23. Kapitel

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23. Kapitel

„Wie hast du mich genannt?", rief ich in die Finsternis zurück und versuchte zu erahnen, wie groß der Raum war. Es hörte sich an, als wäre er etwa halb so groß wie der Beratungssaal der Bändiger, aber es konnte auch in kleinen Räumen, die leer standen, sehr hallen. Es roch abgestanden und nach Staub und ein gewisses Prickeln lag in der Luft, wie vor einem Gewitter. Kurz bevor der erste Blitz den verdunkelten Himmel erhellte und der Donner über das Land grollte, als wäre ein Drache erwacht.

„Bist du es, Geistträgerin?", ertönte die Gegenantwort und ich konnte die ungefähre Position ausmachen, wo der Sprecher stand. Nordnordöstlich von mir, etwa acht bis zehn Schritt entfernt, wenn mich der Klang seiner Stimme in diesem Raum nicht täuschte. Leise schlich ich in einem leichten Bogen nach links ausweichend um ihn herum, das Messer schützend vor mich gerichtet in der linken Hand.

„Ich habe mich verlaufen, und dann ist die Tür einfach aufgegangen, als ich leicht dagegen gedrückt habe", log ich und hoffte, dass der Unbekannte keine Stolperfallen auf dem Boden herumliegen hatte. Gläser, Steine, auf Tischbeine konnten mich da ganz leicht verraten, wenn ich dagegen träte.

„Abgeschlossene Türen werden nicht von Mädchen wie dir geöffnet", sagte er dann und ich hörte Kleidung wetzen. „Hat das mit dem Schloss dein Geist erledigt?"

Ich durfte nicht bestätigen, dass ich eine Trägerin war. Das würde sicherlich Konsequenzen mit sich ziehen. „Welcher Geist? Ich glaube nicht an diesen Humbug!"

Jetzt steht er östlich, sagte Aris mit einer Ruhe, als würden wir zusammen auf einer Wiese liegen und er mir sagen konnte, von welcher Himmelsrichtung Schäfchenwolken aufziehen.

„Tu nicht so. Ich weiß alles."

„Woher würdest du diese Lüge über mich haben?"

„Weisheit. Und etwas Magie."

Langsam wurde die Situation schräg. Ich dachte schon daran, einfach weiterzureden und vorsichtig zurück zur Tür zu gehen. Aber was würde das bringen? Aris hatte mich nicht umsonst in diesen Raum gebracht. Er hat mich noch nie angelogen, aber warum war dieser Fremde ein Freund?

„Magie, so ist das also. Was für ein Märchen." Jetzt hörte ich mich schon an wie ein junges, naives Dorfmädchen, dass ihre kleinen Geschwister davon abbringen wollte, den ganzen Tag zu träumen.

„Das sagt gerade die, die mit einem Geist verbunden ist."

Jetzt war er ganz nah. Ich wette, ich konnte ihn berühren, wenn ich den Arm ausstreckte. In meinem Kopf ratterte es und ich merkte, dass ich gar nicht so weit geplant hatte – ich dachte, mein Heranschleichen würde mich bereits verraten, da ich in dieser Finsternis nichts sehen konnte.

„Sag – bist du eine Tiponi?"

Die Stimme des Mannes war direkt vor mir. Ich konnte sie so klar wahrnehmen, die Worte in seiner Brust vor mir anschwellen hören, es jagte mir ein kalter Schauer über den Rücken. Reflexartig schlug ich nach oben, wo ich sein Gesicht vermutete, aber ich vergaß dabei, dass das Messer in meiner Linken lag.

Ein klatschendes Geräusch erfüllte den Raum und hallte wider wie unsere Stimmen zuvor. Dann wechselte ich die Waffe in den Händen und wollte gerade mit der rechten zu einem Stoß mit dem Klingengriff ausholen, aber der Fremde war anscheinend nicht überrascht gewesen von meinem Angriff. Er donnerte seine Fäuste auf meine Armgelenke, sodass ich zurückgeworfen wurde. Ich taumelte und stellt mich breitbeinig auf den Boden, um selbstsicherer zu wirken – was in dieser Düsternis nichts brachte, außer dass ich fester stand.

Ehe ich aber erneut vor stürzen konnte, strahlte wie aus dem nichts Licht zwischen den Händen des Fremden hervor. Er hielt sie so, dass die Handflächen zueinander zeigten und die Gelenke aneinander lagen, trotzdem befand sich zwischen seinen Fingern genug Platz. Und obwohl er nichts in den Händen hatte, leuchtete dort einfach ein gleißend helles Licht zwischen seinen wie Krallen aussehenden Händen hervor. Es war so grell, dass ich geblendet wurde und zurück stolperte. Sogar hinter den geschlossenen Lidern schmerzte das Licht, weshalb ich meine Augen mit dem Arm schützte. Ich hörte außerdem ein hohes Sirren, dass noch viel höher klang als das einer wütenden Biene.

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