke, versuche es aber zu überspielen. »Hast du die Bestellung aufgegeben?«

Luca bejaht und legt schneller auf als sonst. Ich schüttle fassungslos den Kopf. Was ist denn los mit dem?

Plötzlich verhält er sich so komisch. Er wird doch nicht sauer sein? Ich muss jedoch gestehen, so zu tun als würde ich ihn nicht kenne, war dann schonsehr gemein . Es sollte ja auch nichts gegen ihn sein.

Ich seufze. Außer es liegt gar nicht daran.

Aber weshalb verhält er sich denn sonst so komisch?

»Alles okay?«, Lukas winkt mir zu und ich nicke und setze ein Grinsen auf. Wieso denke ich überhaupt so viel über den Lieferservice Idioten nach?

»Lust auf ein Glas Alkohol?«, ich öffne meinen Kühlschrank und blicke mich um. Kein Wein. Kein Sekt. Ich seufze.

»Beziehungsweise auf zwei Falschen?«

»Willst du mich etwa abfüllen«, lacht Lukas fragend. Er geht immer noch von Wein oder Sekt aus. Das wäre auch angebrachter. »Wenn du mit mir schlafen willst, musst du nur fragen.«

Ich werde leicht rot und überspiele es mit einem Augenverdrehen. Dann halte ich die zwei Bierflaschen hoch.

»Leider ist mein Kühlschrank so leer wie mein Magen.«

»Und auf leeren Magen trinken hilft da sicherlich«, lacht er und nimmt mir eine der Flaschen aus der Hand.

Ich mache Musik von den Beatles an, er lobt meinen Geschmack. Wir plaudern eine Weile. Und wir lachen viel. Meine bereits kleine Wohnung sieht mit Lukas in sich aus, als wäre sie unfassbar geschrumpft. Trotzdem mag ich es irgendwie. Ich lasse nur wenige Menschen in meine Wohnung und hasse Besuch. Nicht einmal meine Eltern bitte ich herein, geschweige denn lade ich sie ein.

Nicht seit letztem Jahr. Nicht seit... ihm.

Es ist als wäre mein Herz zerrissen. Ich seufze, aber lächle Lukas an.

Mittlerweile sind einenthalb Stunden seit der Bestellung vergangen und wir reden darüber, ob wir nocheinmal anrufen sollen. Ich bete, dass Luca nicht vergessen hat.

Das Gemeinste was er machen könnte wäre mein... Date? Ist es ein Date? Bleibt sich ja eigentlich egal. Jedenfalls hoffe ich, dass er nicht versucht mein Treffen mit Lukas zu ruinieren.

Ich rufe erneut an.

»Willkommen bei Don&Son's Lieferservice. Was kann ich für Sie tun?«

»Luca?«

»...«

Er hat aufgelegt.

Lukas sieht mich schräg an und ich seufze und entschuldige mich bei ihm mit der Ausrede, dass das mit dem Essensbestellen scheinbar nicht hinhaut. Dieser lächelt nur, auch wenn mich die Schuldgefühle plagen, ohne dass ich weiß, was genau ich getan habe, dass Luca verärgert hat.

»Ich koche einfach etwas aus deinen Lebensmittelresten.«

Und bald darauf sitzen wir da und essen Spaghetti mit einer Tomatensauce die großteils auf Ketchup besteht und nicht unbedingt gut schmeckt. Aber sie ist essbar. Wie kichern beide, Lukas weiß genauso gut wie ich, dass das hier nicht die beste Mahlzeit der Welt ist.

Und obwohl da ein attraktiver, junger Mann vor mir sitzt kann ich nicht anders, als immer wieder an Luca zu denken.

All I Want for Christmas Is FoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt