4. Kapitel
„Weißt du noch, als du sagtest, ich hätte was gut bei dir?", fragte ich die Volksälteste, die mich aus ihren dunklen Augen weise ansah.
„Ja, das weiß ich noch. Es sind keine zwei Tage vergangen seit dem. Was brauchst du denn?", wollte Marga wissen und machte eine Geste, dass wir eintreten sollten. Linus und ich befolgten ihre stille Anweisung dankend und traten in die kleine Hütte ein.
„Nun ja", meinte Linus und ich erkannte den Funken Wissensdurst in seinen Augen, „Wir wollten gerne in deiner Bibliothek etwas nachschlagen."
Marga schien sichtlich misstrauischer zu werden, sie kniff ihre Augen etwas zusammen und musterte uns fragend. „Was wollt ihr denn nachlesen?"
Sie ging sehr vorsichtig mit ihrer Büchersammlung um, da Wissen kostbar war. Die alte Dame dachte aber nun mal, dass nicht jeder so gut mit ihren Büchern umging wie sie. Deshalb ließ sie niemanden in die Bibliothek außer die Zeta-Träger und einige Pi-Träger. Wenn wir an die Bücher herankamen, war das schon ein Wunder. Aber wir mussten unbedingt nachschauen, wie es mit den Psi-Geistern stand. Linus hatte ich erzählt, ich müsste nach den Wesen sehen, denn obwohl ich ihm vertraute, wollte ich nicht das Risiko eingehen und ihm erzählen, welche Art von Geist ich trug.
„Wir müssen über die Wesen nachlesen", meinte ich zu Marga und fügte noch schnell hinzu: „Wir werden auch achtsam mit den Büchern umgehen und schnell sein."
Marga seufzte und schien sich an die vielen Male zu erinnern, als ich ihr und ihrer Enkelin etwas zu Essen brachte. Man würde sie zwar niemals verhungern lassen, dafür würden die Anführer sorgen, aber wegen Zoe würden sie sich nicht kümmern. Sie sollte ihr Essen selber jagen, würden sie sagen, da sie noch jung war. Leider hatte sie zu viel zu tun und hatte ihr Geschick bei anderen Dingen.
„Nun gut. Ihr dürft in meiner Bibliothek nachlesen, was ihr wollt...", sagte sie dann schließlich und Linus vollführte einen Freudensprung neben mir, „Aber passt gut auf diese Bücher auf! Sie sind sehr alt und bergen viel Wissen in sich."
„Wir werden auf sie acht geben",versprach ich der weißhaarigen Frau und sprintete nach Linus die Treppe ins Obergeschoss hoch.
„Und wehe, ich finde auch nur ein Eselsohr in einem der Bücher!", krächzte sie uns noch nach. Manchmal dachte ich wirklich, sie besäße einen größeren Beschützerinstinkt für ihre Bücher als für Zoe, obwohl das nicht stimmte.
* * *
„Hier geht es um die Wesen!" Linus' Stimme war eine ganze Spur höher als sonst, so sehr freute er sich. Endlich gab es neues Wissen, und ich hoffte, ihn später nicht gewaltsam von den Regalen ziehen zu müssen. Er deutete auf einen Gang, in dem zu beiden Seiten große Regale standen, die bis zum letzten Loch mit Büchern oder Schriftrollen gefüllt waren. Auf einem kleinen Schild stand „Existenzen, Seelen und Geister" und ich war fasziniert, wie viel es über diese drei Wesen zu lesen gab.
Die Bibliothek war nichts anderes als ein etwas in die Länge gezogener Raum, in dem sich drei Gänge mit Regalen befanden. Dort, wo diese sich nicht befanden, türmten sich Bücherstapel in die Höhe, der höchste reicht mir sogar bis zur Taille. In einer Ecke stand ein großer Holzstuhl, dessen dunkles Holz einige Kratzer hatte. Über dem Stuhl an der Wand war ein Fenster eingebracht, davor hing ein Fetzen schwarzer Stoff, der mit einem Hacken an die Seite gehalten wurde.
Mein Blick glitt über die Titel auf den Bücherrücken: „Grundwissen über Wesen", „Existenzen, Seelen und Geister und wie sie zusammenarbeiten", „Verschiedene Geisterarten" und so weiter. Da ich kein Buch fand, das sich speziell mit den Psi-Geistern befasste, griff ich nach einem, dass alle Geisterarten erklärte. Ich schlug das Kapitel mit den Psi-Geistern auf, aber da stand nichts, was ich nicht schon wüsste. Sie waren angeblich blutrünstig, machten den Träger verrückt oder sich selbst ebenfalls, und waren schlichtweg schlecht. Gab es denn nirgends ein Buch, dass mir mehr über diese Art berichtete?
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Connected Ghost
FantasyGeister. Ein Wort, eine Bedeutung, an die fast niemand glaubt. Geister - das ist doch nur ein Hirngespinst. Jedoch denkt nicht jeder so. Kayla ist ein junges Mädchen, das in einem Volk lebt, welches mit den Geistern kommunizieren kann. Aber das ist...