17. Kapitel

31 10 4
                                    

17. Kapitel

Immer und immer wieder schrubbte die große Bürste über den Boden. Kleine Bläschen bildeten sich auf dem abgeschliffenen Stein, der immer heller wurde, je länger man ihn putzte. Meine Arme schmerzten bereits und auf meiner Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet, aber auch das junge Mädchen neben mir ächzte.

Heute morgen, einige Stunden nach Sonnenaufgang war ich von einem Soldaten abgeholt worden, der mich zu Tey und Miros Wohnplatz gebracht hatte. Die Zwillinge waren kurz davor abgeführt worden, wohin war mir noch unbekannt. Als ich bei der jungen Frau und ihrem Bären abgesetzt worden war, hatte mir Miro alles erklärt – er war ins Gespräch gefallen mit Adrion, dem Anführer der Bändiger, und hatte ihn gebeten, dass sich bei ihnen bleiben konnte. Andere Menschen würden ihre Handlanger schlechter behandeln, bei ihnen hätte ich es wenigstens gut.

Trotzdem war ich solche Arbeit nicht gewohnt. Stundenlang Jagen war vollkommen in Ordnung, aber ewig den Boden sauber machen? Da hielten meine Muskeln keine halbe Stunde durch. Selbst die gespendete Kraft von Aris half nicht viel.

„Wie ist es so?", fragte ich zwischen zwei Schrubbern. „Also so zwischen so vielen Bändigern?" Eigentlich wollte ich nur ein Gespräch anfangen, damit die Stille zwischen uns nicht noch erdrückender wurde, als sie ohnehin schon war.

„Ganz normal eigentlich", antwortete mir das Mädchen, das die Tochter von Tey war. Das Licht, dass durch die Glasfenster hell hereinschien, ließ ihre schwarzen Haare glänzen.

Irgendwie war es schon logisch, dass sie nichts von dem echten „normalen" Leben gewohnt war, denn sie saß seit ihrer Geburt nur in dem riesigen Tal fest, welches das „Tal der Bändiger" genannt wurde. Für sie war hier alles gewöhnlich, jeder fliegende Eisenklotz wie auch wild gebändigtes Wasser oder Dampf in Hundeform. Es war für sie so normal, wie für mich das Verbunden-Sein mit einem Geist.Trotzdem musste ich schmunzeln bei ihrer Aussage und fragte etwas anderes: „Was könnt ihr denn alles bändigen?"

„So einiges", meinte Teyras Tochter und kniete sich anständig hin, um mir in die Augen sehen zu können, „Wasser, Erde, Feuer und Luft sind die "Königsdisziplinen" sozusagen. Das ist aufgeteilt wie eine Rangfolge. Nach Wasser folgt Eis und Dampf, bei Erde die Metalle und sandige Erdmaterialien, im Feuerbändigen Explosionen mit Lavabändigung und schließlich Hitzeentstehung, und bei der Luft ist es das Wetter und Geräusche."

Ein echtes Wunder, was Bändiger alles können.

„Wie erlernt man denn das Bändigen?", wollte ich von der Kleinen wissen, die sich wieder über ihre Bürste hermachte und den Boden mit aller Kraft putzte.

„Du fragst ja mehr als die kleinen Nachbarskinder!", bemerkte die Tochter Teys und grinste in sich hinein, bevor sie mir antwortete. „Man kann es trainieren, aber nicht lernen, das Bändigen", sagte das Mädchen, „Sonst würde ich das Wasser hier einfach einmal über den Boden gleiten lassen und alles wäre sauber."

Ich lachte und das Mädchen mit mir. Sie hatte ein glockenhelles Lachen, bei dem es schien, als würde die Sonne aufgehen. Das Mädchen erinnerte mich immer mehr an einen Vogel, allzeit fröhlich und gut gelaunt.

„Das wäre schön und richtig entspannt, nicht?", meinte ich und sah sie schelmisch an.

„Ja, auf jeden Fall." Ihre Augen glitzerten wie zwei Edelsteine, so sehr freute sie sich. „In unserer Familie können nur Mama und ich nicht bändigen. Papa beherrscht das Feuer, Beris, mein größerer Bruder, das Eis und Thay, der Erstgeborene, die Erde. Das ist immer richtig interessant ihnen zuzuschauen."

Plötzlich aber verdunkelte sich ihr Blick und sie sah mich ernst an.

„Aber sie haben schon einmal Experimente betrieben wegen dem Bändigen."

Connected GhostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt