24. Dezember

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Noël

»Wann wirst du wieder zurückkommen?«, ich bin das erste Mal in meinem Leben in Lucas Wohnung. Sie ist genauso groß wie meine, vielleicht ist das Wohnzimmer eine Spur größer und ordentlich. Es ist ironisch, weil ich Luca genau so eingeschätzt hätte. Als kleinen Ordnungsfanatiker.

So wie Noah.

»Also mein Zug geht in einer Stunden und zurückkommen werde ich vermutlich bereits morgen. Dad hat nicht so gerne Besuch, aber ich will nicht, dass er über Weihnachten alleine ist. Und ich verbringe gerne Zeit mit ihm«, erklärt Luca und schließt seinen Rucksack. Ich nicke vorsichtig.

»Können wir schreiben?«

»Ich hab dort keinen Empfang, leider. Mein Dad wohnt am Arsch der Welt...«

»Mit Zugverbindung«, füge ich grinsend hinzu und Luca lacht.

»Ja, am Arsch der Welt mit Zugverbindung. (Showdi) Aber das schaffst du schon. Es ist nur bis morgen Abend. Wir sehen uns ja übermorgen wieder. Morgen wird sich vermutlich nicht ausgehen.«

Ich seufze. »Ich bin zu anhänglich oder?«

Luca grinst nur und ich verdrehe die Augen. 

»Danke für deine detaillierte Auskunft auf meine Frage«, kommentiere ich seine nicht gegebene Antwort.

Er sucht nach seinem Mantel und wirft mit meinen während dieses Vorganges zu. »Du bist anhänglich, aber es stört mich nicht. Du bist süß.«

»Willst du mich nicht mitnehmen?«, übertreibe ich absichtlich, »Abgesehen davon, dass ich Weihnachten nicht ausstehen kann, weiß ich nicht, wie ich es ohne dir schaffen soll?«

»Frohe Weihnachten, Weihnachten«, sagt der junge Mann mit den dunklen Haaren nur und zieht sich seinen Mantel. Ich mag Lucas Wohnung, das fällt mir erneut auf, als ich Richtung Wohnungstür gehe. Sie is hell und offen und er hat viele Fotos aufgehängt, was es für mich spannend macht. Auf diese Weise kann ich unfassbar viele Bilder entdecken, ihn fragen was darauf zu sehen ist, und ein Stück mehr von seinem Leben erfahren.

Als er ein Teeanger war, hat er Basketball gespielt, sogar ausgesprochen gut und es hängen noch viele Fotos aus dieser Zeit herum. Er hat mir auch auf einigen der Bilder seine engeren Freunde gezeigt und ein Bild, auf dem er mit seiner Mom, als sie noch gelebt hat, zu sehen ist.

Es ist interessant zu realisieren, was Luca alles erreicht hat in diesen kurzen zweiundzwanzig Jahren. Wenn man mich daneben stellt, muss man sagen, dass mein Leben eher langweilig war, bis ich Noah kennengelernt habe.

Ob es Schicksal gibt weiß ich nicht. Aber wenn Noah und Alea am Leben wären, wenn hätte ich wohl kaum bei Don&Son's Lieferungsservice bestellt und wenn doch, dann hätte Luca nie mit mir geplaudert, weil ich Weihnachten nicht hassen würde. Das war eigentlich der Anfang, die Einleitung unseres Gespräches.

Mein Hass auf Weihnachten hat mich genervt und ich habe ihn mit zynischen Kommentaren belästigt. Diese Kennenlerngeschichte ist so toll, die kann er dann mal seinen Kindern erzählen.

Was mich betrifft- Ich weiß nicht, ob ich nach der Sache mit Alea je bereit sein werde wieder schwanger zu werden.

Aber momentan bin ich zwanzig. Das sollten keine Gedankengänge von mir sein. Mein nächstes Ziel sollte das Beenden meines Studiums und eine darauf folgende Jobsuche sein.

All I Want for Christmas Is FoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt