12. Dezember

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Noël

Seit Minuten sitze ich vor meinem Handy. Obwohl mir Lilly die Nummer schon gestern geschickt hat, weiß ich nicht was ich schreiben soll. Es sollte so formuliert sein, dass er mich nicht gleich blockiert.

Die ganze Nacht habe ich kaum geschlafen, es macht mir Gedanken.

Immer wieder tippe ich eine schlechte Nachricht ein, die nicht annähernd meine Gefühle beschreibt und lösche sie wieder. Ich sehe Lucas Profilbild und seinen Status noch nicht. Er hat ihn nur für seine Kontakte aktiviert. 

Ich seufze und verdrehe die Augen. Auch wenn ich andere Menschen nur schwer durchschaue, meine eigenen Schwächen finde ich schneller heraus als gedacht. So bemerke ich auch, dass ich die Nachrichten nie abschicke, weil sie so lang sind, dass ich mich während dem Lesen um entscheide. Also muss ich etwas Kurzes schreiben, um es abzuschicken bevor ich meine Meinung ändere-

Von: Noël

An: Horst

Entschuldigung.

Abwartend blicke ich auf mein Handy, hoffe, dass er direkt online kommt. Als zwei Minuten vergehen, in denen er die Nachricht noch immer nicht geöffnet hat, beginne ich panisch zu werden. Ich hätte sie nicht abschicken sollen. Er wird mich nicht ernst nehmen. Ich hab nicht einmal ein Noël dazu geschrieben. Vermutlich weiß er nicht einmal, woher die Nachricht kommt. 

Mit meiner Hand schlage ich gegen meine Stirn und überlege eine weitere Nachricht hinterher zu schicken. Aber nein, ich befürchte es nur schlimmer zu machen.

Eigentlich hätte ich noch vierzig Seiten für die Uni lernen müssen, aber jetzt kann ich mich noch schlechter konzentrieren als vorher. Ich seufze und fahre mir durch die Haare.

Mein Bauch knurrt.

Ich habe Hunger. Immer. Egal wie viel ich esse. Nichts Neues.

Mein Handy gibt einen Pfeifton von sich. Panisch springe ich auf. Das ist hundertprozentig Luca.

Vor Aufregung gebe ich meinen Code dreimal falsch ein und muss für eine Minute warten, bis ich es entsperren kann. 

Von: Ma

An: Noël

Deine Schwester hat mir erzählt, ihr habt telefoniert? Das ist wirklich toll. Vielleicht möchtest du mal auf einen Tee vorbeikommen.

Ich verdrehe die Augen, kann die Enttäuschung nicht unterdrücken. Traurig. Die einzige Person die mir schreibt, ist meine Ma. Aus Wut darüber ignoriere ich ihre Nachricht und werfe mein Handy in irgendeine Ecke.

Daraufhin vergeht die Zeit ziemlich langsam, bis ich durch einen Blick auf die Uhr feststelle, dass Luca gerade arbeitet. Vermutlich hat er sein Handy aus.

Daraufhin beginnen lange zwei Stunden. Ich versuche gar nicht erst beim Lieferservice anzurufen und verhungere beinahe.

Als die Zeit dann endlich um ist kaue ich gerade an einem alten Müsliriegel rum, um nicht vor Hunger in Ohnmacht zu fallen und als dann endlich die erlösende Nachricht kommt fällt mir ein Stein vom Herzen.

Von: Horst

An: Noël

Weihnachten?

Schnell tippe ich ein Ja und schicke es ab. Luca lässt nicht lange auf seine Nachricht warten.

Von: Horst

An: Noël

Ich hab deine Handynummer, eine Entschuldigung und ein Bild von dir. Denkst du das reicht, um dir zu vergeben?

All I Want for Christmas Is FoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt